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Können Anleger Cathie Wood noch vertrauen?

Sie kauft, wovor andere warnen. Trotz des Kursdebakels im vergangenen Jahr, folgt die Star-Investorin und Ark Invest-Gründerin stur ihrer Linie und steckt Milliarden in hochriskante Technologiewerte. Sie wird dafür gefeiert und kritisiert. Gute Gründe haben beide Seiten. Ein Blick auf ein Portfolio, das streitbarer kaum sein könnte.

(Foto: Picture Alliance / Associated Press / Rebecca Blackwell)

Sie kauft, wovor andere warnen. Trotz des Kursdebakels im vergangenen Jahr, folgt die Star-Investorin und Ark Invest-Gründerin stur ihrer Linie und steckt Milliarden in hochriskante Technologiewerte. Sie wird dafür gefeiert und kritisiert. Gute Gründe haben beide Seiten. Ein Blick auf ein Portfolio, das streitbarer kaum sein könnte.

Vor dem Hintergrund zahlreicher Unsicherheitsfaktoren halten sich Anleger aktuell an der Börse zurück, darunter viele große institutionelle Investoren. Nicht so Cathie Wood. Die wohl bekannteste Aktien-Investorin der Welt kauft weiter munter ein. Zum Wochenbeginn erwarb die Gründerin von Ark Invest 604.000 Aktien im Wert von knapp 3,9 Millionen US-Dollar von Archer Aviation. Damit baute Wood ihre Anteile an dem Flugtaxi-Hersteller noch einmal deutlich aus. „Wir glauben, dass Robo- und Flugtaxis eine der wichtigsten Investitionsmöglichkeiten unseres Lebens darstellen“, hatte sich die 67-Jährige vor einigen Monaten gegenüber dem US-Nachrichtenportal CNBC bereits als Fan der Branche geoutet und am 16. August schon 16 Millionen US-Dollar in das Unternehmen investiert.

Ein typisches Wood-Investment. Archer Aviation hat bislang noch kein einziges Fluggerät abgesetzt und entsprechend noch keinen einzigen US-Dollar Umsatz erzielt. Der Kauf der Aktie ist eine Hochrisiko-Wette auf die Zukunft. Im Falle Woods ist sie millionenschwer – und eine von vielen. Ebenfalls erst vor kurzem kaufte die in Los Angeles lebende US-Amerikanerin Aktien des niederländischen Zahlungsdienstleisters Adyen für rund neun Millionen US-Dollar. Deren Kurs war aufgrund schlechter als erwartet ausgefallener Quartalszahlen im Vorfeld um die Hälfte eingebrochen. Über alle Ark-Fonds hinweg hält Wood nun Adyen-Aktien im Wert von 37 Millionen US-Dollar.

Kurssturz bei Adyen: Wood kauft zu

Wood wettet bei Adyen also nicht nur auf die Zukunft, sie greift auch ganz bewusst ins fallende Messer. Dieses Vorgehen ist fast schon so etwas wie ein Markenzeichen. Wood gibt wenig auf fundamentale Zahlen, sie interesseiert sich für das disruptive Potenzial eines Unternehmens und kauft, wenn sie davon überzeugt ist, in Schwächephase konsequent zu. Im zweiten Quartal legte sie sich beispielsweise erneut Aktien des Cloud-Anbieters Twilio ins Portfolio, obwohl dessen Aktie von rund 450 US-Dollar 2021 auf inzwischen 60 US-Dollar gefallen ist. Ähnlich verhält es sich beim Telemedizin-Spezialisten Teladoc, dessen Aktie erst kürzlich ein Sechs-Jahres-Tief erreichte.

Diese Art zu investieren, hat Cathie Wood reich und berühmt gemacht. Jahrelang hatte sie Erfolg, den größten dann während der Corona-Pandemie. Von 2014 bis 2021 stieg der Flaggschiff-Fonds von Wood, der Ark-Innovation-ETF, um rund 40 Prozent pro Jahr. Zwischen März 2020 und Februar 2021 legte er 290 Prozent zu. Wood erarbeitete sich eine breite Fan-Basis, besonders unter Privatanlegern. Sie war es schließlich, die es all den Technologie-Skeptikern zeigte.

