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Gold – Das Ende des Bärenmarktes?

Gold. Seit tausenden von Jahren nutzt der Mensch das Edelmetall nicht nur als Zahlungsmittel, sondern auch um seine Habseligkeiten und Heiligtümer aufzuwerten und zu schmücken. Gold begleitet beinahe die gesamte Menschheitsgeschichte – bis heute. Als profaner Helfer in Medizintechnik und Elektroindustrie, immer wieder aber auch als hieb- und krisenfeste Wertanlage. Hilft das jetzt dem Kurs?

BÖRSE am Sonntag

Gold. Seit tausenden von Jahren nutzt der Mensch das Edelmetall nicht nur als Zahlungsmittel, sondern auch um seine Habseligkeiten und Heiligtümer aufzuwerten und zu schmücken. Unter großen Mühen gewonnen, mit Blut und Leben verteidigt oder errungen, mit Kunstfertigkeit bearbeitet, begleitet Gold beinahe die gesamte Menschheitsgeschichte – bis heute. Als profaner Helfer in Medizintechnik und Elektroindustrie, aber nach wie vor auch als hieb- und krisenfeste Wertanlage.

Von Torsten Reidel

Gold als „sicherer Hafen“, an den auch heute noch viele Anleger glauben? In der Tat, so sagen es zumindest die Ergebnisse einer aktuellen Forsa-Umfrage. Für den Edelmetallhändler Pro Aurum hat das renommierte Institut eine repräsentative Umfrage durchgeführt, mit interessanten Ergebnissen: Im Vergleich zu 2017 wurde Gold sogar noch beliebter. Von den 1.001 Befragten gaben zehn Prozent an, Goldbarren oder -münzen zu besitzen, noch 2011 waren es lediglich sechs Prozent. Zum Vergleich: In Aktien investiert gerade mal ein verhältnismäßig kleiner Anteil von 15 Prozent – ein Prozent weniger als noch 2011 und gerade einmal zwei mehr als im vergangenen Jahr.

Auch die Beurteilung von Gold als Anlageobjekt ist im Lichte der oben aufgeführten Fakten überraschend: In einer gestützten Abfrage bestätigten 72 Prozent die Aussage, Gold sei eine sichere Geldanlage, 71 Prozent meinen, dass es eine gute Ergänzung zu anderen Anlageformen darstelle. Stimmt das? Während Gold 2001 noch unter der 300-Dollar-Marke kursierte, feierte es zehn Jahre später während der Eurokrise sein absolutes Allzeithoch von 1.920 US-Dollar. Aktuell notiert die Feinunze übrigens um die 1.200 US-Dollar, und damit im grauen Niemandsland, weit entfernt von historischen Höchst- und Tiefstständen – ein erstaunliches Zwischenergebnis beim Blick auf die weltweiten Krisenherde.

Daher lohnt der Blick auf die Faktoren, die den Goldpreis beeinflussen. Zunächst die Angebotsseite: Die globalen Fördermengen bestimmen den Preis – wird mehr gefördert, sinkt der Goldpreis. In konjunkturellen Aufschwungphasen andererseits steigt der Goldpreis aufgrund höherer Nachfrage seitens der Industrie wie auch investitionsbereiter, nullzinsgebeutelter Privatanleger. Weil außerdem die Goldressourcen nicht unerschöpflich sind, hat das Edelmetall einen hohen Sachwert, der auch einer hohen Volatilität Stand halten kann – in turbulenten Zeiten greifen Anleger also vermehrt zum Edelmetall. Hinzu kommt, dass „handfeste“ Währungen“ ein höheres Vertrauen genießen als „gedruckte“ oder immaterielle Anlageformen. Betrachtet man die mannigfaltigen Krisenherde rund um den Globus, müsste der Goldpreis eigentlich deutlich oberhalb des derzeitigen Kurses notieren.

Tut er aber nicht, denn wie bei jeder anderen Anlageform gilt auch beim Gold: Die Wechselwirkung macht’s, keine Anlage steht allein für sich, sondern muss immer im Kontext gesehen werden. Einer dieser Faktoren: Gold notiert in US-Dollar und wird so maßgeblich von dessen Wert beeinflusst. Je stärker der Dollar, desto schwächer der Goldkurs. Das derzeitige Aufblühen der US-Wirtschaft drückt folglich den Goldpreis. Ähnlich gegensätzliche Entwicklungen sind häufig zwischen Gold und Aktien zu beobachten, wenn auch dieser Effekt sich seit Erstarken der Kryptowährungen etwas abgeschwächt hat.

Gold ist also letztlich weniger eine sichere Anlage, sondern vielmehr ein volatiles Anlageobjekt, dessen Wertentwicklung sich nur schwer vorhersehen lässt. Während andere schwankungsreiche Klassen ihre Anleger auf lange Sicht mit verhältnismäßig höheren Erträgen belohnen können, ist dies bei Gold nicht der Fall, denn: Gold wirft keine Rendite im eigentlichen Sinne ab, da Gewinne lediglich über Preissteigerungen zu verzeichnen sind. Auf Zinsen und Dividenden müssen Anleger verzichten. Damit ist ein Investment in Gold mehr als bei anderen Anlageformen eine Frage des richtigen Timings, sprich: Einstiegs, und damit eine Wette auf die Zukunft. Hinzu kommt: Physisches Gold frisst Rendite, Tag für Tag – in Form von Safegebühren nämlich, denn wer will sein Erspartes schon zu Hause unterm Kopfkissen verwahren?

Bleibt die Rolle des Goldes als Krisenanker in schweren Zeiten. Bis zu einem gewissen Grad gilt das auch weiterhin – Gold hat schließlich einen gewissen Sachwert. Zudem zeigt die Historie, dass die Goldpreisentwicklung oft konträr zur Kursentwicklung bei Aktien verläuft. Damit kann das Edelmetall Schwankungen im Portfolio ausgleichen, immer gesetzt den Fall, es ist in einer gesunden Ratio beigemischt. Doch der Blick in die Bücher zeigt: Es bedarf schon besonderer Konstellationen, damit Gold seinen Ruf als Wertverlustschützer rechtfertigen kann. Während die Aktienmärkte seit 2009 eine ausgelassene Party feiern befindet sich Gold bis heute in Bärenstimmung – seit seinem Rekordhoch 2011 verlor der Goldkurs zwischenzeitlich bis zu 40 Prozent.

Letztlich bleibt die Erkenntnis, dass Gold wahrscheinlich auch deshalb so viele Anhänger hat, weil im Edelmetall zugleich eine Menge unerschütterliches Prestige steckt – und damit Emotion und Historie. Was lange währt wird nicht einfach von heute auf morgen vom privaten Investmentmarkt verdrängt, schon gar nicht, wenn es so schön glänzt, in Form von Münzen und Barren.

Torsten Reidel ist  Geschäftsführer von Grüner Fisher Investments.