Sturmsignale aus den USA
Aus einer exklusiven Umfrage ergeben sich Hinweise, dass die Kurse deutscher Aktien bald weiter steigen werden. Doch der amerikanische Aktienmarkt signalisiert etwas ganz anderes. Der Angst-und-Gier-Index weist einen extremen Ausschlag des Pendels auf. Dieses Pendel wird irgendwann zurückkommen.
Aus einer exklusiven Umfrage ergeben sich Hinweise, dass die Kurse deutscher Aktien bald weiter steigen werden. Doch der amerikanische Aktienmarkt signalisiert etwas ganz anderes. Der Angst-und-Gier-Index weist einen extremen Ausschlag des Pendels auf. Dieses Pendel wird irgendwann zurückkommen.
Noch vor einer Woche schrieb Börsenexperte Stephan Heibel: „Ich würde nicht mehr kaufen“. Er hielt am vergangenen Montag weder eine fulminante Fortsetzung der Rallye noch einen katastrophalen Einbruch für wahrscheinlich. Tatsächlich endeten die Kursgewinne der vergangenen Wochen in den ersten Handelstagen mit einem Rücksetzer beim Dax in Höhe von drei Prozent. Doch schon am Mittwoch kam wieder Kaufinteresse auf, das die anfänglichen Verluste wieder ausglich. Die Wochenbilanz ergab ein Plus von 0,3 Prozent.
Basis für Heibels Einschätzungen ist die wöchentliche Handelsblatt-Umfrage unter mehr als 2.300 Anleger zur Ihrer Einschätzung der aktuellen Börsenlage. Die Ergebnisse bewertet anschließend der Inhaber des Analysehauses Animusx und bietet Anlegern dadurch Orientierung für die Geldanlage. Das neue Umfrageergebnis dieser Woche zeigt dabei: Dieser Rücksetzer Anfang der vergangenen Woche hat das Sentiment sehr vorteilhaft beeinflusst. Die aktuelle Stimmungslage hat einen ordentlichen Dämpfer erhalten, die Zuversicht über künftige Kursgewinne ist jedoch gestiegen. Vorteilhaft deswegen, weil bei schlechter Kurzfriststimmung und Optimismus für die Zukunft Anleger weniger bereit sind, ihre Aktien zu verkaufen.
Nur noch 16 Prozent der Befragten, ein Minus von zehn Prozent gegenüber der Vorwoche, sehen in der aktuellen Dax-Entwicklung einen Aufwärtsimpuls, weitere 15 Prozent, fünf Prozentpunkte weniger, eine Topbildung. Die meisten Anleger sehen in dem Rücksetzer den Beginn einer Seitwärtsbewegung (plus zehn Prozentpunkte auf 53 Prozent), immerhin elf Prozent (plus vier Prozentpunkte) fürchten gar den Beginn eines anhaltenden Abwärtsimpulses. Damit ist das Sentiment von zuvor plus 1,9 Prozent auf plus 0,5 Prozent abgesackt und liegt damit im neutralen Bereich.
Eine Meinung traut sich inzwischen kaum noch jemand zu. Nur zehn Prozent geben an, auf diesen Rücksetzer spekuliert zu haben, nur sieben Prozent wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Mit 53 Prozent fühlen sich die meisten in ihrer allgemeinen Markterwartung mehr oder weniger bestätigt, weitere 30 Prozent sehen ihre Erwartungen kaum erfüllt. „Selbstzufriedenheit sieht anders aus, die Anleger sind leicht unzufrieden mit ihren Einschätzungen“, lautet Heibels Fazit zu Antworten auf diese Frage.
Positive Entwicklung der Investitionsbereitschaft
Viel zu schnell halten nach Einschätzung des Börsenexperten die Umfrageteilnehmer den Rücksetzer für die Basis weiterer Kursgewinne. Für den Dax sehen 39 Prozent in drei Monaten einen Aufwärtsimpuls, lediglich 19 Prozent fürchten einen weiteren Abwärtsimpuls. Auch eine Seitwärtsbewegung hält nur noch jeder Dritte für sehr wahrscheinlich. So optimistisch waren Anleger zuletzt in der Woche vor der Brexit-Entscheidung Mitte Juni.
