Jeremy Grantham: KI-Hype zögert Platzen der Mega-Blase nur hinaus
Der 84-jährige Investment-Guru und Co-Gründer von GMO sieht trotz der jüngsten Rally einen unvermeidbaren Crash nahen und wettet gegen Technologie-Aktien.
Der 84-jährige Investment-Guru und Co-Gründer von GMO sieht trotz der jüngsten Rally einen unvermeidbaren Crash nahen und wettet gegen Technologie-Aktien.
Zu Beginn des vergangenen Jahres warnte Jeremy Grantham zum ersten Mal vor der „Superblase“. Aktien, Immobilien, Rohstoffe – der Star-Investor prophezeite über viele Asset-Klassen hinweg einen historischen Crash. Bis zu 50 Prozent könnte der S&P 500 dabei über die kommenden Jahre hinweg einbrechen, beschrieb Grantham ein höchstpessimistisches Szenario. Zunächst schien es, als könnte der 84-jährige recht behalten, denn tatsächlich stürzte der S&P 500, vor allem durch die hohen Kursverluste im Technologiesektor, 2022 ab. Von Januar bis Oktober summierte sich ein Minus von über 25 Prozent, nach einer leichten Erholung zum Jahresende hin waren es 20 Prozent.
Doch dann kam die Wende. Weil die Zinserhöhungen der Fed Wirkung zeigten und die Inflationsraten in den USA Monat um Monat zurückgingen, wurden Anleger wieder mutiger und sahen besonders im Tech-Sektor plötzlich Kaufkurse. Aus einer anfänglichen Erholung wurde alsbald eine echte Rally, denn der Erfolg von ChatGPT trat eine KI-Begeisterung an der Börse los. Gemeinsam mit der Hoffnung eines nahenden Zinsgipfels entstand ein neuer Hype um Tech-Aktien, vor allem um die großen Werte. Die Aktie des Chipherstellers Nvidia hat sich seit Jahresbeginn fast verdreifacht. Die Aktien von Microsoft, Apple, Alphabet, Meta, Netflix und Amazon haben sich von ihren Tiefständen des vergangenen Jahres deutlich erholt. Schon scheinen, wie im Falle Microsofts, neue Rekordhochs wieder möglich. Summa summarum steht der S&P 500 in diesem Jahr bislang mit 16 Prozent im Plus, womit Granthams Warnung vor der „Superbubble“ kaum noch Wirkung zeigt.
Doch der Co-Gründer des Vermögensverwalters GMO lässt nicht locker. Der KI-Wahn werde die Märkte noch einige Quartale beflügeln können, aber er könne nicht das Platzen der Blase verhindern, sagte Grantham dem Wall Street Journal. Granthams Worte haben Gewicht im Finanzsektor, schließlich sagte er einst sowohl den Dotcom-Crash als auch die Finanzkrise von 2008 vorher. Im zurückliegenden Jahreszehnt warnte er allerdings häufig auch erfolglos vor einem Crash oder zumindest deutlich zu früh.
Wann genau eine Blase platzt, kann am Ende niemand vorhersagen. Dass die Bewertungen, sowohl am Aktienmarkt als auch am Immobilienmarkt in weiten Teilen immer noch hoch sind, lässt sich aber auch nicht von der Hand weisen. Bei GMO jedenfalls setzt man auf die Bären. Der Vermögensverwalter hat mehrere Wetten gegen Wachstums-Aktien laufen und zuletzt gleichzeitig in Value-Titel investiert. Ben Inker, Co-Chef Asset Allocation bei GMO, sagte gegenüber dem Wall Street Journal: Der Abschwung werde eine „wunderbare, generationenübergreifende Gelegenheit sein, Geld zu verdienen“.
Gefahr eines Aktiencrashs droht jedoch nicht nur aufgrund von hohen Bewertungen und möglicherweise fehlschlagenden Erwartungen. Auch realwirtschaftlich könnte sich etwas zusammenbrauen, wenn es nach James Montier, Partner bei GMO geht. In einem Schreiben warnte Montier vor einem sehr hohen privaten Schuldenberg. Dieser liegt im Verhältnis zum BIP in den USA bei 150 Prozent. „Was, wenn die USA aus irgendeinem Grund in eine Rezession geraten? In diesem Szenario dürften die Cash-Flows im privaten Sektor erheblich zurückgehen, wodurch sich eine gewöhnliche Rezession leicht in etwas weitaus Unangenehmeres verwandeln könnte“, so Montier. Seine Empfehlung daher: Investieren in möglichst risikoarme Vermögenswerte. Man muss dazu wissen, dass Montier ein Verfechter des Value-Investing ist und als Autor diverser Bücher zum Thema bekannt ist. Dennoch: Warnungen, wie die von Montier und Grantham können guttun in einer Zeit, in der der KI-Hype viele Risiken zu überlagern scheint.
OG
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