Wie sich nun zeigt, aber nur für kurze Zeit. Wood profitierte von den Tech-Rallys der Jahre nach der Finanzkrise mit dem Gipfel in der Pandemie. Hätte sie diesen erkannt, wäre sie wohl zur Legende geworden. Doch sie blieb auch investiert, als die offensichtlichen Blasen kleinerer Technologiewerte an der Börse platzten. In der Spitze verlor der Ark Innovation ETF ausgehend von seinem Rekordhoch 80 Prozent an Wert. Zwar läuft es seit Beginn des laufenden Jahres wieder besser, immer mehr Anleger fragen sich jedoch, welchen Anteil Wood daran tatsächlich hat. Der KI-Hype und der abnehmende Zins- und Inflationsdruck haben Tech-Aktien schließlich insgesamt wieder einen Aufschwung beschwert. Und während der Nasdaq100 sein Rekordhoch aus dem Januar 2022 angreift, bräuchte der Kurs des Ark Innovation ETF dafür aktuell eine Vervierfachung. Statt 30 Milliarden verwaltet der Fonds derzeit nur noch rund neun Milliarden US-Dollar. Das liegt an den immensen Wertverlusten, aber auch daran, dass Anleger seit Oktober 2022 rund 600 Millionen US-Dollar an Investorengeld abgezogen haben. Prominente Investoren wetten zudem gegen Wood, darunter The-Big-Short-Guru Michael Burry sowie Matthew Tuttle, der sogar einen ETF aufgelegt hat, der direkt gegen den Ark Innovation ETF wettet.

Wood verpasst Nvidia-Rally

Kritiker spotten inzwischen, Woods Käufe und Verkäufe seien als Kontraindikatoren zu betrachten. Das kommt auch daher, dass Wood ausgerechnet die Kursexplosion bei Nvidia verpasste, weil sie ihre Anteile an dem Chiphersteller zuvor abgestoßen hatte. Stattdessen befinden sich unter den Top-Ten-Holdings des Ark Innovation beispielsweise der Sportwettenanbieter DraftKings mit einem Verlust von 37,1 Prozent, das Biotechunternehmen Exact Sciences (minus 19 Prozent), das Mobile-Payment-Unternehmen Block (minus 54 Prozent), die Videokonferenzplattform Zoom (minus 71 Prozent), der Robotiksoftware-Entwickler UiPath (minus 65 Prozent), der Streaming-Anbieter Roku (minus 44 Prozent) und die Kryptoplattform Coinbase (minus 50 Prozent). Die größte Position ist nach wie vor Tesla. Es die einzige aus den Top-Ten, die Plus steht. Deutlich zwar, doch die nachfolgenden neun größten Positionen des Fonds stehen teils ebenfalls deutlich im Minus.

Allein das ist Anlass für viel Kritik. Gleichwohl bieten die Unternehmen großes Wachstumspotenzial. „Viele der Aktien, die der ETF hält, werden erst in ferner Zukunft große Cashflows haben“, sagte Analyst Aniket Ullal gegenüber dem Wall Street Journal. Das erinnert an die Dotcom-Krise, als die Aktien zahlreicher Technologie-Unternehmen ins Bodenlose stürzten, da die Kurse der Zeit vorausgeeilt waren. Wer jedoch besonnen reagierte und die Aktien liegen ließ, erzielte bei einigen Jahre später saftige Gewinne. Woods Investment-Stil wird deshalb immer streitbar sein und bleiben. Fakt ist wohl nur: er ist nichts für Privatanleger, die sich beispielsweise fürs Alter absichern wollen. Die Ark-Fonds bleiben eine Wette auf die Zukunft, die man am besten mit Geld spielt, das auf der Seite liegt und nicht dringend gebraucht wird.

OG

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