Entsprechend hat sich die Investitionsbereitschaft der Anleger positiv entwickelt. Jedoch nicht durch einen Anstieg der Kaufbereitschaft, die ist um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent gesunken. Sondern durch einen Rückgang der Verkaufsabsicht um fünf Prozentpunkte auf 17 Prozent. Inzwischen wollen 62 Prozent (plus sechs Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche ) in den kommenden zwei Wochen vorerst keine Transaktionsentscheidungen treffen, sondern erst einmal abwarten.
Dieser Rückgang der Verkaufsbereitschaft könnte den Aktienmarkt beeinflussen. Es reicht schon aus, dass es nur noch wenige Verkäufer gibt, um die Kurse steigen zu lassen. Dann reichen wenige verbliebene Käufer für höhere Kurse. „Vor dem Hintergrund des dünnen Handelsvolumens in diesen Sommerwochen ist es durchaus möglich, dass diese Stimmungslage bereits für höhere Notierungen ausreicht“, erläutert Heibel.
Besonders auffällig ist das aktuelle Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart. In den vergangenen zwölf Monaten haben sich Anleger niemals so stark gegen fallende Kurse abgesichert wie in dieser Woche. Sollten die Kurse nun wieder steigen, stehen die Anleger unter Druck, ihre Absicherungspositionen aufzulösen. Das dürfte die Kurse weiter steigen lassen.
Auch Joachim Goldberg, der das Sentiment der Frankfurter Börse auswertet, interpretiert die aktuell vorsichtige Stimmungslage als gute Basis für baldige Kurssteigerungen. Allerdings geht er lediglich von kleinen Schwankungen aus, die kaum eine nachhaltige Richtung vorgeben würde, sofern nicht neues Interesse aus dem Ausland hinzukäme.
Extreme Gier in den USA
In den USA hat der Rücksetzer noch kaum zu einer Abkühlung des Sentiments geführt: Der dortige „Angst-und-Gier-Index“ notiert mit 80 Prozent noch immer im Bereich der extremen Gier und mahnt zur Vorsicht. Institutionelle Anleger in den USA haben ihre Engagements leicht von 101 Prozent mit einigen gehebelten Produkten auf 93 Prozent zurückgefahren, sind damit jedoch nach wie vor extrem hoch investiert. Beide Zahlen sind Kontraindikatoren, weil sie darauf hindeuten, dass es nur noch wenige Käufer gibt, die nach Rückgängen an den Börsen die Kurse wieder steigen lassen können. Börsenbriefschreiber und Blogger geben dementsprechend mit 48 Prozent noch immer meist Kaufempfehlungen aus.
Auffällig anders ist das Sentiment der US-Privatanleger. Sie verbleiben mit nur 29,8 Prozent, die steigenden Kurse erwarten, im Verhältnis sehr vorsichtig. Ähnlich ist die Stuimmung in dieser Gruppe für Deutschland. Für Heibel ist ein heftiger Ausverkauf aufgrund der überaus vorsichtigen Stimmung auch unter den Anlegern in Deutschland vorerst nicht zu fürchten. Vielmehr deute vieles auf schon bald wieder steigende Kurse hin, wenn da nicht die ziemlich euphorische Stimmung im Ausland, insbesondere in den USA wäre. Und der Dax sei für internationale Anleger schon seit langem zu einem Investmentvehikel geworden, das internationale Konjunkturentwicklungen widerspiegelt. „Somit steht das gesund skeptische Sentiment in Deutschland der zu großen Euphorie im Ausland entgegen“, lautet Heibels Bilanz für diese Woche. Handelsblatt / Jürgen Röder