Großbanken unter Druck: Ghizzoni gibt auf
Bei der Unicredit, der italienischen Konzernmutter der HVB, hat CEO Frederico Ghizzoni resigniert. Die Kritik der Investoren und Aktionäre war zu massiv, er stellt seinen Posten zur Verfügung. Doch Ghizzoni ist nicht allein – seine Konkurrenten sind lediglich noch nicht so weit. Die Internetbank Comdirect will sich mit ihrer neuen Strategie wieder mehr auf die aktiven Aktien- und Derivate-Kunden konzentrieren. Moody's stuft die Deutsche Bank abermals herab – Deutschlands Vorzeigebank nur noch zwei Schritte über Ramschniveau! Der Bankensektor ist stark in Bewegung.
Bei der Unicredit, der italienischen Konzernmutter der HVB, hat CEO Frederico Ghizzoni resigniert. Die Kritik der Investoren und Aktionäre war zu massiv, er stellt seinen Posten zur Verfügung. Doch Ghizzoni ist nicht allein – seine Konkurrenten sind lediglich noch nicht so weit. Die Internetbank Comdirect will sich mit ihrer neuen Strategie wieder mehr auf die aktiven Aktien- und Derivate-Kunden konzentrieren. Moody's stuft die Deutsche Bank abermals herab – Deutschlands Vorzeigebank nur noch zwei Schritte über Ramschniveau! Der Bankensektor ist stark in Bewegung.
Ghizzoni gibt dem enormen Druck nach, den momentan alle Großbanken spüren. Er werde aber noch solange die Geschäfte führen, bis ein Nachfolger gefunden sei, ließ er mitteilen. Einem Insider zufolge will die Bank bei der nächsten Sitzung des Verwaltungsrats einen neuen Chef ernennen, am 9. Juni wird das passieren. Auf dieser Sitzung könnte auch der Weg für einen größeren Umbau des nach Bilanzsumme größten italienischen des Landes und eine milliardenschwere Kapitalerhöhung geebnet werden. Unicredt reagiert damit auf die aktuelle Lage, in der die Wachstumsbereiche des Geld- und Kreditmarktes von den Großbanken weg zu den unterschiedlichsten Fintechs gewandert sind.
Ghizzoni wurde 2010 zum Chef der Unicredit, zu der neben der Münchner Hypo-Vereinsbank (HVB) auch die Wiener Bank Austria gehört, berufen. Er steht seit geraumer Zeit unter Druck. Anteilseigner sind mit der Aktienkursentwicklung, der angespannten Kapitaldecke und der geringen Rentabilität des Instituts unzufrieden. Zu den Kandidaten, die als Nachfolger im Gespräch sind, gehören Jean-Pierre Mustier, ein früherer Manager bei der französischen Großbank Societe Generale und bei Unicredit, sowie der Chef des Investmentbankings bei der Schweizer UBS, Andrea Orcel, Mediobanca -Chef Alberto Nagel und der Italien-Chef vom US-Institut Merrill Lynch, Marco Morelli. Der Mutterkonzern der Hypo-Vereinsbank will wohl jedenfalls einen Teil eines Online-Brokers Fineco-Bank zu verkaufen. Das ist auch als Reaktion auf das erstarken von Fintechs zu werten.
Auch Commerzbank vor Umbau
Auch die Commerzbank reagiert auf den wachsenden Druck am Markt. Die Comdirect, die sich in den vergangenen Jahren zu einer vollwertigen Bank ohne Filialen hatte entwickeln sollte, wird sich mit ihrer neuen Strategie wieder mehr auf die aktiven Aktien- und Derivate-Kunden konzentrieren. Der neue Privatkunden-Vorstand der Konzernmutter, Michael Mandel, äußerte die Aussicht, dass die Commerzbank enger mit ihrer Internet-Tochter zusammenarbeiten werde. Die Zwei-Marken-Strategie bleibe aber, solange beide, Comdirect und Konzernmutter, wüchsen und profitabel seien.
Ist es aber wirklich nur so, dass die Comdirect an die kürzere Leine kommt? Fast ein wenig verräterisch ist die Ankündigung, die Mutter könne auch die Stärken der Tochter beim Umbau zur digitalen Bank stärker nutzen. „Diese Frage ist berechtigt, und wir werden sie uns gemeinsam mit den Kollegen der Comdirect zunehmend stellen", sagt Mandel jedenfalls. Insgesamt wird die Commerzbank also digitaler, und das ist dem Konkurrenzdruck geschuldet.
Mandel hatte zum 1. Mai die Leitung der Privatkundensparte von Martin Zielke übernommen, der zum Konzernchef der Commerzbank aufgerückt ist. Von 2008 bis 2010 war Mandel selbst Comdirect-Chef. Noch bis vor kurzem war es strategisches Ziel gewesen, die Comdirect zu einer vollwertigen Bank ohne Filialen zu entwickeln. Die Commerzbank hält mehr als 80 Prozent an Comdirect. Das Filialnetz der Commerzbank war seit 2012 von 1200 auf 1050 abgeschmolzen. Mandel schließt eine weitere Bereinigung nicht aus.
