Mischfonds - eine Klasse für sich?
Die Alleskönner unter den Fonds gelten als moderne Rundum-sorglos-Pakete. Bei den Anlegern stehen die Produkte daher hoch im Kurs. Trotzdem gilt es, genau hinzuschauen: Die Welt der Mischfonds ist komplexer, als der Begriff suggeriert.

Das in Mischfonds verwaltete Vermögen hat sich seit 2004 von 28 auf 118 Mrd. Euro mehr als vervierfacht. In dieser Zeit hat sich aus dem einst hässlichen Entlein ein stolzer Schwan entwickelt. Möglich gemacht hat dies die Lockerung der Anlagerichtlinien durch das europäische Investmentrecht (Ucits III). Dank der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind die Manager von Publikumsfonds nicht mehr nur auf Aktien und Anleihen beschränkt.
Vermögensverwaltung für alle
Sie dürfen sich seitdem auch derivativer Produkte bedienen, die zuvor ausschließlich den Hedgefonds vorbehalten waren. Dazu zählen Optionen genauso wie Swaps und Termingeschäfte. Long-short-Strategien oder auch Leerverkäufe sind seitdem auch für Investmentfonds möglich. Je nach Marktumfeld sollen die Produkte zudem zwischen risikoreichen und risikoarmen Anlagen umschichten. Im Extremfall darf die Investitionsquote in Aktien beispielsweise zwischen –100% und 200% schwanken. Für die Fondsbranche kam das einer Revolution gleich. Nicht zuletzt deshalb, weil kleine, flexible Fondsboutiquen als Erstes die neuen Möglichkeiten erkannten und für sich zu nutzen wussten. Für den Erfolg dieses Ansatzes steht vor allem ein Name: Edouard Carmignac. Sein Mischfonds Carmignac Patrimoine (WKN: A0DPW0) zählt seit Jahren zu den Kassenschlagern und hat derzeit ein Volumen von rund 25,6 Mrd. Euro. In Sachen Fondsgröße rangiert das Produkt mit großem Abstand auf Platz 1.
Die größten Mischfonds …
Weil man sich Größe in der Finanzwelt verdienen muss, besteht natürlich auch ein Zusammenhang zwischen Anlagevolumen und langjährigem Erfolg. Ein Blick auf die Rangliste der größten Mischfonds kann daher bei der Auswahl nicht schaden. Auf Platz 2 steht mit einem Volumen von rund 10,6 Mrd. Euro der BGF Global Allocation (WKN: A0D9QB) gefolgt von zwei Produkten des Bankhauses BNY Mellon, dem Newton Real Return (WKN: 930442) und dem Newton Balanced GBP (WKN: 930430) mit 6,6 bzw. 3,3 Mrd. Euro Anlagevolumen. Mit 2,9 Mrd. Euro hat es das Produkt db PrivatMandat Comfort (WKN: DWS0XH) des deutschen Fondshauses DWS gerade noch unter die Top 5 geschafft. In Sachen Performance brachte es der Carmignac Patrimoine über die letzten drei Jahre auf 20%, der BGF Global Allocation auf 33% und die beiden BNY Mellon Produkte auf rund 25%. Zum Vergleich: Wer sein Geld dagegen vor drei Jahren in den EURO-STOXX-Index investierte, steht heute deutlich schlechter da. Am 30. April 2009 notierte der Index bei 2.375 Punkten – aktuell sind es nur etwa 2.300.
