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Steve Ballmer gibt Chefsessel bei Microsoft auf

Nach mehr als 13 Jahren an der Konzernspitze von Microsoft zieht sich Steve Ballmer zurück. Er hat den Software-Hersteller für das Zeitalter der mobilen Geräte umgebaut, hinterlässt aber viele offene Baustellen.

BÖRSE am Sonntag

Es ist keine schmeichelhafte Reaktion für Steve Ballmer: Als Microsoft am Freitag überraschend ankündigte, dass der Firmenchef innerhalb der nächsten zwölf Monate zurücktritt, schoss der Aktienkurs des Software-Herstellers kräftig nach oben - um knapp sieben Prozent allein am vergangenen Freitag. Die Anleger glauben offenbar, dass der Konzern die enormen Herausforderungen ohne dem impulsiven Manager besser meistern kann. Ein Sonderausschuss soll nun im Auftrag des Verwaltungsrates einen Nachfolger suchen – auch Firmengründer Bill Gates beteiligt sich daran. „Es gibt niemals den perfekten Zeitpunkt für einen solchen Übergang, aber jetzt ist der richtige Zeitpunkt“, erklärte Ballmer in der Mitteilung. Microsoft brauche einen Chef, der für längere Zeit den Wandel zu einem Unternehmen für Geräte und Dienstleistungen begleiten werde. „Das zu tun, ist aufwühlend und schwierig für mich“, ließ der 57-Jährige die Mitarbeiter in einer internen E-Mail wissen. Er unternehme diesen Schritt aber im besten Interesse der Firma.
Microsoft steckt derzeit in einer schwierigen Übergangsphase. Getragen vom Erfolg seiner Windows-Betriebssysteme wurde das Unternehmen zu einer dominierenden Kraft im PC-Markt. Doch in den vergangenen Jahren verpasste der Konzern den Anschluss – an Google, das heute im Internet eine dominante Kraft ist; und an Apple, das mit iPhone und iPad die IT-Branche umkrempelte. 2007 verstieg sich Ballmer in die Aussage, das iPhone werde sich nicht sonderlich verkaufen. Sie steht stellvertretend dafür, dass Microsoft die Zeichen der Zeit zu spät erkannte. Nach Meinungen der Beobachter hat Microsoft zu lange auf seine monopolistische Stellung und auf das bewährte Softwaregeschäft vertraut. In den folgenden Jahren verschlief Microsoft die Innovationen, die Apple mit iPod und iPhone veröffentlichte und verlor den Status als wertvollste IT-Marke an den Konkurrenten. Das US-Magazin Forbes kürte Ballmer zum schlechtesten CEO einer amerikanischen Firma, da er sein Unternehmen „im Alleingang aus einigen der am schnellsten wachsenden und lukrativsten Märkte – Smartphones, Tablets– heraus gesteuert“ habe.

Mühsames Rudern – zurück ins Fahrwasser

Microsoft tat in den vergangenen Jahren durchaus viel, um sich auf die Welt der mobilen Computer einzustellen. Der Konzern überarbeitete sein Mobilfunk-Betriebssystem, machte Windows tauglich für Tablet-Computer und modernisierte seine Internet-Dienste. Und erst im vergangenen Monat krempelte Ballmer die Struktur des gesamten Konzerns um, um die Entwicklung von Hardware und Diensten zu beschleunigen. 2012 brachte der Software-Hersteller Windows 8 heraus, das für die Bedienung per Touchscreen optimiert ist und somit auch auf Tablet-Computern läuft. Zudem baut der Konzern seitdem mit dem Surface erstmals einen eigenen Computer. Das Handy-Betriebssystem Windows Phone überarbeitete Microsoft bereits in den Vorjahren. Mehrere Kartellrechtsverfahren in den USA und Europa zwingen Microsoft jedoch zu hohen Geldstrafen. Umsatz und Gewinn von Microsoft schrumpfen, Stellen werden gekürzt.
Die Erfolge lassen aber auf sich warten. Während Microsoft die PC-Welt dominiert, erreicht das Smartphone-Betriebssystem Windows Phone nur 3,3 Prozent Marktanteil. Daran ändert auch die Allianz mit Nokia nichts. Mit Windows 8 zog sich Microsoft die heftige Kritik der Nutzer auf sich, die mit der neuer Oberfläche nicht klarkamen. Das Unternehmen bringt deswegen im Herbst ein Update heraus, die einige Schwächen ausbessern soll. Und der eigene Tablet-Computer Surface RT verkaufte sich so schlecht, dass Microsoft eine 900 Millionen Dollar kürzlich teure Abschreibung vornehmen musste. Angesichts dieser Schwierigkeiten geriet Ballmer in der Vergangenheit immer wieder unter Druck. 2011 forderte etwa der Hedgefonds-Manager David Einhorn den Rücktritt des Microsoft-Chefs. Ballmer stecke in der Vergangenheit fest, lautete schon damals die Kritik.

Ein bis in die Wolle gefärbter „Microsoftie“

Ballmer ist ein bis in die Wolle gefärbter „Microsoftie“. Er schloss sich dem Unternehmen 1980 an, als es gerade fünf Jahre alt war – der Manager war der 30. Mitarbeiter. Gründer Bill Gates kannte er von der Universität Harvard, wo er Mathematik und Wirtschaft studierte. Gates war der Techniker, Ballmer der Geschäftsmann. Als sich Gates im Jahr 2000 zurückzog und seiner Stiftung widmete, übernahm Ballmer, der zuvor diverse Führungspositionen inne gehabt hatte.
Der Manager, dessen Vater Schweizer war, ist berühmt für seine impulsiven Auftritte – intern wie extern. Als ein Mitarbeiter ihm mitteilte, dass er zu Google wechsle, soll Ballmer einen Stuhl durch den Raum geworfen und Google-Manager Eric Schmidt mit wüsten Beschimpfungen belegt haben. Bei einer Pressekonferenz sprang er über die Bühne wie ein wilder Stier und schrie: „I love this company!“ – ich liebe diese Firma. Das Video ist heute Kult.
Wer Ballmers Job übernimmt, ist unklar. Sowohl interne als auch externe Kandidaten kämen infrage, teilte Microsoft mit. Doch die Riege der Stars aus der zweiten Reihe bei Microsoft hat sich gelichtet: Chef-Softwarearchitekt Ray Ozzie verließ 2010 frustriert das Unternehmen, Windows-Chef Steve Sinofsky ging im vergangenen November. Um seine Rente muss sich Ballmer übrigens keine Sorgen machen, der Erfolg der Firma hat ihn reich gemacht: Das Wirtschaftsmagazin Forbes beziffert sein Vermögen auf 15,2 Milliarden Dollar. Handelsblatt / Christof Kerkmann

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