Porsche für jeden
Unverdrossen bereitet VW den Börsengang seines Sportwagenherstellers vor. Angesichts einer starken Rendite bei Porsche, könnte es ein lohnendes Geschäft für Investoren werden. Tatsächlich gäbe es im Volkswagen-Konzern allerdings noch eine einträglichere Marke, die an der Börse Erfolg haben könnte.
Unverdrossen bereitet VW den Börsengang seines Sportwagenherstellers vor. Angesichts einer starken Rendite bei Porsche, könnte es ein lohnendes Geschäft für Investoren werden. Tatsächlich gäbe es im Volkswagen-Konzern allerdings noch eine einträglichere Marke, die an der Börse Erfolg haben könnte.
VW-Aktionäre brauchen starke Nerven. Nach einer kurzen Rekordjagd ist die Aktie eingebrochen. Lieferschwierigkeiten, Spritpreise, ein kollabiertes Russland-Geschäft – Gründe gibt es dafür viele, allerdings gibt es einen Hoffnungsschimmer im VW-Konzern und an dem halten die Wolfsburger fest: Porsche. Unverdrossen bereitet die Finanzmanager des Konzerns den Börsengang der Sportwagentochter Porsche fürs vierte Quartal vor. Er soll Geld in die Kassen spülen und alle glücklich machen: Eigentümer wie Mitarbeiter.
Vorbild ist Ferrari. 2015 von Fiat abgespalten haben die Aktien der roten Flitzer an der Börse einen Geschwindigkeitsrausch hingelegt. Davor hatte es beinahe ein halbes Jahrhundert lang einen gemeinsamen Weg gegeben. 1969 war Fiat mit 50 Prozent beim kriselnden Sport-und Rennwagenbauer eingestiegen, 1988 wurde der Anteil auf 90 Prozent erhöht. 2015 ging Ferrari an die Börse, die Aktie erzielte seither dank glänzender Marke und satter Rendite 365 Prozent Zuwachs. So etwas hätte man bei VW jetzt auch gerne im Stall.
Und eigentlich haben die Wolfsburger es auch. Wie bei Ferrari ist bei Porsche die Rendite mit durchschnittlich um die 15 Prozent deutlich stärker, als im übrigen VW-Konzern, wo die Marken sehr unterschiedlich abschneiden. Den Spitzenplatz, den Porsche als ertragsstärkste Tochtermarke für sich beanspruchte, ist erst im vergangenen Jahr offiziell von der VW-Tochter mit dem klangvollen italienischen Namen Lamborghini erobert worden. „Wir haben im vergangenen Jahr eine Umsatzrendite von 20,2 Prozent erreicht“, sagte Lamborghini-Vorstandschef Stephan Winkelmann jüngst. Porsche kam auf satte, aber vergleichsweise bescheidener16,5 Prozent. Innerhalb des VW-Konzerns gehört die italienische Marke zur Gruppe der Premiummarken, die von Audi geführt wird und zu der auch Bentley sowie der Motorradhersteller Ducati gehören. Bis zum Jahr 2030 soll die operative Rendite bei Lamborghini auf 25 Prozent steigen. Das entspräche ungefähr Ferrari Niveau, was in der Autobranche als Topwert für einen Hersteller gilt. Sollte also nicht besser Lamborghini an die Börse? Die Manufaktur ist zu klein, um wirklich viel Geld in die Kasse zu spülen. 8400 verkaufte Autos in 2021 sind eine deutlich geringere Hausnummer als die 300 000 Autos, die unter der Marke Porsche vom Band gelaufen sind.
Am unteren Ende der Rendite-Skala im VW-Konzern rangiert Seat. Die operative Rendite der Marke ging im Jahr auf minus 3,7 Prozent zurück. Die Spanier verlieren Geld mit jedem Auto, das sie verkaufen. Was als VW-Konzern an der Börse landet, ist also eine Mischung aus Superrendite- und Verlustbringern. Eine der Topmarken – nämlich Porsche - auszugliedern, dürfte zumindest für diese Marke und ihre Anleger lukrativ sein. Auf 80 bis 90 Milliarden Euro taxieren Analysten den Wert der deutschen Sportwagenikone.
