Ölpreis-Verfall: Pro und Contra
Henrik Böhme warnt in einem Meinungsbeitrag der „Deutschen Welle", den er „Fluch und Segen des Ölpreis-Tiefs“ übertitelt, vor den möglichen Folgen des gefallenen Ölpreises für die Förderländer. VS. Der niedrigere Ölpreis wird der europäischen Konjunktur Auftrieb verschaffen. Dieser Ansicht ist Niall Gallagher, Fondsmanager des GAM Star European Equity und des GAM Star Continental European Equity.
Contra: Der Fluch des schwachen Ölpreises
Henrik Böhme, Wirtschaftsredakteur bei der „Deutschen Welle“
Henrik Böhme warnt in einem Meinungsbeitrag der „Deutschen Welle", den er „Fluch und Segen des Ölpreis-Tiefs“ übertitelt, vor den möglichen Folgen des gefallenen Ölpreises für die Förderländer. Zwar gebe es auch eine Gewinnerseite. Dazu zählt er Ölimporteure wie Deutschland, die den Rohstoff nun günstiger einkaufen könnten. Für die Förderländer sei der Preisverfall allerdings ein Problem. So läuten seiner Ansicht nach in Russland schon längst die Alarmglocken schrill. Auch wenn der Kreml so tue, als habe er die Lage im Griff. Auch Venezuela sei so ein Fall. „Wo es Benzin fast für umsonst gibt, wo der Staatshaushalt fast ausschließlich auf Einnahmen aus dem Ölgeschäft beruht, sind die niedrigen Preise wie eine Lunte an einem Pulverfass.“ Für Präsident Maduro werde die Luft immer dünner, so der Autor.
Böhme führt den Preisverfall auf das derzeitige Überangebot zurück, das vorwiegend aus den Vereinigten Staaten komme. „Seit mit den USA ein neuer Player auf dem Markt ist, der nicht nur Unmengen an Öl importiert, sondern per Fracking eben selbst fördert, ist zu viel Öl auf einem Markt, der gleichzeitig von einer sinkenden Nachfrage geprägt ist", erläutert der Journalist. „Irgendein Mitspieler" werde aus diesem Markt ausscheiden, weil sich die gigantischen Investitionen ab einem bestimmten Preis des Öls nicht mehr lohnten. Das könne die Amerikaner genau so treffen wie die Kanadier, die mit ihren teuren Ölsand-Projekten derzeit schon Schiffbruch erlitten. Weiterhin könne es zu politischen Unruhen kommen. Zum Beispiel in Venezuela, wenn dort der Benzinpreis von „lächerlichen zwei auf fünf Cent" angehoben werden müsste.
Pro: "Der gefallene Ölpreis treibt die Konjunktur"
Niall Gallagher, Fondsmanager bei GAM
Der niedrigere Ölpreis wird der europäischen Konjunktur Auftrieb verschaffen. Dieser Ansicht ist Niall Gallagher, Fondsmanager des GAM Star European Equity und des GAM Star Continental European Equity. „Wir glauben nicht, dass die Ökonomen die Auswirkungen des Ölpreisverfalls bereits vollständig berücksichtigt haben. Insbesondere die Länder der europäischen Peripherie wie Griechenland, Spanien, Portugal und Irland, dürften profitieren, da diese Staaten Netto-Ölimporteure sind“, erklärt er.
So rechne das spanische Finanzministerium damit, dass das BIP 2015 allein durch den niedrigen Ölpreis um zusätzliche bis zu 1,5 Prozent wachsen könnte. Die europäische Industrie profitiere bereits von den fallenden Preisen und hätte sich an den Börsen seit Oktober besser als andere Sektoren entwickelt. Im Luftverkehr dagegen seien die Auswirkungen nicht eindeutig. Zwar würden die Kosten sinken, so Gallagher, aber das Niedrigpreissegment ziehe auch Vorteile aus steigenden Preisen, „da diese den Wettbewerbsdruck erhöhen“.
Allerdings räumt der Fondsmanager ein, dass der europäische Ölsektor und insbesondere die integrierten Ölkonzerne unter dem Preisverfall leiden. „Viele dieser Unternehmen operieren stark fremdfinanziert. Daher wirken sich fallende Preise überproportional auf die Profitabilität aus“, erläutert der Fondsmanager. Viele Firmen, darunter der norwegische Staatskonzern Statoil, planten daher, ihre Kapitalausgaben für die nächsten fünf Jahre um bis zu 20 Prozent zu reduzieren. Während der Rest Europas eindeutig profitiere, dürften die Volkswirtschaften von Norwegen und Schottland unter den fallenden Ölpreisen leiden.