Ölkonzerne verdienen Milliarden
Die US-Konjunktur erholt sich nur zögerlich, nur in Asien boomt die Wirtschaft. Deshalb wächst die Ölnachfrage derzeit nur langsam. Trotz der Ölpest im Golf von Mexiko reicht das globale Angebot aus. Der Ölpreis tendiert deshalb zu Recht seitwärts. Massiv unter Druck gerieten jedoch viele Ölförderer. Selbst Unternehmen litten unter dem BP-Desaster, die davon nicht direkt betroffen sind. Für risikobereite Investoren eröffnet die Situation die Chance, günstig einzusteigen in Discount-Zertifikate auf Ölkonzerne.
Schwache Hausverkäufe und miese Arbeitsmarktzahlen in den USA dämpften die Hoffnung auf eine rasche Erholung der amerikanischen Wirtschaft. Trotz ansehnlicher Wachstumsraten wird die weltgrößte Volkswirtschaft noch einige Zeit brauchen, die Folgen der Finanzkrise zu verarbeiten. Auch in Europa geht es nur zögerlich aufwärts. Nur in Asien ist der Boom intakt. In diesem Umfeld tendierte der Ölpreis in der vergangenen Woche schwächer. Zumal die Ölpest im Golf von Mexiko die Förderung in der Region bisher kaum beeinträchtigt hat. Sogar der von der US-Regierung verhängte Bohrstopp in der Tiefsee wurde von der Justiz wieder aufgehoben. Auch aus technischer Sicht sind die Perspektiven nicht gerade sonnig: Der Preis für ein Barrel Rohöl der Nordseesorte Brent bildete – nach einer dynamischen Abwärtsbewegung im Jahr 2008 – zwischen Dezember 2008 und Februar 2009 einen Boden bei 51,75 / 51,44 US-Dollar. Mit dem Anstieg über die Nackenlinie wurde diese untere Trendwendeformation vollendet. Das ableitbare Kursziel von 84,00 US-Dollar erreichte Brent im August 2009. Ende Oktober 2009 stieß die Kursnotierung im Bereich 86,50 US-Dollar auf Widerstand. Daraufhin ging Brent in eine Konsolidierungsphase über, welche noch immer andauert. Nach einem Rücksetzer auf 71,76 US-Dollar, wo Brent auf Unterstützung durch das Zwischentief von Ende September 2009 traf, drehte die Kursnotierung wieder nach oben und konnte auf 91,41 US-Dollar zulegen. Der Ausbruch über 86,50 US-Dollar erwies sich jedoch als nicht nachhaltig. So kam es zu einer Gegenbewegung. Dabei wurde die Unterstützung bei 71,76 US-Dollar kurzzeitig unterschritten. Bei 68,52 US-Dollar bewährte sich jedoch das Tief vom Juli 2009 als Unterstützung und ließ Brent nach oben drehen. Der aktuelle Aufwärtsswing kann sich bis 86,50 / 91,41 US-Dollar fortsetzen. Erst ein Ausbruch über 91,41 US-Dollar wäre ein bullisches Signal und würde mittelfristiges Aufwärtspotenzial bis 105,00 US-Dollar eröffnen. Scheitert Brent bei 86,50 / 91,41 US-Dollar, ist eine Fortsetzung der Konsolidierung mit einem erneuten Test der Unterstützungen bei 71,76 / 68,52 US-Dollar zu erwarten.