Die neuen Porsche-Aktien sollen jeweils zur Hälfte in Stamm- und Vorzugsaktien unterteilt werden. Bis zu 25 Prozent der Vorzüge, die nicht stimmberechtigt sind, sollen direkt an der Börse platziert werden, weitere 25 Prozent erhält die jetzt bereits existierende und an der Börse gehandelte Porsche Holding. Sie ist nicht mit dem Autobauer Porsche zu verwechseln. Die Familien Porsche und Piech haben hier ihre 53,3-Prozent-Beteiligung am VW-Konzern gebündelt. Durch einen Börsengang des Sportwagenbauers erhält die Familie einen direkten Zugriff auf die Porsche AG.
Die Aktie der Holding könnte einen deutlichen Wertzuwachs erleben, wenn Porsche an die Börse geht. Sie hat in den vergangenen Monaten bereits erheblich besser abgeschnitten als die Volkswagen-Aktie. Seitdem VW Anfang vergangener Woche bekräftigte, am Börsengang im vierten Quartal festhalten zu wollen, ging es noch einmal mehr als zwölf Prozent bergauf. Die Holding hat, wenn Porsche an die Börse geht, künftig beide Titel im Portfolio und kann gar nicht zu den Verlierern gehören, glauben die Analysten.
Den erwarteten Geldsegen will der Mutterkonzern in die Entwicklung weiterer Elektromodelle stecken. Anleger können also, wenn es gut läuft, mehrfach profitieren: Durch eine Beteiligung an der Holding, durch eine Investition in die Sportwagenmarke selbst. In ihr steckt Potenzial, sie verkaufte im vergangenen Jahr 14 Prozent rein elektrische Sportwagen und liegt damit europaweit vorne. Jedes neue Modell wird ihr aus den Händen gerissen.
Der Mutterkonzern profitiert am Ende, weil er durch den Börsengang der Tochter Geld für Neuentwicklungen erhält, was ihm auch an der Börse weiterhilft. Besonders augenfällig ist der Nutzen für die Beschäftigten, den die Arbeitnehmervertreter um Betriebsratschefin Danilela Cavallo ausgehandelt haben. Zusammen mit dem Land Niedersachsen können sie Beschlüsse im Aufsichtsrat blockieren, weshalb ihr Plazet wichtig war. In einem Eckpunktepapier zum Börsengang ist nun festgehalten, dass ein Teil der Erlöse in deutsche Werke und den beschleunigten Umbau zur E-Mobilität fließen soll, was gut für die Beschäftigung ist. Darüber hinaus gibt es handfeste Zahlungen: 2000 Euro soll jeder der 130000 Mitarbeiter in der Volkswagen AG und der VW Sachsen GmbH bekommen, wenn Porsche tatsächlich an die Börse geht. Rein rechnerisch summiert sich das auf 260 Millionen Euro. Wie viel Geld für Investitionen im VW-Konzern übrig bleibt, hängt von der Bewertung ab, die Porsche an der Börse erzielt. Kommen die geschätzten 90 Milliarden Euro zusammen fließen dem Konzern über den Verkauf von Stammaktien an die Familien und die geplante Platzierung eines Viertels der Vorzugsaktien am Markt rund 23 Milliarden Euro zu. Abzüglich der Sonderdividende und Mitarbeiterbeteiligungen blieben etwa elf Milliarden Euro.
Wer sich zu Weihnachten also keinen Porsche leisten kann, legt sich möglicherweise die Aktie unter den Christbaum. Die Lieferzeiten werden deutlich kürzer sein.
Oliver Stock
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