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Rainbow-Zertifikate: Automatisierte Trüffelschweine

Ob Anlageentscheidungen richtig waren, stellt sich in der Regel erst im Nachhinein heraus. Mit Rainbow- Zertifikaten lässt sich das Problem des richtigen Einstiegszeitpunkts umgehen - am Ende der Laufzeit wird automatisch die Anlageform mit der besten Performance am stärksten gewichtet.

BÖRSE am Sonntag

Auf diese Weise werden Anleger nachträglich so gestellt, als hätten sie den Schwerpunkt bereits von Anfang an auf die zukünftig erfolgreichsten Assets oder Assetklassen gelegt. Die Papiere versprechen also im Grunde nicht mehr und nicht weniger, als immer zur rechten Zeit am richtigen Markt investiert zu sein.

Am besten von allem etwas

Zu diesem Zweck wird das Kapital auf verschiedene Basiswerte – häufig drei – aufgeteilt. Dabei kann es sich beispielsweise um drei Aktienindizes, drei Indizes aus unterschiedlichen Anlageklassen (z.B. Aktienindex, Rentenindex, Rohstoffindex) oder aber auch um drei Fonds handeln. Zunächst werden die Basiswerte und die Auszahlungsstruktur für das Laufzeitende festgelegt. Letztere könnte beispielsweise wie folgt aussehen: Am Laufzeitende geht die Entwicklung des besten Basiswertes mit 60%, die des zweitbesten mit 30% und die des schlechtesten mit 10% in die Ermittlung des Rückzahlungsbetrages ein. Ziel ist es, über eine möglichst breite Diversifizierung das Anlagerisiko zu senken. Besonders interessant sind solche Konstruktion, die Basiswerte kombinieren, die wenig oder idealerweise negativ korreliert sind – sich also gegenläufig entwickeln. Dies funktioniert in der Regel zum Beispiel für Aktien und Staatsanleihen: Steigen die Aktienkurse, sinken meist die Kurse für die Anleihen und umgekehrt. Aufgrund der nunmehr seit über einem Jahr andauernden Turbulenzen an den Finanzmärkten geht aber auch bei den Rainbow-Zertifikaten der Trend klar zu mehr Sicherheit, sprich einer Kapitalgarantie. Unter beiden Gesichtspunkten erscheint besonders interessant ein neues Produkt aus dem Hause JPMorgan.

Sicherheit geht vor

Die Amerikaner emittierten kürzlich die sogenannte Konjunkturzyklus-Anleihe (WKN: JPM9T8), die es dem Anleger erlaubt, mit einem kapitalgarantierten Investment auf drei Szenarien zu spekulieren. Zu diesem Zweck liegen der Anleihe drei Körbe mit den bezeichnenden Namen Aufschwung, Rezession und Stagflation zugrunde. Mit 60% größter Posten im letzten Korb ist beispielsweise der Eurozone HICP Ex Tobacco-Index, mit dem die Europäische Zentralbank die Inflation misst. Ergänzt wird der Korb durch Gold- und Ölindizes. Im Gegensatz dazu ist der größte Posten im Rezessionskorb mit 60% der JP Morgan Eurozone Government Bonds Index. Die Performanceberechnung erfolgt über sechs jährliche Beobachtungstage. An jedem dieser Stichtage wird die Wertentwicklung der drei Körbe seit dem anfänglichen Bewertungstag festgestellt und die jeweils beste Performance geht in die Berechnung des Rückzahlungsbetrages ein. Am Ende der Laufzeit wird aus den sechs berücksichtigten Wertentwicklungen das arithmetische Mittel gebildet, das zusammen mit dem eingesetzten Kapital den Rückzahlungsbetrag ergibt. Kommt am Ende der Laufzeit rechnerisch eine negative Wertentwicklung heraus, würde die Kapitalgarantie greifen. Wer sich für Rainbows interessiert, sollte aber auch einen Blick auf die sich bereits am Markt befindlichen Produkte werfen, um ein Gefühl für die Produkte zu bekommen.