Starke Quartalszahlen
Die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko trieb zwar den Ölpreis bisher nicht nach oben, aber die Kurse vieler Öl-Aktien nach unten. Am schlimmsten traf es BP. So lange das Bohrloch nicht geschlossen ist, sind die Kosten des Desasters nicht abzuschätzen. Sogar ein Zusammenbruch des Giganten ist möglich. Kühl kalkulierende Anleger sollten das Unternehmen meiden. Ganz anders sieht es bei Konkurrenten wie Exxon Mobil, Royal Dutch Shell oder Total aus. Denn nicht alle Firmen sind in gleichem Maße bei Tiefseebohrungen engagiert. Während Chevron Texaco und Royal Dutch Shell große Summen investiert haben, liegt bei Exxon Mobil der Schwerpunkt auf dem Bereich Onshore, der Förderung an Land. Trotzdem traf der Rückgang der Rohölnotierungen von fast 150 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) im Sommer 2008 auf gut die Hälfte wegen der erheblich niedrigeren Ertragsfantasie die großen Ölförderer erheblich. Solange sich jedoch der Preis für das flüssige Gold über der 60-Dollar-Marke hält, verdienen die Boliden der Branche ordentlich. Das zeigen die Zahlen des ersten Quartals 2010: Exxon Mobil steigerte den Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um knapp 40 Prozent auf 6,3 Mrd. US-Dollar. Chevron Texaco erhöhte den Überschuss um 150 Prozent auf 4,5 Mrd. US-Dollar. ConocoPhillips konnte seinen Ertrag sogar fast verdreifachen auf 2,1 Mrd. US-Dollar. Bei Royal Dutch Shell betrug das Plus 57% auf 5,5 Mrd. US-Dollar. In diesem Umfeld ist die Zuwachsrate des Total-Gewinns von 15% auf 3,2 Mrd. US-Dollar geradezu mickrig.
Analysten raten zum Einstieg
Die Branche braucht auch enorme Summen, um die riesigen Investitionen zu stemmen. Ölfelder mit niedrigen Produktionskosten wie im Nahen Osten kommen in die Jahre. Größere Vorkommen an Land wurden seit Langem nicht mehr entdeckt oder befinden sich in politisch wenig stabilen Regionen. Was bleibt den Konzernchefs anderes übrig, als sich an technisch und ökonomisch hoch riskante Projekte wie in der Tiefsee zu wagen? Gleiches gilt für die Gasförderung, wenn die bekannten Reserven auch größer sind. Die Reichweite dürfte sogar zunehmen, weil die Unternehmen bei der Erschließung unkonventioneller Lagerstätten wie etwa den US-Gasschiefervorkommen große Fortschritte erzielen. Wegen des gefallenen Gaspreises halten sich die Gewinne dieser Aktivitäten jedoch in Grenzen. Ebenfalls relativ niedrig sind die Ergebnisse der Raffinerie- und Chemiesparten, weil Überkapazitäten seit Jahren auf die Margen drücken. Analysten halten die Aktien für günstig. So hat JPMorgan Chase die Aktie von Royal Dutch Shell bei einem Kursziel von 2.050 Pence (24,60 Euro) mit "Übergewichten" eingestuft. Aus fundamentaler Sicht ist der STOXX-50-Titel mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 8,8 preiswert. Außerdem liegt die Dividendenrendite bei rund 6%. Dabei will der britisch-niederländische Konzern bis 2014 jedes Jahr 25 bis 30 Mrd. US-Dollar investieren, um die Förderung auf 3,5 Mio. Barrel pro Tag zu erweitern und die Reservenbasis auszubauen. Ähnlich niedrig bewertet sind die Aktien von Total, Chevron Texaco und ConocoPhillips. Exxon Mobil ist mit einem KGV von 10,4 ein wenig teurer. Dafür bietet der globale Marktführer mehr Ertragsqualität.
Für ein Investment bieten sich Discounter auf Exxon Mobil, Royal Dutch und Total an, deren Cap nahe am Aktienkurs liegt. Dank einer relativ hohen Volatilität und ansehnlichen Dividenden errechnen sich Seitwärtsrenditen von bis zu 16,5% per annum. Ähnliche Renditeaussichten hat das Capped Bonus Quanto Zertifikat auf Exxon Mobil. Aber nur wenn der Aktienkurs bis zum 16. Dezember 2011 über 50 US-Dollar bleibt, erzielt der Anleger eine Bonusrendite von fast 18% jährlich. An weiteren Kurssteigerungen nimmt der Anleger bis zum Cap von 90 US-Dollar teil. Risikoreich ist das Zertifikat auf europäische Öltitel. In diesem Index zählt BP neben Royal Dutch Shell, Total, Eni und der BG Group zu den Schwergewichten.
Fazit
Die großen Ölkonzerne sind aus fundamentaler Sicht günstig. Die unabsehbaren Folgen der Ölpest im Golf von Mexiko könnten die Branche allerdings noch längere Zeit belasten. Außerdem hängt der Rohölpreis in einem Seitwärtstrend fest. In diesem Umfeld sollten nur risikobereite Anleger Zertifikate auf Ölaktien oder –indizes ins Depot nehmen, auch wenn die Papiere überdurchschnittliche Renditechancen bieten.