Investitionsboom voraus – Die Weltwirtschaft vor einem Neustart
Digitalisierung und Saubere Energien werden zu Katalysatoren für den Aufschwung. Der wird von einer Konsum- und Investitionswelle begleitet, die aus einem Nachfragemangel plötzlich Angebotsengpässe werden lässt.
Digitalisierung und Saubere Energien werden zu Katalysatoren für den Aufschwung. Der wird von einer Konsum- und Investitionswelle begleitet, die aus einem Nachfragemangel plötzlich Angebotsengpässe werden lässt.
Von Daniel Pfändler, Fondsmanager des MainSky Macro Allocation Fund und Portfoliostratege MainSky Asset Management
Auch wenn es nicht der große Wurf ist, den sich die Demokraten in den USA erhofft hatten und der grüne Anstrich noch etwas farblos wirkt – die 1,2 Billionen Dollar für marode Brücken und Straßen, Breitbandausbau, neue E-Auto-Ladestellen und Stromnetz, die in der vergangenen Woche eine wichtige Hürde genommen haben, sind ein gutes Beispiel dafür, wie die Weltwirtschaft die Corona-Krise hinter sich lassen will. Staatliche Investitionen und die finanzielle Unterstützung von Unternehmen und Haushalten erreichen historisch einmalige Dimensionen. Während die nur schleppende Erholung nach der Finanzkrise noch von einem anhaltenden Nachfragemangel geprägt war, wird der laufende Aufschwung schon jetzt von Lieferengpässen und damit einhergehend einer temporär höheren Inflation begleitet. In der Folge dürften die Unternehmensinvestitionen in den nächsten Quartalen deutlich zunehmen – verstärkt durch den Willen vieler Länder zu einer ökologischen Modernisierung insbesondere in Europa und den USA. Investitionen in Unternehmen, die von einer fortschreitenden Digitalisierung sowie dem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen profitieren, bieten deshalb langfristig ein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis.
Die letzten Jahrzehnte waren durch einen Rückgang der Investitionstätigkeit gekennzeichnet, der sich nach der Finanzkrise noch einmal beschleunigt hat. So verfolgten die Staaten zur Reduktion der Budgetdefizite zumeist eine Politik der Austerität und kürzten in der Folge ihre Investitionen. Dies verstärkte den makroökonomischen Nachfragemangel, der wiederum zu einer anhaltenden Investitionsmüdigkeit des Unternehmenssektors führte. Daran konnten weder die historisch niedrigen Zinsen noch die in den USA unter Trump deutlich gesenkten Unternehmenssteuern etwas ändern.
Investitionsschub statt Nachfragemangel
Aufgrund der negativen Effekte der Pandemie auf die Volkswirtschaften einerseits sowie der veränderten Fiskalpolitik der Nationalstaaten andererseits verbessert sich jetzt jedoch der Ausblick für die Investitionstätigkeit grundlegend. So sind als Folge der Pandemie wichtige Güter von erheblichen Lieferengpässen betroffen. Gleichzeitig ist die Fiskalpolitik aktivistischer geworden und hat eine in diesem Ausmaß noch nie dagewesene Unterstützung für die Unternehmen und Haushalte umgesetzt. Dabei wurden insbesondere fiskalische Transfers an die Haushalte verteilt. Diese unterstützen den Konsum und haben gleichzeitig zu einer markanten Zunahme der Ersparnisse geführt. Die mit dem zurückgehenden Infektionsgeschehen einhergehende Öffnung der Volkswirtschaften kann die hohe aufgestaute Nachfrage jetzt entladen. Damit dürften sich die Probleme in den Lieferketten bei einigen Gütern noch verstärken und es kommt zusehends auch zu Kapazitätsengpässen im Dienstleistungssektor. Entsprechend ist das Hauptproblem für die Volkswirtschaften in Europa und den USA nicht mehr der Nachfragemangel wie im letzten Jahrzehnt, sondern Angebotsengpässe. Damit fällt aber auch der wichtigste Grund für die Investitionszurückhaltung der Unternehmen weg. So dürften jene Firmen, die die knappen Güter produzieren und Dienstleistungen offerieren, ihre Kapazitäten zur Befriedigung der Nachfrage ausweiten, wie auch schon an den Investitionsplänen der globalen Halbleiterhersteller zu sehen ist. Aber auch die Abnehmer dieser Güter und Dienstleistungen haben Anreize, in ihre Lieferketten zu investieren, um diese resilienter zu gestalten. Gleichzeitig bleiben die Finanzierungsbedingungen günstig und stehen so einer Ausweitung der Investitionen nicht im Weg.
Ökologische Modernisierung der Wirtschaft
Hinzu kommt, dass auch die Staaten ihre Investitionen im Gegensatz zur Zeit nach der Finanzkrise nicht reduzieren, sondern im Rahmen des ökologischen Umbaus der Volkswirtschaften vielmehr erhöhen werden. In der Europäischen Union werden mit dem Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ in den kommenden Jahren den Mitgliedstaaten 750 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um die Volkswirtschaften resilienter zu machen und zu modernisieren. Dabei sollen mindestens 30 Prozent der Gelder in den Klimaschutz fließen. Die Mitgliedstaaten werden aber noch einen erheblichen Zusatzaufwand betreiben müssen, um die selbst gesteckten Klimaziele erreichen zu können. Sie werden dazu die Mithilfe des Privatsektors brauchen und deren Investitionstätigkeit entsprechend mit Anreizen und Verboten ankurbeln. In den USA dürften unter Präsident Biden ähnliche Schritte vollzogen werden, die ebenfalls mit einer ökologischen Modernisierung der Energiegewinnung und einer erhöhten Investitionstätigkeit einhergehen sollten. Was mit der Rückkehr der USA ins Pariser Klimaabkommen begann, soll bis 2050 in einer komplett klimaneutralen US-Wirtschaft enden. Insgesamt belaufen sich Bidens Vorschläge für Klima- und Umweltschutz auf staatliche Investitionen in Höhe von 1,7 Billionen US-Dollar in den nächsten zehn Jahren. Zusätzlich könnten der private Sektor, die einzelnen Bundesstaaten und die Kommunen Gelder in Höhe von insgesamt mehr als fünf Billionen US-Dollar in diesen Bereich investieren.
Digitalisierung und Saubere Energien
Unseres Erachtens kann daher die Investitionstätigkeit in den nächsten Jahren positiv überraschen und zu einem wichtigen zyklischen Wachstumstreiber werden. Dabei dürfte die Digitalisierung fast jeglicher Lebensbereiche mit einer erhöhten Dynamik voranschreiten. Denn die Pandemie hat wie ein Brennglas die entsprechenden Defizite vieler Unternehmen und Staaten in diesem Bereich schonungslos offengelegt. Gleichzeitig dürfte der energetische Umbau der Volkswirtschaften zügiger vorangetrieben werden. In der Folge weisen Unternehmen, die von diesen Trends profitieren, sowohl aus einer mittelfristig zyklischen als auch aus einer langfristig strukturellen Sicht ein attraktives Risiko-Ertragsprofil auf. Daher halten wir an unserer Positionierung im Bereich Digitalisierung fest und haben das Exposure im Bereich Saubere Energien jüngst erhöht.