Eine neue Ära für Schwellenländeraktien
Das Interesse der Anleger für Schwellenländeraktien kehrt nach einigen schwierigen Jahren zurück. Positive Gewinnaussichten und attraktive Bewertungen dürften unseres Erachtens den Aufwärtstrend unterstützen. Aktive Manager, die Marktineffizienzen ausnutzen können, um bislang nicht erkannte Chancen bei Schwellenländeraktien aufzuspüren, werden bald die potentiellen Erträge für ihre Anleger erzielen.
Das Interesse der Anleger für Schwellenländeraktien kehrt nach einigen schwierigen Jahren zurück. Positive Gewinnaussichten, attraktive Bewertungen und die voraussichtliche Rückbesinnung der Anleger auf die Anlageklasse dürften unseres Erachtens den Aufwärtstrend unterstützen. Aktive Manager, die Marktineffizienzen ausnutzen können, um bislang nicht erkannte Chancen bei Schwellenländeraktien aufzuspüren, werden bald die potentiellen Erträge für ihre Anleger erzielen.
Von William Palmer und Michael Levy
Schwellenländeraktien haben sich 2016 und auch 2017 zunehmend erholt, nachdem sie gemessen in US-Dollar fast fünf Jahre lang nur etwa halb so gut abschnitten wie Aktien aus Industrieländern. Vor diesem Hintergrund lautet die Frage für Anleger: Ist der Aufwärtstrend nachhaltig oder trügt der Schein? Wir bei Barings sind vor allem mit Blick auf die Aussichten für die Unternehmensgewinne der Ansicht, dass eine optimistische Einschätzung durchaus gerechtfertigt ist.
Ein bloßer Blick auf die Wertentwicklung zwischen 2011 und 2015 zeigt, welche Kraft der Gewinnzyklus als Treiber der Aktienmarktrenditen in Schwellenländern hat. In diesem Zeitraum markierten die Gewinnerwartungen jeweils zu Jahresanfang Höchststände, um anschließend Schritt für Schritt zurückgenommen zu werden, da die Unternehmen die Prognosen der Analysten nicht erfüllten. Schwellenländeraktien wurden dadurch kräftig gebremst und gaben in diesem Zeitraum gemessen in US-Dollar um über 30 Prozent nach. Dieses Muster veränderte sich erst 2016 und 2017.
Was hat die Gewinne von EM-Unternehmen in diesem Zeitraum beeinflusst und hat sich etwas verändert? Zwischen 2011 und 2015 litten EM-Unternehmen unter dem doppelten Negativeffekt sinkender Gewinnmargen und rückläufigen Umsatzwachstums. Die Gewinnmargen sanken, da die realen Löhne kräftiger wuchsen als die Produktivität, während die Umsätze unter der Abkühlung des nominalen BIP-Wachstums litten. Dadurch erzielten EM-Unternehmen in den fünf Jahren zwischen 2011 und 2015 kein Wachstum, und der MSCI Emerging Markets Index trat dementsprechend ebenfalls auf der Stelle. Beide Gegenwinde flauen jedoch langsam ab, und die Trendwende beim Gewinnzyklus für EM-Unternehmen ist inzwischen sichtbar. Die Gewinnmargen steigen wieder, da die Produktivität schneller wächst als die realen Löhne. Beflügelt wurde diese Entwicklung durch die vorausgegangenen Investitionen in arbeitskräftesparende Ausrüstung und den erneuten Fokus auf Kostenkontrolle.
Und auch die Umsätze beleben sich dank eines beschleunigten realen BIP-Wachstums in Schwellenländern und dem Inflationsanstieg in vielen Ländern zusehends.
