Malerei mit Wertzuwachs - Klassiker der Moderne
Die Gemälde der Klassischen Moderne erleben einen ungebrochenen Trend. So zum Beispiel, ganz aktuell, das Auktionshaus Ketterer. Ketterer setzt hohe Erwartungen in eine Strandszene von Hermann Max Pechstein. Den Sammlernachwuchs spricht das Münchner Auktionshaus mit einem Extra-Katalog für die jüngere Malergeneration an.

Robert Ketterer möchte in Deutschland die Adresse für den Zweitmarkt der Gegenwartskunst werden. Mit Gemälden von Hermann Max Pechstein hat man in seinem Haus gute Erfahrungen gemacht. Erst vor zwei Jahren setzte der Münchner Versteigerer eine Rekordmarke für diesen Expressionisten, als für das „Weib mit Inder auf Teppich“ aus dem Jahre 1910 3,5 Millionen Euro erlöst wurden, Aufgeld inklusive. Für seine Auktion mit klassischer Moderne am 6. Dezember kündigt Ketterer wieder ein exzeptionelles Pechstein-Werk an, eine kantige, expressionistische Badeszene mit seiner Frau. Die letzten zehn Jahre hing das 1919 gemalte Bild als Leihgabe eines Berliner Sammlers im Kunstmuseum Bonn. Nun ist ein Millionenerlös anvisiert. Die Schätzung liegt bei 800.000 bis 1,2 Millionen Euro.
Ketterers Angebot an Klassischer Moderne ist wie gewohnt gespickt mit Werken großer Namen; unter ihnen Gabriele Münter, Max Klinger, Karl Hofer und Hans Purrmann. Unter den knapp 100 ausgewählten Werken findet sich auch manche Seltenheit auf dem Markt. Etwa ein 1915 entstandenes, zartes Aquarell Wassily Kandinskys, in dem sich seine Affinität zu Musik und Rhythmus widerspiegelt. Die untere Taxe liegt bei 180.000 Euro.
Keine Dutzendware
Auch Schlemmer-Gemälde muss man gewöhnlich suchen. 1929, im letzten Jahr seiner Bauhaus-Zeit, malte er die biomorph reduzierte „Figur auf grauem Grund“. Sie ist mit 240.00 bis 280.000 Euro bewertet. Ebenfalls keine Dutzendware sind die großen Papierarbeiten „Presseball in Berlin“ von George Grosz mit einer Taxe 50.000 bis 70.000 Euro und die collagenhafte, groteske Reflexion „Börsenspekulanten“ von Otto Dix, wofür 100.000 bis 150.000 Euro aufgerufen werden, exemplarische Sittenbilder der Weimarer Republik.
Wie sehr der Auktionsmarkt nach immer neuen Strategien sucht, verdeutlichen ein Jubiläum und der Extra-Katalog für die aktuelle Kunstszene. Zum zehnten Mal offeriert Ketterer die Spezialauktion „Seitenwege der deutschen Avantgarde“. Glanzstücke sind diesmal Max Schwimmers explosives Aquarell „Kopf“ von 1919 mit einer unteren Taxe von 4.000 Euro und eine vom starken Kolorit lebende New Yorker Straßenszene von Ernst Geitlinger mit etwas besserer Taxe von 7.000 Euro.
Ziel der „Seitenwege“-Auktion ist es, vergessene und zu Unrecht unterbewertete Moderne-Künstler auf angemessene Marktpositionen zu heben. Bei manchen ist das gelungen. Walter Gramatté, Willy Jaeckel, aber auch Christian Arnold spielen heute mit ihren besten Werken in der fünfstelligen Preisliga mit.
Die neuen Herausforderungen liegen für Ketterer woanders. Als erster Auktionator in Deutschland nimmt Ketterer mit seinem Sonderkatalog „Zeitgenössische Kunst“ die Malergeneration um Anselm Reyle, Slavomir Elsner oder Martin Eder in den Focus. Robert Ketterer: „Ich möchte in Deutschland das Haus für den Zweitmarkt der Gegenwartskunst werden, die man unter der Rubrik Kunst ab dem Jahr 2000 zusammenfassen könnte“. Mit Cornelius Völkers überdimensionalen, effektvollen „Lippen“ – Taxe 18.000 Euro – und Daniels Richters abstrakt-ornamentaler Raumphantasie „Irren, menschlich“, entstanden 1999, ist ihm die Aufmerksamkeit einer neuen Sammlergeneration wahrscheinlich sicher.
Prall gefülltes Angebot
Ketterer hat ein pralles Auktionspaket geschnürt wie nie zuvor. Und das hat seinen Grund. Die Kunst bis zur Taxe von 20.000Euro – sonst bereits im Oktober veräußert - wurde nun den ausgewählten Werken am selben Tag vorangestellt. Etwa 300 Lose im unteren Preissegment passieren in der Auktion „Kunst nach 1945“ am 7. Dezember den Saal. Darunter Werke von Gerhard März, Raymond Pettibon und Max Ackermann. Erst dann kommt die Kür.
Die Nachkriegskunst führt Jean-Paul Riopelles dichte, gespachtelte Abstraktion „Ohne Titel“ von 1954 mit Taxe bei 90.000 Euro an. Auf den derzeitigen Hype der Zero-Kunst reagiert man mit insgesamt 15 Arbeiten von Otto Piene bis Günther Uecker. Die Taxen liegen im unteren und mittleren fünfstelligen Preisbereich. Toplos der Zeitgenossen aber ist Georg Baselitz´ große Leinwand „Der Abgarkopf“ von 1984. Ein Einsatz von mindestens 250.000 Euro ist gefordert für das kraftvolle Werk. Es gehört in eine Reihe von Bildern, in denen sich der Maler mit einflussreichen christlichen Motiven auseinandersetzt.
Vorbesichtigungen für die Hauptauktion sind in München noch möglich vom 1.bis 5. Dezember 2013, für die Auktion „Seitenwege der Avantgarde“ 6. Dezember, für „Kunst nach 1945“ am 7. Dezember. Handelsblatt / Sabine Spindler