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Strack-Zimmermann: EU-Bürokratie gefährdet Sicherheit

Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (l.) im Talk mit Verlegerin Christiane Goetz-Weimer auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel (Foto: WEIMER MEDIA GROUP).

Die FDP-Verteidigungspolitikerin und Spitzenkandidatin für die Europawahl Marie-Agnes Strack-Zimmermann äußert sich beim Ludwig-Erhard-Gipfel um Nahost-Konflikt und Putins Krieg gegen die Ukraine und ihre Kandidatur.

Von Olaf Hürtgen

Die Opposition, angefangen bei der Union, und auch die Medien bekamen Rügen zu hören. Mit ihren grünen Koalitionspartnern ging FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hingegen recht verträglich um. Beim 10. Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee ließ sich die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags von Verlegerin Christiane Goetz-Weimer einvernehmen. „Weimers Klartext“ lautete der Titel, und vor klaren Aussagen schreckte die resolute Politikerin erwartungsgemäß nicht zurück.

Recht auf Selbstverteidigung

Dass sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) soeben bei ihrem Israel-Besuch von Premier Benjamin Netanjahu eine „richtige Watsche“ abgeholt habe, wie Goetz-Weimer Medienreaktionen zitierte, wollte Strack-Zimmermann so nicht stehen lassen. Denn dass sich die Grünen-Ministerin gerade im Nahen Osten so stark engagiere, solle man ihr nicht vorwerfen. Und dass in Israel „nicht jeder in die Hände klatscht“, wenn deutsche Politiker sich zu dem Krieg in Gaza äußerten, sei Baerbock sicher klar gewesen. Ihre klare Positionierung ging dann so: Israel habe das Recht auf Selbstverteidigung.

Gleichwohl sei Israel schon „vor der Oktober-Tragödie“, also dem Hamas-Terrorschlag, gespalten gewesen, so die Liberale unter Verweis auf die damaligen landesweiten Proteste gegen die Justizreformen. Und wenn der aktuelle Krieg zu Ende sei, werde die Regierung sicher der eigenen Bevölkerung erklären müssen, wie „konnte es überhaupt passieren, dass die Hamas diese Grenze von Gaza nach Israel überrollt hat“. Darum müsse Netanjahu davon ausgehen, dass der Krieg „seine letzte Amtshandlung“ sei. Wohl auch deswegen nehme er ungern Ratschläge an.

Deutscher Airbus unterstützt

Strack-Zimmermann unterstrich, beim „ersten direkten Angriff“ des Irans, „der ja sonst immer seine Proxies von der Kette lässt“, habe zu Israel „eine Koalition gestanden“, von westlichen, aber auch arabischen Staaten. Ob auch Deutschland so „Kriegspartei“ werden müsse, wie es Frankreich in gewisser Weise bei der Abwehr der iranischen Raketenangriffe auf Israel gewesen sei? Strack-Zimmermann antwortete mit dem Hinweis, dass die Bundeswehr in Jordanien ein Tankflugzeug des Typs Airbus A400M stationiert hatte, „was die französischen Maschinen betankt hat, die wiederum im Einsatz waren“. Deswegen sei aber keines dieser Länder, die Israel unterstützt haben, „jetzt im Krieg mit dem Iran“.

Von dort schlug die Bundestagsabgeordnete den Bogen zu Kiew: „Spannender finde ich die Frage, wieso können wir, Europäer und andere Staaten, nicht so vehement ein Land unterstützen“, nämlich die Ukraine, „wie jetzt Israel unterstützt wurde? Warum sind wir da nicht und wehren einen völkerrechtswidrigen Angriff ab?“ Das gab erstmalig Beifall.