Dementsprechend haben die Konsensprognosen zu den Gewinnen 2016 und 2017 das Muster der Vorjahre durchbrochen und tendieren stabil nach oben. 2016 wurde folglich zum ersten Mal seit 2011 ein positives Gewinnwachstum erzielt. Ein ebenfalls ermutigendes Zeichen ist die unaufhaltsame Ausweitung der Gewinnerholung in allen elf großen Sektoren des MSCI Emerging Markets Index. Wir halten die Erholung der Gewinnmargen weitgehend für nicht zyklisch und kann demzufolge die Entwicklung der Unternehmensgewinne über das Jahr 2018 hinaus unterstützen. Darüberhinaus besteht der MSCI Emerging Markets Index inzwischen zu rund 70 Prozent aus Titeln der Sektoren Informationstechnologie, Finanzen, Konsum und Gesundheit. Sie alle wachsen angesichts der vergleichsweise niedrigen Durchdringung kräftig und werden auch weiter von der wachsenden Mittelschicht in Schwellenländern profitieren.
Anleger halten sich nach wie vor stark zurück
Die Belebung des Gewinnzyklus blieb von Anlegern nicht völlig unbemerkt, wie die Zuflüsse in die Anlageklasse in den letzten Monaten belegen. Gleichwohl sind in den letzten Jahren 55 Milliarden in die Schwellenmärkte zurückgeflossen, während lediglich 155 Milliarden US-Dollar abgeflossen sind. Die Analyse der Gewichtungen globaler Aktienfonds zugunsten von Schwellenländern deutet zudem darauf hin, dass die Anleger in der Anlageklasse nach wie vor deutlich untergewichtet sind. Sobald sich die Gewinnerholung festigt, wird der Druck zur Reduzierung diese Untergewichtung steigen.
Die Bewertungen dürften Anleger nicht abschrecken, da der MSCI Emerging Markets Index im Vergleich zum MSCI World trotz der starken Wertentwicklung der letzten 24 Monate unverändert attraktiv bewertet ist. Das lässt sich vor allem am Kurs-Buchwert-Verhältnis ablesen, das aktuell nur leicht über dem Niveau von 2002 liegt, nach dem eine fünfjährige Haussephase und eine relative Outperformance des MSCI World Index folgten. Bezogen auf die absoluten Bewertungen ergibt sich ein ähnliches Bild. Das konjunkturbereinigte Shiller-KGV (CAPE® ratio), das die durchschnittlichen Gewinne über gleitende Fünfjahreszeiträume verwendet, um die Verzerrung aufgrund von extremen Gewinnschwankungen zu glätten, erholt sich ausgehend von einem Niveau, das historisch als Ausgangspunkt für Phasen mit anhaltend positiven Erträgen für Anleger dienten.
Unsere Gründe für ein aktives Management in Schwellenländern
Ein aktives Management bietet unseres Erachtens die große Chance, Marktineffizienzen auszunutzen und langfristig höhere absolute und risikobereinigte Erträge als die Benchmark zu erzielen. Obwohl es in Schwellenländern ein breites Spektrum von Unternehmen gibt, werden diese im Research der Sell-Side-Analysten deutlich weniger beachtet als Industriemärkte. Das führt zwangsläufig zu weniger exakten Gewinnprognosen und entsprechenden Fehlbewertungen. Darüber hinaus erstrecken sich die Sell-Side-Prognosen selten über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren und erfassen somit kaum das langfristige Wachstumspotenzial von Unternehmen. Aktives Management kann dieses Informationsdefizit durch ein extensives internes Research ausnutzen, das einen disziplinierten und konsistenten Analyseansatz verfolgt. Da weniger als zehn Prozent der Schwellenländeraktien im Index enthalten sind, lassen sich auch in weniger bekannten Bereichen des Schwellenländeruniversums attraktive Anlagechancen finden. Dort bieten sich zahlreiche viel versprechende Möglichkeiten, um nicht erkannte Wachstumschancen und Aktienkursentwicklungen zu identifizieren, die vom Index abweichen.
