IAA 2009: Eine Industrie steht unter Strom
Fast könnte man meinen, es gäbe dieses Jahr auf der IAA einen Preis für das sparsamste und umweltfreundlichste Auto des Jahres zu gewinnen. Die Autoindustrie scheint sich auf den politisch-gesellschaftlich vorgegebenen Öko-Kurs einzulassen und übergewichtet auf der Internationalen Auto Ausstellung in Frankfurt am Main (17. bis 27. September 2009) alles, was mit Niedrigstverbrauch oder Null-Emission zu beeindrucken weiß.
Und dabei darf man eine spannende Entwicklung beobachten. Denn, seitdem es den von der Marketingindustrie als „LOHA“ (Lifestyle Of Health and Sustainability) identifizierten Kunden gibt, also einen Menschen, der einen bewussten Lebensstil zwischen Gesundheit und Nachhaltigkeit pflegt, hat man erkannt, dass Genuss nicht zwangsläufig mit Verzicht einhergehen muss. Aus der Ernährung kennt man das schon seit längerer Zeit. Statt freudlos an trockenen Reformhausriegeln zu knabbern, kauft man sich heute eben hochwertige, aber schmackhafte Produkte aus dem Bio-Supermarkt und weiß dennoch, dass man damit nicht nur für sich etwas Gutes tut.
Eine ähnliche Wandlung hat die Autoindustrie spätestens zur diesjährigen IAA vollzogen. Denn in der Vergangenheit präsentierte man zwar stets spannende „Umweltautos“, wie etwa VW das Dreiliter- Auto, jedoch nahmen die Kunden diese Angebote viel schlechter als erwartet an, da jene Fahrzeuge stets viel Verzicht bedeuteten. Sei es in Größe, Ausstattung oder – nicht zu vernachlässigen – in Status. Doch nun schlägt anscheinend die Stunde des „Umweltautos 2.0“. Als Extrembeispiel sei hierbei die vorgestellte Mercedes-Studie einer S-Klasse namens S500 Plug-in Hybrid genannt. Die S-Klasse, für viele ökologisch orientierte Menschen der Inbegriff der automobilen Unvernunft, verbraucht in dieser Version (unterstützt von einem Elektromotor) weniger als das sparsamste Modell der Konzerntochter smart. Und zwar begnügt sich das knapp zwei Tonnen schwere Dickschiff mit lediglich 3,2 Litern auf 100 km. Dies aber bei einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Solche und weitere Beispiele zeigen, wohin die Reise geht: Spaß am Automobil, Spaß am Luxus – und dies alles verbunden mit einem ökologisch reinen Gewissen.
Wie nachgefragt alternative Antriebsmethoden mittlerweile sind, konnten wir am Stand des kalifornischen Elektromobilbauers Tesla Motors erfahren. Hier waren bereits am Vormittag des zweiten Pressetages alle Media-Unterlagen vergriffen. Tesla Motors verkörpert ebenfalls bestens das bereits angesprochene Spaß-mit-Verantwortung- Prinzip. Denn wenn man noch die auf früheren Automessen vorgestellten Stromer vor Augen hat, die auf rennradschmalen Rädern standen und aus dünnsten Plastikkarosserien gefertigt waren, so staunt man nicht schlecht, wenn man den reinrassigen und aufregend gestalteten Tesla-Sportwagen sieht, welcher in der Beschleunigung gar einem Ferrari (nahezu lautlos) das Fürchten lehrt.
Aber auch für Besucher, die noch nicht unter Strom stehen und weiterhin Benzin im Blut haben, war einiges geboten. Wir haben für Sie eine kleine Auswahl an Neuigkeiten in Bildern zusammengetragen, wobei unser heimlicher Star der diesjährigen IAA der Mercedes SLS AMG ist. Hier hat man sich auf eine Weise an ein Erbe herangewagt, welche vielen Nostalgikern zwar wie ein Sakrileg vorkommen mag, aber in unseren Augen durchweg gelungen ist. Schließlich tritt der Mercedes SLS AMG in die Fußstapfen des legendären 300 SL Flügeltürers, dem vielleicht schönsten Mercedes, der je gebaut wurde.