Geldanlage mit reinem Gewissen
Immer mehr Menschen möchten ökologisch und ethisch vertretbar investieren. Die andauernde Finanzkrise und die Katastrophe in Fukushima haben diesen Trend weiter verstärkt. Auf Rendite müssen sie dabei nicht verzichten. Trotzdem gibt es auch bei den "guten Investments" einiges zu beachten.
Viele Anleger schenken ökologischen, sozialen und ethischen Kriterien bei der Investitionsentscheidung zunehmend Berücksichtigung. Die Volumina der in diesem Bereich veranlagten Gelder liegen bereits deutlich über dem Niveau aus der Zeit vor der Finanzkrise.
Katastrophen rütteln Anleger wach
Nach ethischen und ökologischen Gesichtspunkten getätigte Investments werden international unter den Begriffen „Socially Responsible Investments“ (SRI) beziehungsweise „Environment, Social, Governance“ (ESG) zusammengefasst. Dabei handelt es sich um sogenannte nachhaltige Investitionen, wenn neben wirtschaftlichen Aspekten, wie beispielsweise Gewinnwachstum und KGV, auch die Art und Weise, wie der Gewinn erwirtschaftet wird, von Bedeutung sind. Laut einer aktuellen Studie von Eurosif (European Sustainable and Responsible Investment Forum) wurde das Volumen der nachhaltigen Geldanlagen in Europa seit dem Jahr 2008 von 2,7 auf 5 Bio. Euro im Jahr 2010 gesteigert. „Die anhaltende Finanzkrise und Desaster wie die Umweltkatastrophe um Deepwater Horizon im Golf von Mexiko haben viele Investoren wachgerüttelt“, kommentiert Eurosif die Studienergebnisse. Die traurigen Ereignisse in Japan in den ersten Monaten des laufenden Jahres beschleunigten daraufhin nicht nur den Atomausstieg, sondern dürften auch in Sachen Geldanlage für einen fortschreitenden Bewusstseinswandel sorgen.
Die Lücke in der grünen Republik
Denn gerade in diesem Bereich hat die sonst so „grüne“ Bundesrepublik noch erheblichen Nachholbedarf. Trotz des Booms bei Solar-, Wind- und Wasserkraft und der führenden Rolle deutscher Firmen auf nahezu allen Gebieten sauberer Energien und Technik (Cleantech) spielen nachhaltige Kriterien bei der Geldanlage hierzulande offenbar kaum eine Rolle: Im Jahr 2009 betrug das Volumen der nachhaltigen Assets laut Eurosif-Studie hierzulande gerade einmal knapp 13 Mrd. Euro. Zum Vergleich: In Frankreich stecken mittlerweile 1,8 Bio. Euro in SRI und auch in Großbritannien konnte 2009 die Marke von 1 Bio. Euro geknackt werden (1,04 Bio. Euro). Selbst in der deutlich kleineren Schweiz sind es bereits 23 Mrd. Euro. Damit haben beispielsweise Anleger in Dänemark 19-mal und Anleger in Frankreich sogar 140-mal mehr Geld in nachhaltige Investment-Strategien investiert als deutsche Anleger. Die Gründe für den gewaltigen Abstand zu den Nachbarländern sind derweil unter Experten umstritten. Festzuhalten bleibt aber, dass auch hierzulande das Wachstumstempo steigt: Gegenüber dem Vorjahr wuchs das Volumen 2010 in Deutschland immerhin um über 67%.
Wie viel Rendite kostet ein reines Gewissen?
Obwohl der größte Teil der veranlagten Gelder auf Institutionelle entfällt, nimmt der Anteil der Privatinvestoren seit 2008 in Deutschland deutlich zu. „Wir beobachten auch in Deutschland wachsendes Interesse an dem Thema und eine Veränderung im Anlageverhalten. Wir sehen den Markt für nachhaltige Investments in Deutschland noch vor dem Durchbruch“, so Dr. Thomas Wiesemann, Chief Market Officer von Allianz Global Investors Europe. Dazu kommt, dass aufgrund unterschiedlicher Kriterien und Erfassungsmethoden die von den einzelnen Verbänden und Analysehäusern ermittelten Daten nicht immer deckungsgleich sind. So meldete der Branchendienst ECOreporter.de Anfang des Jahres nicht nur einen deutlichen Anstieg bei der Zahl der entsprechenden Fondsprodukte von 279 (2009) auf mittlerweile 304 (mit Zulassung in Deutschland), sondern kommt auch auf ein Anlagevolumen von knapp über 32 Mrd. Euro. Die Zahlen stammen aus einer Marktuntersuchung, die ECOreporter seit 1997 jährlich durchführt. Viele Anleger sind nicht nur überzeugt, dass finanzwirtschaftliche Kennzahlen allein keine ausreichende Entscheidungsgrundlage mehr darstellen, sondern sind sogar bereit, auf Rendite zu verzichten. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Studie von Union Investment. Doch genau das ist gar nicht notwendig.
