Wahl-Wahnsinn in den USA lässt Tech-Aktien kalt
Die US-Präsidentschaftswahl gerät zur historischen Hängepartie. Damit ist das Szenario eingetreten, wovor sich Marktteilnehmer am meisten gefürchtet hatten. Dennoch steigen die Kurse von Technologieaktien rasant. Sollten Anleger die Füße noch stillhalten? Oder drohen sie eine Jahresendrally zu verpassen?
Die US-Präsidentschaftswahl gerät zur historischen Hängepartie. Damit ist das Szenario eingetreten, wovor sich Marktteilnehmer am meisten gefürchtet hatten. Dennoch steigen die Kurse von Technologieaktien rasant. Sollten Anleger die Füße noch stillhalten? Oder drohen sie eine Jahresendrally zu verpassen?
Es ist die von vielen erwartete Zitterpartie geworden. Ein tief gespaltenes Amerika wählt jeweils zur Hälfte blau und rot. Darüber, ob Donald Trump im Weißen Haus bleibt oder Joe Biden der 46. Präsident der Vereinigten Staaten wird, entscheiden am Ende ein paar tausend Stimmen. Und womöglich dann noch einmal die Gerichte. Bis zu einem endgültigen und amtlichen Wahlergebnis könnte es entsprechend dauern. Auch dann noch, wenn alle Stimmen ausgezählt sind.
Es ist damit genau das Szenario eingetreten, wovor man sich an den Märkten am meisten gefürchtet hatte. Eine Zitterpartie mit ungewissem Ausgang. Umso überraschender geriet die Reaktion an der Wall-Street an den Tagen nach der Wahl. An der Nasdaq explodierten die Kurse. Besonders die großen Tech-Aktien hievten den Index nach einem schwachen September und Oktober im Eiltempo zurück in Richtung Rekordhoch. Facebook-Aktien stiegen allein am Mittwoch um über acht Prozent. Auch die Aktien von Alphabet, Apple, Amazon und Microsoft zogen deutlich an.
Eine verspätete Reaktion der Anleger auf die Ende Oktober vorgelegten Zahlen. Diese waren bei den Tech-Schwergewichten durchweg positiv ausgefallen, konnten Investoren allerdings nicht zum Kauf bewegen. Damit hat sich zweifellos ein gewisses Aufholpotenzial für die Monate nach der Wahl aufgebaut. Dass es jedoch trotz der unklaren Verhältnisse direkt nach dem Wahltag so steil nach oben geht, kam unerwartet.
Investoren blicken vor allem auf den Senat
Schnell fiel da der Blick auf den Senat. Die ersten Hochrechnungen deuteten darauf hin, dass die Republikaner dort die Mehrheit behalten konnten. Damit könnte Joe Biden bei einem Einzug ins Weiße Haus Steuererhöhungen wohl kaum durchsetzen. Und auch eine Aufspaltung der großen Tech-Konzerne, mit der besonders die Demokraten liebäugeln, wäre wohl zunächst vom Tisch. Überhaupt würde es für Joe Biden so ungleich schwieriger, die Reformen mit denen er Wahlkampf machte, durchzubringen.
Erstaunlich nur, was Anleger so sicher gemacht haben soll, dass den Republikanern tatsächlich die Mehrheit im Senat bleibt. Mit der Auszählung der Briefwahlstimmen holte Joe Biden in den Tagen nach dem offiziellen Wahltag immer weiter auf und gewann Staaten, die von einigen US-Sendern eigentlich schon dem Trump-Lager zugeordnet worden waren. Mit seiner Aufholjagd in Georgia könnte es dort noch zu einer Stichwahl kommen, die über die Mehrheit im Senat entscheiden würde. Aktuell liegen die Republikaner nur mit zwei Sitzen vorn. „Vielleicht kristallisiert sich am Ende aufgrund des parteipolitisch gespaltenen US-Kongresses heraus, dass es weder drastische Steueranhebungen noch einen heftigen neuen Handelskrieg mit der Europäischen Union und China geben wird. Ein solches Patt könnte den Vorteil haben, dass die US-Politik moderater gestaltet wird, egal, wer am Ende diese Wahl gewinnt“, schrieb Jochen Stanzl, Chefanalyst beim Online-Broker CMC Markets.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Auch vier Tage nach der Wahl ist alles noch in etwa genauso unsicher wie zuvor. Das knappe Wahlergebnis zeigt zudem: Die Nation durchzieht ein tiefer Graben, der weiterhin für viel Ungewissheit in der mächtigsten Demokratie der Welt sorgen wird. Ganz unabhängig davon, wie der Präsident heißt. Für die Aktienmärkte ist das eigentlich ein gefährliche Situation. Es scheint aktuell völlig unklar in welche Richtung sich Amerika in den kommenden Monaten und Jahren bewegt.
Anleger sollten sich entsprechend nicht von kurzfristiger Euphorie am Markt leiten lassen. Das Rückschlagrisiko ist erhöht. Dennoch haben gerade viele Tech-Aktien ein erneut starkes Quartal hinter sich und mit den Monaten vor Weihnachten noch bessere Geschäfte in Aussicht. Neue Kursrekorde bei Amazon und Co. sind im Bereich des Möglichen. Allein die Sache mit dem Einstiegszeitpunkt gestaltet sich aktuell sehr schwierig.
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