Erfolgreicher Einsatz der „Hessen“

Aber für einen Moment blieb das Gespräch noch im Nahen Osten und bei Berichten über einen angeblichen Munitionsmangel der dort gegen Huthi-Angriffe im Roten Meer eingesetzten Fregatte Hessen. Das wies Strack-Zimmermann entschieden zurück. Die Hessen habe „alles was es brauche und ist auch sehr erfolgreich“, versicherte sie. Entsprechende Artikel würden gleichwohl „Mütter, Väter, Ehepartner“ der dort eingesetzten Soldaten massiv verunsichern: „Dann steht in der Zeitung, ‚Die Munition geht aus‘, was übrigens alles nicht gestimmt hat.“ Sie sei „ein wenig irritiert und entsetzt darüber, was wir hier alles diskutieren“. Bei aller Wichtigkeit von Transparenz „gehört nicht alles ins Fernsehen und nicht alles in die Zeitung“. Es gab erneut Beifall. Ist das Ausrüstungsproblem der Bundeswehr also am Ende nur eine Medienente? Strack-Zimmermann setzte noch eins drauf: „Ich sag’ immer, bei uns muss niemand spionieren“, es würde ja alles offen im Fernsehen diskutiert.

Zu einer möglichen militärischen Reaktion Israels auf die iranischen Raketenangriffe äußerte sich die Abgeordnete erneut klar: Sie hoffe, „dass Israel so klug ist“ und „sich zurückhält“, weil an einem Flächenbrand im Nahen Osten, „dicht vor unserer Haustür“, nur diejenigen Interesse hätten, die Europa schaden wollten.

Radikale rechts und links gegen die EU

Die Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahlen im Juni kritisierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die dem Thema „Sicherheit“ zu wenig Aufmerksamkeit widme, was man „von einer ehemaligen Verteidigungsministern ja wohl hätte erwarten können“. Dabei gehe es nicht nur um das Militärische, sondern auch um „brutale bürokratische Hemmnisse“ und „diese Regelungswut“, die der Wirtschaft in den Weg gelegt würden: „Wir wollen Sicherheit. Aber Sicherheit kostet Geld, und zwar viel Geld.“ Doch „wie wollen wir die Sicherheit garantieren, wenn wir gar nicht mehr die wirtschaftlichen Mittel haben“. Erst komme „eine funktionierende Wirtschaft, und dann kann man mit den Mitteln auch eine funktionierende Sicherheit aufbauen“. Erneut Beifall. Wäre sie Kommissionspräsidentin, würde sie zuerst prüfen, welche Vorschriften wegfallen können: „Für eine neue Regelung drei alte raus.“

Welches Ziel sie ihrer Partei für die Europawahl setze? Die bekennende Düsseldorferin verwies auf den in ihrer Heimat weltberühmten Kräuterlikör Killepitsch, der habe 42 Prozent, „und ich finde, das ist doch mal ein gutes Limit“. Dann bemühte sich die als „Oma Courage“ bezeichnete Abgeordnete, den Witz wieder einzufangen, sonst würden die „42 Prozent eine Schlagzeile“ und dann heiße es, „Strack-Zimmermann bereits betrunken“.

EU als größtes Friedensprojekt

Sie wurde wieder ernst, als sie sich AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vornahm, die beide gegen die EU agierten. Dabei sei die Europäische Union „bei allen Schwächen“ dennoch „das größte Friedensprojekt, das größte Wirtschaftsprojekt, das größte Rechtsstaatsprojekt“ sei.

Ganz am Schluss bekamen die koalierende Kanzlerpartei SPD und die opponierende Partei, die den nächsten Kanzler stellen möchte, die CDU noch einmal den Unmut der Liberalen zu spüren. Den Sozialdemokraten grollt die Politikerin, weil der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich vorgeschlagen hatte, den Ukraine-Krieg „einzufrieren“. Man könne auch einen Hundehaufen einfrieren, aber wenn der wieder auftaue, sei er wieder ein Hundehaufen. Und der Union nahm sie übel, dass aus der Fraktion nach dem iranischen Angriff gegen Israel „mit Verlaub diese Regierung angepinkelt“ worden sei in Form der Kritik, „dass die Bundesregierung immer noch Handel mit dem Iran betreibe“. Der Vorwurf sei zwar richtig, aber dann müsse man auch erinnern, wer in der jüngeren Vergangenheit regiert habe. Sie erwarte, „dass Demokraten in solchen Situationen zusammenstehen“, um die radikalen Parteien kleinzuhalten, lautete Strack-Zimmermanns Appell.

Sie können den Ludwig-Erhard-Gipfel live unter www.leg-live.de verfolgen. Den Ticker zum Gipfel finden Sie hier.