Ein gutes Gewissen muss nicht teuer sein
Das beste Beispiel dafür ist der im Jahr 1997 gestartete international ausgerichtete Naturaktienindex (NAI). Letzterer hat sich in den letzten zehn Jahren (1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2010) nicht nur als Benchmark für ökologische Geldanlagen etabliert, sondern schlägt mit einer Performance von rund 340% auch den DAX, der sich im gleichen Zeitraum unter dem Strich überhaupt nicht bewegt hat. Darüber hinaus stellte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bereits 2003 in einer Studie fest, dass die meisten Produkte, die nach dem Kriterium der Nachhaltigkeit konzipiert sind, durchaus mit herkömmlichen Anlagen mithalten können. Insbesondere der älteste Branchenindex, der Domini 400 Social Index, sowie der Naturaktienindex (NAI) zeigten dabei laut ZEW sehr gute Ergebnisse. Damit konnte das Vorurteil widerlegt werden, nach dem ein gutes Gewissen mit einem Renditeabschlag erkauft werden muss. Ja sogar das Gegenteil ist der Fall: Je strenger die Nachhaltigkeitskriterien, desto besser die Anlageergebnisse. Diesen Zusammenhang bestätigte die Beratungsgesellschaft Mercer, die 36 Studien aus verschiedenen Zeiträumen ausgewertet hat.
Je strenger, desto besser
Das klingt schon fast zu schön, um wahr zu sein. Und tatsächlich gibt es einen Haken. Denn nicht jeder Fonds, der die Schlagwörter Nachhaltigkeit, Öko, SRI & Co. im Namen führt, wird diesen Ansprüchen auch gerecht. „Mit dem Begriff ‚Nachhaltigkeit‘ wird ein Haufen Schindluder getrieben“, warnte der Wirtschaftswissenschaftler Bruno S. Frey von der Universität Zürich kürzlich in einem Interview mit der Zeitschrift „Öko-Test“. Das beste Beispiel ist laut Frey der Fall BP: Nach der gigantischen Ölkatastrophe im Golf von Mexiko stellte sich heraus, dass der Öl-Multi in vielen sogenannten Ökofonds vertreten war. Nach Recherchen von „Öko-Test“ zählten die Aktien bei 13 dieser Vehikel Anfang 2010 jeweils sogar zu den zehn größten Positionen. Nicht nur private Anleger klagen daher über eine zunehmende Verunsicherung hinsichtlich der Verlässlichkeit der Auswahlkriterien und des Auswahlprozesses selbst. Die Forderung nach mehr Transparenz veranlasste beispielsweise die Deutsche Börse, ein eigenes Informationsangebot für nachhaltige Wertpapiere und die nachhaltige Indexfamilie Stoxx Global ESG Leaders bereitzustellen. Tatsächlich genügen die Barometer höchsten Ansprüchen: Die Indexfamilie basiert auf den Ratings der international renommierten Research-Agentur Sustainalytics.
Kein Schutz vor Verlusten
Die beste Wertentwicklung im Segment der nachhaltigen Anlagen erzielte 2010 mit 38,2% Wertzuwachs der Schweizer Aktienfonds Sam Smart Materials. Dass ein gut gemeinter Ansatz auch Verluste bringen kann, wird jedoch von vielen Anlegern ausgeblendet. Nicht wenige haben sogar eine höhere Renditeerwartung an nachhaltige Anlagen als an herkömmliche Produkte. Mit einem Minus von über 29% im Jahr 2010 bewies der mittlerweile geschlossene Hornet Renewable Energy, dass eine gute Absicht allein nicht vor Verlusten schützt. Wen hohe Fondsgebühren abschrecken und wer sich nicht lange mit der Auswahl beschäftigen möchte, ist mit einem Zertifikat auf den NAI gut bedient. Denn nach wie vor gilt der Oldie als die konsequenteste Umsetzung der Idee, Geld nach ethisch-ökologischen Kriterien anzulegen. Mit dem Solactive NAI Top Select (WKN: DB2NA1) der Deutschen Bank gibt es seit dem Frühjahr 2008 zudem ein Produkt, welches auch Kleinanlegern ermöglicht, bequem auf diesen Nachhaltigkeitsindex zu setzen. Das Top-Select-Produkt ist als Performance-Index konzipiert, die jährliche Management-Gebühr beträgt 1,5%.
Fazit
Die Bedeutung nachhaltiger Investments dürfte gerade in Deutschland stark zunehmen. Anleger, die nach diesen Kriterien investieren möchten, sollten sich dabei Produkte ins Depot legen, die sich eng an den entsprechenden Benchmarks orientieren.