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Märkte > Ludwig-Erhard-Gipfel

Mit dieser Einstellung geht es in Deutschland bergauf

Wie steht es um die Zukunft in Deutschland? Darüber diskutierten auf dem LudwigErhard-Gipfel namhafte Experten. (Foto: LEG)

Es droht das dritte Jahr in Folge eine Rezession, doch bange ist den wenigsten Experten. Hier erklären sie, warum Deutschland eine große Zukunft hat – und was dafür nötig ist.

Von Christoph Sackmann

Überraschend. Henrik Ahlers beginnt seinen Vortrag auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel mit dem Satz: „Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind gut.“ Es klingt, als würde der Chef von EY Deutschland zwei Jahre Rezession und ein aktuelles Stillstand ignorieren, den langsamen Verfall der Infrastruktur, die mangelnde Digitalisierung und wie deutsche Unternehmen bei Zukunftsthemen wie künstlicher Intelligenz und Elektroautos immer weiter hinter die internationale Konkurrenz zurückfallen.

Doch er ist trotz all dieser schlechten Nachrichten in der Diskussionsrunde nicht allein. Auch die anderen halten das Glass eher für halb voll. „Wir sollten mehr nach vorne schauen“, sagt etwa Marcel de Groot, CEO von Vodafone Deutschland, und nutzt eine Analogie aus der Autowelt: „Der Rückspiegel ist aus gutem Grund kleiner als die Windschutzscheibe.“ Nach vorne schauen, meint er, auf die Zukunft und die Chancen. Anpacken müssten alle, das ist die Devise des Panels: „Wir brauchen ein anderes Mindset“, sagt etwa Astrid Hamker, Präsidentin des CDU-Wirtschaftsrates, „die Menschen hierzulande haben sich zu sehr an den Aufschwung gewöhnt.“ Doch jetzt müsse dieser eben auch wieder erarbeitet werden. Diskussionen über Work-Life-Balance und die Vier-Tage-Woche hält sie dabei für hinderlich. Impulse für mehr Leistungsbereitschaft müssten von allen in der Gesellschaft ausgehen, nicht nur von der Politik.

Besonders von der neuen Bundesregierung erwarten aber auch die Experten auf dem Gipfel einiges. Schließlich haben sich CDU/CSU und SPD zum Start Sondervermögen von 500 Milliarden Euro gegönnt. „Damit müssen sie uns jetzt eine Perspektive geben“, sagt Ahlers. Als Beispiel nennt er die Infrastruktur: „Wir sind bei der Infrastruktur immer noch die Nummer 3 der Welt – wenn wir das jetzt verbessern, wird das ein echtes Asset.“ Denn ausländische Investoren kämen gern nach Deutschland. „Microsoft hat für die kommenden Jahre ein Investitionsprogramm von 500 Milliarden Dollar – davon würden die gerne auch Geld in Deutschland ausgeben.“

Zu sehr verlassen sollte sich Deutschland aber nicht auf das US-Geld, sondern eben auch die heimischen Investitionen fördern. Der EY-Deutschland-Chef lobt in diesem Zusammenhang die kommende Superabschreibung, die die neue Bundesregierung plant. Sie wäre jetzt ein schnell wirkender Hebel. Überhaupt habe Deutschland mit seinen vielen mittelständischen Unternehmen einen Vorteil: „Wir haben bei Investitionen einen viel längeren Atem als börsennotierte Konzerne, die ihren Aktionären alle drei Monate Rechenschaft ablegen müssen.“

Damit dieser Atem zur Geltung komme, müssten aber vor allem bürokratische Hürden abgebaut werden. De Groot erzählt etwa, dass es ihn in Deutschland ein Jahr koste, die Genehmigung für einen neuen 5G-Masten zu bekommen – in Portugal nur gut zwei Monate. „Wir reden schon ewig über die Entbürokratisierung, aber stattdessen kommen immer neue Hürden“, sagt Markus Weiß, Unternehmenssprecher von McDonald’s Deutschland. „Regulierung ist per se nichts Schlechtes“, sagt Stefan Wintels, Vorsitzender der KfW. Man müsse dabei nur noch mehr die Wettbewerbsfähigkeit im Blick haben. Als Beispiel dafür hat De Groot Irland parat, dass sich schon vor Jahren zur Entbürokratisierung entschlossen habe. Heute würde eine Unternehmensgründung dort nur noch fünf Tage dauern, in Deutschland seien es 20.

Trotzdem: „Wir brauchen mehr Selbstbewusstsein“, sagt Ahlers. Bei der KI sei Deutschland bei weitem nicht so schlecht wie es geredet werde, bei der Digitalisierung hebt er den Bus- und Zugfahrtvermittler Flixbus als erfolgreiches Unternehmen heraus. Gerade hier sieht auch Vodafone-Deutschland-Chef de Groot noch viel Luft: „Mit mehr Digitalisierung werden wir mehr Erfolg haben“, sagt er, „Es kann nicht genug Digitalisierung geben.“ Zudem müsse das Problem des Fachkräftemangels, der durch die Überalterung der deutschen Gesellschaft entstehe, gelöst werden. Ahlers endet so optimistisch, wie er begonnen hat: „Wir haben Wiederaufbau, Kohleausstieg und Agenda 2010 geschafft. Wir können auch das jetzt schaffen.“

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