Grünes Geld - das müssen Sie wissen
Das Interesse an einem nachhaltigen Lebensstil ist bei den Deutschen dramatisch gestiegen. Nur bei den Geldanlagen spiegelt sich dieser Trend bislang kaum wider. Zwar spüren auch "grüne" Banken eine wachsende Nachfrage - doch der überwiegenden Zahl der Privatanleger ist eine nachhaltige Geldanlage fremd. Selbst Interessierten fehlt es häufig an Orientierung.
Die andauernde Finanzkrise und die Katastrophe von Fukushima haben das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Wandels zwar weiter verstärkt. Doch in Sachen Geldanlage schlägt sich dies noch nicht nieder. Nicht nur die Absatzzahlen bei den Investmentfonds sprechen hier eine klare Sprache.
Nachhaltige Anlagen noch weitgehend unbekannt
Nach Angaben des Sustainable Business Institute (SBI) waren zum Stichtag 30.06.2011 insgesamt 363 nachhaltige Publikumsfonds in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Vertrieb zugelassen. Bezogen auf die Gesamtzahl der in Deutschland laut BVI zum Vertrieb zugelassenen Fonds entspricht dies einem Anteil von gerade einmal 5,4%. Die Quote des in diesen Nachhaltigkeitsfonds veranlagten Vermögens (34 Mrd. Euro) am deutschen Fondsvolumen insgesamt liegt unter 5%. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine aktuelle Forsa-Umfrage, die im ersten Quartal 2011 im Auftrag von Union Investment durchgeführt wurde: Den allermeisten Privatanlegern ist eine nachhaltige Geldanlage fremd, kommentierte Daniel Günnewig, Geschäftsführer der Union Investment Privatfonds GmbH, das Ergebnis der Studie. Was also versteht man überhaupt unter einer nachhaltigen Geldanlage?
Das dürfen Anleger erwarten
Nach ethischen und ökologischen Gesichtspunkten getätigte Investments werden international unter den Begriffen Socially Responsible Investments (SRI) beziehungsweise Environment, Social, Governance (ESG) zusammengefasst. Hierzulande umschreibt das Schlagwoort nachhaltige Aktien diesen Komplex. Um solche handelt es sich, wenn neben wirtschaftlichen Aspekten, wie beispielsweise Gewinnwachstum und KGV, auch die Art und Weise, wie der Gewinn erwirtschaftet wird, von Bedeutung ist. Ein Grund für die Auswahl eines bestimmten Unternehmens könnte also beispielsweise sein, dass ein Konzern ethisch besonders beispielhaft handelt. Eine andere Möglichkeit ist es, die Auswahl durch Ausschlusskriterien wie Gentechnik, Kinderarbeit, Rüstung oder Tierversuche zu steuern. Dagegen investieren Fonds, die mit Positivkriterien arbeiten, nur in Unternehmen aus ausgewählten Branchen, beispielsweise den erneuerbaren Energien und der Umwelttechnik. Beim Engagementansatz, der vor allem in Großbritannien verbreitet ist, suchen die Fondsmanager den Dialog mit den Unternehmen, in die sie investieren, und diskutieren deren ökologischen, sozialen und ethischen Einsatz. Weit verbreitet ist auch die Vorgehensweise, die, gemäß den eigenen ethischen und moralischen Vorstellungen, jeweils Besten einer Branche auszuwählen. Diese Methodik wird als Best-in-Class-Ansatz bezeichnet und wird bei großen Nachhaltigkeitsindizes wie den Dow-Jones-Sustainibility-Indizes und den FTSE-4-Good-Indizes angewandt.
Relative Konzepte fördern Verunsicherung
Allerdings hat dieser relative Ansatz einen schwerwiegenden Nachteil: Im Extremfall können beispielsweise auch Rüstungsunternehmen oder Ölkonzerne als ökologisches Investment gelten: nämlich dann, wenn eine Firma nachhaltiger handelt als ihre Wettbewerber. Tatsächlich mussten viele Besitzer von Nachhaltigkeitsfonds nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko entsetzt feststellen, dass der Ölkonzern BP auf diesem Weg Einzug in ihr Portfolio gehalten hatte. Nach Recherchen von Öko-Test zählten die Aktien bei 13 „grünen Fonds“ Anfang 2010 jeweils sogar zu den zehn größten Positionen. Nicht nur private Anleger klagen daher über eine zunehmende Verunsicherung hinsichtlich der Verlässlichkeit der Auswahlkriterien und des Auswahlprozesses selbst. Dass dieser Ansatz trotzdem noch immer genutzt wird, zeigt ein Blick auf den Dow Jones Sustainability Index. Die Grundgesamtheit, aus der ausgewählt wird, sind die 2.500 weltgrößten Unternehmen. Weil es nur um die relative Ausprägung ökonomischer, ökologischer und sozialer Merkmale geht, können sich hier weiterhin Öl-, Atomkonzerne oder Rüstungsunternehmen in der Auswahl befinden.