Wir bei Barings sind aktive Manager. Wir sind überzeugt, dass Aktien an den Märkten häufig fehlbewertet sind, vor allem in Schwellenländern. Um von diesen Fehlbewertungen zu profitieren, verwenden wir einen disziplinierten und konsistenten Anlageprozess, der auf die Ausnutzung dieser Chancen und die Erzielung erstklassiger, langfristiger, risikobereinigter Erträge für unsere Kunden abzielt. Unser Ansatz ist in unserer „Wachstum zu einem angemessenen Preis“ (Growth at a Reasonable Price - GARP) Investmentphilosophie verankert und der Fundamentalanalyse sowie der Unternehmensanalyse nach dem Bottom-up-Prinzip verpflichtet. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu unseren Mitbewerbern ist der längerfristige Fokus unserer Analysen. Die Märkte sind üblicherweise versiert darin, die kurzfristigen (ein bis zwei Jahre) Wachstumserwartungen zu diskontieren – nicht aber das langfristige Wachstum. Dies eröffnet uns Chancen, da das langfristige Ertragswachstum unserer Ansicht nach der wichtigste Treiber für die Aktienmarktentwicklung ist.
Um Unternehmen zu identifizieren, verwenden wir ein strukturiertes fundamentales Research und einen disziplinierten Anlageprozess, der die Elemente Wachstum, Aufwärtspotenzial/Bewertung und Qualität kombiniert. Wir prognostizieren das Gewinnwachstum über einen Zeitraum von fünf Jahren und bevorzugen Unternehmen mit bewährten Geschäftsmodellen, erfolgreicher Unternehmensleitung und intakten, sich aufhellenden Bilanzen. Diese Unternehmen stufen wir dank ihrer Transparenz und stabilen Gewinne als erstklassig ein. Wir sind überzeugt, dass sich dadurch im Laufe der Zeit die potenziellen Portfolioschwankungen verringern und exaktere Prognosen zum langfristigen Gewinnwachstum möglich sind.
Bewertung von Anlagechancen
Die Unternehmen werden auf langfristiger Basis anhand unserer internen fünfjährigen Ertragsprognosen unter Berücksichtigung angemessener Eigenkapitalkosten und eines Exit-Preises bewertet. Das Besondere bei Barings ist, dass makroökonomische Faktoren (d.h. Konjunkturausblick und politische Risiken) sowie unternehmensspezifische Faktoren, unter anderem ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) in die Berechnung der Eigenkapitalkosten mit einfließen. Ausführliche Informationen über unser Bewertungsverfahren finden Sie in unserem White Paper „Determining the Cost of Equity”. Wir führen unsere eigenen ESG-Bewertungen durch. Diese basieren auf unserer Kenntnis von Unternehmen sowie externen Daten und externem Research. Die ESG-Bewertungen haben Einfluss auf unser Scoring für das jeweilige Unternehmen und die Eigenkapitalkosten, und damit auf den Unternehmenswert, um so die speziellen Risiken und Chancen aufgrund des ESG-Ansatzes des Unternehmens herauszustellen. Wir verwenden eine konsistente und transparente Methode, um Unternehmen in verschiedenen geographischen Regionen und Sektoren zu bewerten.
Mit unserem Ansatz können wir die Eigenkapitalkosten (oder den bei der Bewertung von Unternehmen angesetzten Abschlag) auf verschiedenen Märkten bestimmen und so Unternehmen derselben Branche in unterschiedlichen Märkten miteinander vergleichen. Wir konzentrieren uns voll und ganz auf die Identifizierung attraktiver Anlagechancen für unsere Kunden. In diesem Zusammenhang spielt die Entwicklung einer fundierten Kenntnis potenzieller Anlagen und des jeweiligen Geschäftsklimas eine entscheidende Rolle. Wenn wir von einem Unternehmen nicht überzeugt sind, legen wir nicht an. So entwickeln wir ausgehend von unseren Überzeugungen Strategien, damit die Portfolios unserer Kunden so weit wie möglich von unseren besten Anlageideen geprägt sind. Unsere Global Emerging Markets Portfolios enthalten in der Regel zwischen 40 und 60 Titel. Wir sind überzeugt, dass die Unternehmen, in die wir anlegen, und unsere Portfolios in dem günstigen aktuellen Umfeld der Erholung und auch langfristig attraktive risikobereinigte Erträge erwirtschaften werden.
William Palmer und Michael Levy sind seit 2016 Co-Head des Emerging and Frontier Equities Teams bei Barings.