Erprobtes Konzept

So unterscheidet sich das von HSBC Trinkaus & Burkhardt emittierte Best of Three-Zertifikat (WKN: TB1EHN) trotz der Rainbow-Struktur deutlich von dem oben vorgestellten Produkt. Basiswerte sind hier zum einen drei Aktienindizes: der DJ-EUROSTOXX 50, der S&P BRIC 40 und der CECEEUR. Zum anderen wird die Wertentwicklung bei diesem Produkt vierteljährlich ermittelt und am Laufzeitende aus den insgesamt zwanzig Quartalsergebnissen der Durchschnittswert ermittelt. Der Index mit der besten durchschnittlichen Wertentwicklung geht mit 50% in die Berechnung ein, der zweitbeste Index mit 30% und der dritte mit 20%. Der Anleger partizipiert lediglich mit 75% an der gewichteten durchschnittlichen Wertentwicklung. Sollte diese negativ sein, greift auch hier eine Kapitalgarantie und der Anleger erhält das Nominalkapital zurück. Momentan liegt das Papier nicht nur rund 14% im Minus, sondern hat auch stärker verloren als der DAX. Dass die Regenbogenpapiere trotzdem durchaus ihre Berechtigung haben, lässt sich an dem bereits 2004 von Goldman Sachs emittierten Rainbow Zertifikat Garant (WKN: 392901) ablesen. Mit dem Zertifikat partizipiert der Anleger an der Entwicklung der drei Assetklassen Aktien, Renten und Rohstoffe, die durch die Indizes EURO STOXX 50, REX Performance Index und GSCI Excess Return Index dargestellt werden. Nahezu über die gesamte bisherige Laufzeit wäre ein ausschließliches Investment in den EURO STOXX 50 deutlich profitabler gewesen. Doch während der EURO STOXX 50 von der Finanzkrise in den letzten Wochen ins Minus gerissen wurde, notiert das Rainbow-Papier weiterhin deutlich im Plus (+17%).

Auszahlungsstruktur

Um die Schwankungen der einzelnen Assets während der Laufzeit auszugleichen, werden in der Regel nicht nur die Kurse der Basiswerte zum Fälligkeitstag zugrunde gelegt. Stattdessen wird die Kursentwicklung der Basiswerte an definierten Stichtagen festgehalten (asiatische Performanceberechnung) und aus diesen die durchschnittliche Performance über die Gesamtlaufzeit errechnet. Dadurch wird eine Glättung der Ergebnisse erreicht, die sich insbesondere in sehr volatilen Märkten vorteilhaft auswirkt. Negativ bemerkbar macht sich die Durchschnittsbildung dagegen in konstant steigenden Märkten: Hier führt sie im Vergleich zu der Betrachtung der täglichen Kurse zu einer niedrigeren Rendite. Bei vergleichbaren Basiswerten lassen sich daher bei weiter auseinander liegenden Stichtagen in der Regel höhere Partizipationsraten darstellen. Eine geringere Korrelation der Underlyings untereinander macht das Rainbow-Konstrukt für den Emittenten und damit letztlich für den Anleger ebenfalls günstiger.

Komplexe Konstruktion

Wie viele andere Zertifikattypen können sich Rainbows in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung erheblich unterscheiden. Neben einer Vielzahl unterschiedlicher Kombinationen von Underlyings sind auch vollkommen unterschiedliche Gewichtungen beziehungsweise Auszahlungsstrukturen erhältlich. So werden zum Beispiel auch Papiere angeboten, bei denen am Ende nur die stärkste Anlageform berücksichtigt wird. Aufgrund der Funktionsweise ist eine direkte Investition in die zugrundeliegenden Assets natürlich nicht möglich, sondern basiert auf einer Optionsstruktur. Das wiederum macht die Berechnung des Wertes eines Rainbow-Zertifikats während der Laufzeit sehr kompliziert, da das mathematische Modell mit sich täglich ändernden Faktoren gefüttert werden muss. Neben den Kursen und der Volatilität der Basiswerte handelt es sich dabei unter anderem um das Zinsniveau, die Entwicklung der Dividenden, die Korrelation der Assets untereinander sowie bei währungsgesicherten Produkten die Zinsdifferenz zwischen den maßgeblichen Währungen.

Fazit

Besonders vorteilhaft ist die Rainbow- Struktur bei einer sehr differenzierten Entwicklung der Basiswerte. Daher sollten Produkte bevorzugt werden, die sich auf verschiedene Assetklassen beziehen. Tritt eine solch deutlich unterschiedliche Wertenentwicklung der Basiswerte ein, kann sich zudem ein Vorteil gegenüber einer Direktinvestition ergeben. Eine solche Outperformance ist jedoch nicht das eigentliche Ziel dieser Zertifikatgattung. Vielmehr handelt es sich um ein Konstrukt, das bei geringem Risiko Renditen oberhalb von Staatsanleihen ermöglichen soll. Rainbow- Zertifikate eignen sich daher für konservative Anleger, die das Geld bis zum Laufzeitende nicht benötigen. Neben der Laufzeit und den Basiswerten sollten Anleger insbesondere auf die Art und Weise der Performanceberechnung und auf den Grad der Partizipation achten.