Unternehmen sind in der Bringschuld
In den USA und Europa ist die Berichtssaison für das erste Quartal beendet. Zwar konnten 71 Prozent der US-Unternehmen ihre Gewinnerwartungen übertreffen. Anlass zu ungetrübter Freude ist das aber nicht. Die tatsächlich erwirtschafteten Gewinne sind überschaubar, die Umsätze leicht rückläufig. Diese Kombination legt nahe, dass vor allem Effizienzsteigerungen für den Erfolg der Unternehmen verantwortlich sind, während es bei den Investitionen nach wie vor hakt.
In den USA und Europa ist die Berichtssaison für das erste Quartal beendet. Zwar konnten 71 Prozent der US-Unternehmen ihre Gewinnerwartungen übertreffen. Anlass zu ungetrübter Freude ist das aber nicht. Die tatsächlich erwirtschafteten Gewinne sind überschaubar, die Umsätze leicht rückläufig.
Diese Kombination legt nahe, dass vor allem Effizienzsteigerungen für den Erfolg der Unternehmen verantwortlich sind, während es bei den Investitionen nach wie vor hakt. Dynamisches Wachstum sieht anders aus. Im Jahresverlauf rechne ich deshalb nicht mit einem Befreiungsschlag in den USA. Die Einschätzungen der Analysten für das Gesamtjahr haben sich in den vergangenen Monaten zunehmend eingetrübt: Die Gewinnerwartungen für den Leitindex S&P 500 fallen 1,1 Prozent niedriger aus als noch vor drei Monaten.
Hauptgrund dürften die niedrigen Öl- und Gaspreise sein, unter denen die Energiebranche und ihre Zulieferer leiden. Dieser Sektor könnte rund 50 Prozent weniger Gewinne erwirtschaften als im vergangenen Jahr. Für den S&P 500 könnte das ein Jahr mit Null-Gewinnwachstum bedeuten. Das hat auch etwas Positives, denn im Umkehrschluss heißt das, dass außerhalb der Energiebranche vergleichsweise ordentliche Gewinne erwartet werden können.
Deutlich geringer als die Energiepreise dürfte sich der starke Dollar auf die Wirtschaft auswirken. Zwar erschwert er die Ausfuhren, indem er US-Produkte im Ausland verteuert. Anders als in Europa spielt der Export für die USA aber keine entscheidende Rolle: Im S&P 500 rund zwei Drittel der Gewinne im eigenen Land erwirtschaftet, im Russel 3000, dem Index mit der höchsten Marktkapitalisierung in den USA, sind es sogar rund 85 Prozent.
Auf unserer Seite des Atlantiks zeichnet sich ein positiveres Bild ab als in Übersee: Mit einem Plus von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigerten europäische Unternehmen ihre Gewinne deutlicher als die amerikanische Konkurrenz. Die Umsätze legten um zwei Prozent zu. Auf den ersten Blick ist das nicht viel – klammert man jedoch die Energiebranche aus, stiegen die Umsätze um beachtliche zehn Prozent.
Mit Blick auf die Gewinnentwicklung in Europa stimmen mich die Gewinnrevisionen nachdenklich.
Seit Jahren erfüllen die Unternehmen nicht die Analystenerwartungen. Während Anfang des Jahres für den Stoxx 600 noch mit Gewinnsteigerungen von 9,6 Prozent gerechnet wurde, stehen für das Gesamtjahr 2015 nur noch 5,5 Prozent im Raum. Bevor dieser Abwärtstrend nicht gestoppt wird, sehe ich keine Veranlassung, die Kursziele für europäische Indizes anzupassen. Helfen könnte in den kommenden Monaten ein weiter fallender Euro, der sich positiv auf die Geschäfte von exportorientierten europäischen Unternehmen und damit insbesondere auf die deutsche Wirtschaft auswirken sollte.
Was bedeuten die durchwachsenen Unternehmenszahlen für Anleger? In den USA könnten aufgrund des starken Dollars die Unternehmen interessant sein, die ihr Geld überwiegend im Heimatmarkt verdienen. Gute Perspektiven könnten auch die IT- oder Healthcare-Branche bieten. Risikobereite Anleger aus dem Euroraum könnten zusätzlich von einer weiteren Aufwertung des Dollars profitieren, vor allem wenn die Fed im Herbst die Zinsen anheben sollte. In Europa dürften neben Konsum auch Exportwerte weiter im Anlegerfokus stehen – etwa aus dem Chemiesektor. Außerdem könnte der spanische Aktienmarkt interessant werden, sobald sich das Wachstum verfestigt.