Deutsche Bank kommt beim Rating unter die Räder
Auch die Deutsche Bank kommt, natürlich auch durch die Belastung mit einer Vielzahl von Prozessen, nicht richtig in die Spur. Moody's hat nach wie vor Zweifel, ob Vorstandschef Cryan die Deutsche Bank schnell auf Vordermann bringen kann. Deshalb stufte die Ratingagentur das Geldhaus zum zweiten Mal herab. Die Bewertung für vorrangige, unbesicherte Verbindlichkeiten liegt mit „Baa2" nur noch zwei Stufen über dem „Ramsch"-Status, wie Moody's am Montagabend mitteilte. Die Agentur begründete den erneuten Schritt mit dem eingetrübten Umfeld. Die Herabstufung hatte sich abgezeichnet, nachdem Moody's im März eine Überprüfung der Note angekündigt hatte.
Der Rating-Ausblick sei nun, so versichert Moody's, stabil. Die Bonitätsnoten für die langfristigen Einlagen und für die Bank als Gegenpartei wurden aber ebenfalls um eine Stufe gesenkt. Diese Herabstufung hatte sich abgezeichnet, nachdem Moody's im März eine Überprüfung der Note angekündigt hatte. Der Rating-Ausblick ist nun stabil.Die Bonitätsnoten für die langfristigen Einlagen und für die Bank als Gegenpartei wurden ebenfalls um eine Stufe gesenkt, auf „A3" von „A2".
Finanzvorstand Marcus Schenck sagte zu Reuters: „Alle relevanten Ratings bleiben Investment Grade. Und dort, wo es für unsere Kunden am wichtigsten ist, nämlich beim Einlagen- und Gegenpartei-Rating, bleiben sie im A-Bereich." Unbesicherte Anleihen machten, so Schenk, nur noch einen Bruchteil der Refinanzierung von Banken aus, und so sei es auch bei der Deutschen Bank.
Investoren blicken auf Fintech-Bereich
Finanztechnologien, konkret die Einbindung maschineller rechnergestützter Auswertungstechniken in immer noch von Menschen dominierte Investmentmodelle, waren das Kernthema der diesjährigen Acatis-Value-Konferenz in Frankfurt am Main am 20. Mai 2016 mit rund 150 institutionellen Investoren. Veranstalter Dr. Hendrik Leber würzte die Konferenz darüber hinaus mit einer Prise „Deficit Spending“ in Person des taiwanstämmigen Ökonomen Richard C. Koo, der sich dezidiert dafür aussprach, in Europa die fehlende private Nachfrage durch staatliche Investitionen auszugleichen und dazu auch den Maastricht-Vertrag zu ändern, anstatt immer mehr Geld zu Niedrigzinsen in den Bankensektor zu pumpen, das in der Realwirtschaft nicht ankomme.
Für Leber geht es angesichts des technischen Fortschritts in der Bild- und Texterkennung darum, sich schon jetzt auch im Investmentbereich die Fähigkeiten der Roboter zunutze zu machen, um nicht von der fortschreitenden Entwicklung abgehängt zu werden. „Investoren sind Mustererkenner, und warum sollen uns Maschinen nicht dabei helfen, mehr Muster in kürzerer Zeit zu erkennen?“ Hilfe bei der Analyse will Leber gerne von Maschinen annehmen, aber die letzte Entscheidung möchte er auf absehbare Zeit lieber selber treffen. Acatis setzt bisher drei unterschiedliche Computermodelle ein, die zum einen Vorschläge und Ideen für qualitative Strategien liefern, andererseits komplette quantitative Portfolios wie Modulor oder Quantenstein Junior generieren.
Unternehmensbewertung mit Deep Learning Netzwerken
Wie maschinelles Lernen und Mustererkennung durch künstliche neuronale Netze des "Deep Learning" in einigen Disziplinen den Menschen bereits übertreffen, darüber berichtete der Mathematiker Kevin Endler, Portfoliomanager für die Produktreihe „Acatis Modulor“ und gleichzeitig Geschäftsführer der Acatis-Beteiligungsgesellschaft Quantenstein GmbH. Deep-Learning-Systeme folgen keinen vorgegebenen Regelwerken, sondern sollen durch Beobachtung, Nachahmung und Überprüfung an der Realität immer treffsicherer werden – und das funktioniert tatsächlich. Einen ersten praktischen Versuch, zugänglich für die Öffentlichkeit auf wikifolio.com, hat Acatis bereits im Projekt „Quantenstein Junior“ umgesetzt. Acatis setzt bisher vier herkömmliche Bewertungsmodelle ein – fundamental-langfristig nach Penman, eine einfache Formel, eine empirisch gewonnene Kombination von sechs Summanden aus der Bilanz und ein statistisches Random-Forest-Modell aus 14 Variablen der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Deep Learning soll nun ein fünftes Modell beisteuern.
Nicht irritieren sollten Informationen, dass zum Beispiel beim US-amerikanischen Online-Kreditvermittler Lending-Club die Staatsanwaltschaft Durchsuchungen durchgeführt hat. Das System der kleinteiligen Fintechs etabliert sich mehr und mehr, die Großbanken müssen aufpassen, dass ihnen nicht eine Art Dinosaurier-Rolle am Markt zugewiesen wird. Ein Beipiel für solche eine Entwicklung ist die Art, in der die großen Kaufhausketten, angefangen von Karstadt, immer weiter aus dem Marktfokus getrieben werden. Anleger sollten sich gut überlegen, wie sie Bankaktien in ihren Depots behandeln wollen. Handelsblatt / Katharina Schneider / Acatis / sig