… sind nicht die erfolgreichsten
Doch es kommt noch besser. Denn in den Performance-Ranglisten der Mischfonds sind die Volumenkönige nach einer Auswertung des Analysehauses Lipper (März 2009–2012) weit abgeschlagen: Um es auf das Treppchen zu schaffen, war über die letzten drei Jahre eine Performance von rund 90% notwendig. Soviel schafften der Deutsche Aktien Total Return I (WKN: A0D9KW), der Flossbach von Storch Multiple Opportunities (WKN: A0M430) und der BL Emerging Markets B (WKN: A0MWCY). Um unter die Top 10 zu kommen, benötigten Fonds immerhin noch gut 56% Performance über den 3-Jahres-Zeitraum. Angesichts solcher Ergebnisse verwundert es kaum, dass Mischfonds laut einer Analyse von Morningstar mittlerweile die am meisten nachgefragte Fondsgruppe in Europa sind. Das lässt laut Morningstar zwei Schlussfolgerungen zu: „Zum einen haben die Anleger offenbar aus den bitteren Lektionen der Jahre 2002 und 2008 die Konsequenz gezogen, dass sie die Entscheidung über den richtigen Asset-Mix den Fondsmanagern überlassen sollten. Man setzt also nicht mehr alles auf die Aktienkarte, sondern erwartet vom Vermögensverwalter, die Risiken nach unten zu begrenzen und in Aufwärtsphasen einen Schnaps Rendite auszuschenken. Zudem sind Anleger in Mischfonds durchaus bereit, Risiken zu nehmen. Wie die Morningstar-Absatzdaten zeigen, werden in Europa Mischfonds bevorzugt, die eine Aktienquote von 0% bis 100% fahren können.“
Früher war es nicht besser
Doch wie erfolgreich sind die Produkte wirklich? Diese Frage mag ob der oben genannten Ergebnisse überflüssig scheinen, doch angesichts der Flexibilität, die das Management von Mischfonds heute genießt, sind Aktienindizes, auf die regelmäßig Bezug genommen wird, keine geeignete Benchmark. Weil zudem die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass man für die zurückliegende Periode immer die besten Produkte im Depot hatte, gilt es, das Abschneiden der gesamten Produktkategorie zu überprüfen. Das Institut für Vermögensaufbau (IVA) hat in Kooperation mit der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) 2011 zum zweiten Mal eine Studie erstellt, in der der langfristige Anlageerfolg von Publikumsfonds der wichtigsten Anlageklassen untersucht wurde. Im Kern ging es um die Frage, ob aufgrund einer aktiven Management-Leistung langfristig gegenüber einer klassischen Benchmark Überrenditen erzielt werden konnten. Das Ergebnis war ernüchternd: Lediglich 6,7% der Mischfonds konnten auf Sicht der letzten zehn Jahre eine Überrendite gegenüber ihrer Benchmark erwirtschaften. Untersucht wurden allerdings nur Fonds, die im Januar 2011 über mindestens 7,5 Mio. Volumen verfügten und seit mindestens zehn Jahren am Markt sind. Das heißt, die modernen Ucits III blieben bei dieser Untersuchung außen vor. Daher bleibt zu hoffen, dass die Manager die neuen Möglichkeiten auch in ihrer Gesamtheit gewinnbringend nutzen können.
Erfolg hat seinen Preis
Das Anreizsystem ist jedenfalls entsprechend ausgelegt: Beim Ethna Aktiv (20%), dem Carmignac Patrimoine (10%) und vielen anderen Top-Produkten werden zusätzlich zu den fixen Verwaltungsgebühren weitere performance-abhängige Gebühren fällig. Letztere sind in der Regel an die Erreichung einer bestimmten prozentualen Outperformance und/oder an die Erreichung neuer Höchststände gekoppelt – die sogenannte High Watermark. Aufgrund der enormen Freiheitsgrade des Fondsmanagements sind gerade diese erfolgsabhängigen Vergütungen richtig und wichtig. So musste beispielsweise die börsenotierte Investment-Firma C-Quadrat im ersten Quartal 2011 einen deutlichen Gewinnrückgang hinnehmen, weil die erfolgsabhängigen Gebühren in diesem Zeitraum massiv eingebrochen waren. Die Auswirkungen einer negativen Entwicklung bekommt auf diese Weise nicht nur der Anleger unmittelbar zu spüren.
Der schöne Schein
Innerhalb der Gattung Mischfonds gibt es auch konzeptionell erhebliche Unterschiede. Dabei gilt: Je höher die Aktienquote, desto aggressiver das Produktkonzept und desto größer das Risiko. Defensive Mischfonds legen in der Regel bis zu 35% in Aktien an, ausgewogene normalerweise nicht mehr als 60% und aggressive bis zu 80%. Bei der Auswahl gilt es daher, neben der historischen Volatilität und dem Track Record auch das Fondskonzept zu prüfen. Dabei sollten sich Anleger nicht von Begriffen wie „vermögensverwaltend“, „Absolute Return“ oder „risikokontrollierte Fonds“ täuschen lassen. Die Bezeichnungen sind nicht reglementiert und damit unter Marketing-Gesichtspunkten gewählt.
Fazit
Wie Umfragen stets aufs Neue belegen, will sich die Mehrheit der Deutschen nicht mit den Themen Finanzen und Geldanlage beschäftigen. Nach zwei schweren Finanzkrisen genießt die Aktienanlage bei vielen Sparern das gleiche Ansehen wie Glücksspiel. Doch gerade im Zuge der steigenden Anforderungen an die private Altersvorsorge sind Konzepte gefragt, die auch in turbulenten Phasen eine stabile Entwicklung gewährleisten. Mit reinen Aktienfonds ist das nicht zu schaffen. Die neue Generation der Mischfonds kommt da gerade recht. Bei der Auswahl sollten Anleger neben der historischen Performance immer auch einen Blick auf die Risikokennzahlen des Fonds und die Vergütungsstruktur des Managements werfen.