Europäische Aktienmärkte: Gesunde Korrektur
Die Aktienmärkte in Europa haben im ersten Quartal 2015 eine beeindruckende Ralley hingelegt. Doch zuletzt sind die Kurse stark unter Druck geraten. Die BÖRSE am Sonntag fragte Olivier de Berranger nach dem Marktaussichten.
Die Aktienmärkte in Europa haben im ersten Quartal 2015 eine beeindruckende Ralley hingelegt. Doch zuletzt sind die Kurse stark unter Druck geraten. Die BÖRSE am Sonntag fragte Olivier de Berranger nach dem Marktaussichten.
BÖRSE am Sonntag: Ist die gute Stimmung in Europa nun vorbei?
Olivier de Berranger: Die europäischen Aktienmärkte haben zu Jahresbeginn, beflügelt vom Ölpreisrückgang, der Euroschwäche und der aggressiven QE-Politik der EZB sehr schnell sehr stark zugelegt. Die Zeit war reif für gesunde Kurskorrekturen. Ungeachtet der aktuellen Verschnaufpause sehen wir aber nach wie vor gute Anlagechancen in Europa. Der gesamtwirtschaftliche Rahmen bleibt positiv, die Kreditvergabe im Euroraum hat merklich zugenommen. Konsum und Investitionen der Unternehmen kommen zurück und auch Fusionen und Übernahme ziehen wieder deutlich an. Im Vergleich zu anderen wichtigen Wirtschaftszonen weltweit, hat Europa noch Aufholpotenzial und wird in diesem Jahr weiter an Fahrt gewinnen.Viele Prognosen für das BIP-Wachstum dürften vermutlich erstmals wieder übertroffen werden. Das sollte dann auch steigende Kurs-Gewinn-Verhältnisse zur Folge haben.
Wie ist die Lage auf der Anleiheseite?
Für Anleiheinvestoren bleibt das Umfeld schwierig. Die Nullzinspolitik und die Liquiditätsflut der EZB dürften noch eine Weile anhalten. Im größten Teil des Anleiheuniversums stimmen Rendite und Risiko nicht mehr überein. So bieten beispielsweise Hochzinsanleihen von europäischen Unternehmen keine adäquate Rendite-Risikostruktur mehr. Hier kann man nur noch sehr selektiv investieren. Dagegen erscheinen Nachranganleihen aus dem Banksektor wieder attraktiv. Die Bankbilanzen wurden saniert und im Zuge der Stresstests hat sich auch die Anfälligkeit bei Krisen strukturell verbessert. Die anziehende Kreditvergabe an Verbraucher und Unternehmen ist in diesem Kontext ebenfalls positiv zu bewerten. In den kommenden Monaten sollten daher die Risikoprämien für Bankanleihen weiter sinken.
Im aktuellen Umfeld sehen Sie bessere Chancen für Mischfonds als bei ETFs?
Die Volatilität an den Märkten dürfte im Jahresverlauf hoch bleiben. Für Investoren, die weiniger stark dem Auf und Ab der Märkte ausgesetzt sein wollen und eine ausgewogene Wertentwicklung anstreben, ist ein aktiv verwalteter, flexibler Mischfonds aktuell genau das richtige.
Wie haben Sie auf die letzten Marktentwicklungen angepasst?
Zu Beginn des Jahres hatten wir ein vergleichsweise hohes Aktienexposure, das bei etwa 37 Prozent lag. Die gute Performance über die letzten Monate haben wir dann für Gewinnmitnahmen genutzt, insbesondere bei Aktien aus der Schweiz. Aber auch zyklische Werte wie Daimler und Umicore haben wir verkauft. Aktuell sind wir im ARTY zu knapp 30 Prozent in Aktien investiert. Die derzeitigen Kurskorrekturen sehen wir aber auch als Chance für neue Zukäufe. Auf der Anleiheseite haben wir bereits Ende letzten Jahres unser Exposure in Hochzinsanleihen stark reduziert. Im Moment bilden nachrangige Bankanleihen etwa 47 Prozent der Anleihekomponente.
Olivier de Berranger ist Manager des vermögensverwaltenden Mischfonds Echiquier ARTY bei der französischen Investmentboutique La Financière de l’Echiquier.