So setzen Sie auf strikte Konzepte
Anleger, die eine langwierige Auswahl vermeiden, deswegen aber nicht auf eine strikte Auslegung des Nachhaltigkeitsgedankens verzichten wollen, greifen zu bewährten Indizes. Ein gutes Beispiel für ein solches Produkt ist der im Jahr 1997 gestartete international ausgerichtete Natur-Aktien-Index (NAI). Letzterer hat sich in den letzten zehn Jahren (01.01.2001–31.12.2010) nicht nur als Benchmark für ökologische Geldanlagen etabliert, sondern schlägt mit einer Performance von rund 340% auch den DAX, der sich im gleichen Zeitraum unter dem Strich überhaupt nicht bewegt hat. Auch der älteste Branchenindex, der Domini 400 Social Index, zeichnet sich durch ein besonders strenges Indexkonzept aus. Die Forderung nach mehr Transparenz veranlasste unterdessen auch die Deutsche Börse, ein eigenes Informationsangebot für nachhaltige Wertpapiere und die nachhaltige Indexfamilie Stoxx Global ESG Leaders bereitzustellen. Auch diese Barometer genügen höchsten Ansprüchen: Die Indexfamilie basiert auf den Ratings der international renommierten Research-Agentur Sustainalytics.
Nachhaltig erfolgreich
Der Rückgriff auf Vehikel mit strenger Auslegung des Nachhaltigkeitskonzeptes lohnt sich auch finanziell: Je strenger die Nachhaltigkeitskriterien, desto besser die Anlageergebnisse. Diesen Zusammenhang bestätigte die Beratungsgesellschaft Mercer, die 36 Studien aus verschiedenen Zeiträumen ausgewertet hat. Die Outperformance des NAI in den letzten zehn Jahren ist also kein Einzelfall, sondern dokumentiert vielmehr den Paradigmenwechsel unserer Zeit: Unternehmen, die langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein wollen, müssen zukünftig auch in allen Bereichen nachhaltig wirtschaften.
Grüne Banken
Nicht nur bei Anlageprodukten, sondern auch bei der Auswahl ihres Bankinstituts selbst achten immer mehr Deutsche auf eine entsprechende Philosophie. Sogenannte Ökobanken nutzen die Einlagen beispielsweise, um mit dem Geld ihrer Kunden ökologische, soziale und/oder Mikrofinanzprojekte zu fördern. Dass die Existenz solcher Institute vielen nicht geläufig ist, zeigt die Kundenzahl des Branchenführers GLS Bank: Das Bankhaus mit Sitz in Bochum hat gerade einmal 91.000 Kunden. Greenpeace und der Branchendienst EcoReporter führen als nachhaltige Banken neben der GLS Bank die Direktbanken Ethik Bank, Triodos Bank und die Umweltbank.
Hinter die Kulissen schauen
Wer sein Geld weder auf das Festgeldkonto einer der vorgenannten grünen Geldhäuser, noch in einen nachhaltigen Aktien- oder Rentenfonds stecken will, dem werden auch immer häufiger Solaranleihen, Windfonds, Mikrofinanzfonds oder spezielle geschlossene Fonds angeboten. Allein der Windkraftkonzern Prokon hat mit seinen viel beworbenen Genussrechten 580 Mio. Euro eingesammelt. Ein Beispiel, das zeigt, dass viele Anleger vermeintlich nachhaltigen Werbeversprechen gerne Glauben schenken. Stattdessen ist jedoch auch in diesem Bereich ein gesundes Misstrauen angebracht: Denn bereits seit Anfang 2010 weist Stiftung Warentest darauf hin, dass die Prokon-Genussrechte hoch riskant seien. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Aktie und Anleihe. Anleger haben die Chance, am Gewinn eines Unternehmens in einem bestimmten Verhältnis teilzuhaben, sie haben allerdings anders als bei Aktien kein Stimmrecht. An Verlusten des Unternehmens können Anleger ebenfalls beteiligt werden. Im Falle einer Insolvenz werden Genussrechte nachrangig behandelt, das heißt, Ansprüche werden erst nach den Forderungen anderer Fremdkapitalgläubiger bedient. Trotz der häufig schönen Namen sollten Anleger diese Angebote genau prüfen und gründlich recherchieren. Ratsam ist häufig auch eine anbieterunabhängige Beratung. Diese bieten beispielsweise die Verbraucherzentralen.
Fazit
Die Bedeutung nachhaltiger Investments dürfte gerade in Deutschland noch stark zunehmen. Anleger, die nach ökologischen und ethischen Kriterien investieren möchten, sollten sich dabei Produkte ins Depot legen, die sich an besonders strengen Kriterien orientieren. Vor einem Investment in spezielle Anlagen wie Genussrechte, geschlossene Fonds etc. sollte in jedem Fall eine unabhängige Beratung in Anspruch genommen werden.