Verkraften die Finanzmärkte einen Grexit? Chancen & Risiken
Wie würden die Finanzmärkte auf einen Grexit reagieren? Die Anlageexperten Jan-Patrick Weuthen und Manuel Bolkart wägen Chancen und Risiken ab.
Folgen eines Austritts mittelfristig vertretbar
Jan-Patrick Weuthen, Senior-Portfoliomanager der B&K Vermögen AG, Köln
Die jüngsten Befürchtungen, dass infolge eines Austritts Griechenlands eine zweite Finanzkrise oder eine weltweite Kettenreaktion bei Banken entstehen könnte, sind überzogen. Grundsätzlich ist das Problem bekannt. Institutionelle Investoren wie Banken, Versicherungen und Pensionsfonds sollten mittlerweile ihre Risiken durch Verkauf eines Großteils ihres Griechenlandinvestments an die EZB bzw. durch Bildung entsprechender Rückstellungen auf ein Mindestmaß reduziert haben.
Die Ansteckungsgefahren für die südeuropäischen Länder sind ebenfalls zurückgegangen. Die Frühindikatoren Italiens, Spaniens und Portugals haben sich verbessert, der Kreditzyklus hat gedreht und Sparmaßnahmen zeigen Wirkung. Gleichzeitig profitiert die europäische Wirtschaft von den anhaltenden Niedrigzinsen, dem schwachen Euro und günstigen Rohstoffpreisen. Die Unsicherheiten haben in den letzten Wochen bereits zu deutlichen Verkäufen sowohl im Aktien- als auch im Anleihesegment geführt. Die Märkte warten auf Gewissheit bezüglich eines Verbleibs oder eines Austritts Griechenlands. Turbulenzen an den Märkten vor einer Entspannung sind kaum zu umgehen.
Besonders betroffen sind bei einem Austritt natürlich die Griechenlandinvestments, allen voran die Staatsanleihen. Der Euro sollte bei einem Austritt tendenziell an Wert gewinnen, da der Schwächefaktor Griechenland wegfällt. Hierdurch verbessert sich auch die Bonität Europas, was wiederum die Renditen der übrigen Staatsanleihen drückt und somit die Refinanzierungsmöglichkeiten der Euroländer vereinfacht.
Hiervon wird die Verschuldungssituation Griechenlands zunächst negativ beeinflusst. Von dieser Situation würden mit der Zeit die griechischen Exporteure sowie der Tourismus im Land profitieren. Um ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum zu generieren, kommt Griechenland um die notwendigen Reformen dennoch nicht herum. Als Folge einer Umstellung – zurück zur Drachme – sollte die griechische Währung im Außenwert stärker verlieren.
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Aktien und Währungen unbedingt absichern
Manuel Bolkart, Vermögensverwalter der MC Vermögensmanagement AG, Vaduz
Der Austritt Griechenlands aus dem Euro hätte ohne Zweifel eine große Auswirkung auf die Aktienmärkte, den Euro- und den Goldkurs. Neue und unbekannte Situationen, verbunden mit der Unsicherheit über die weitere Entwicklung, sind Gift für die Märkte und würden bei den Aktien und den Währungen kurzfristig zu Verwerfungen führen. Vermutlich würde nicht ohne Grund über die Ansteckungsgefahr von andern EU-Ländern gesprochen, möglichweise der Euro als Ganzes in Frage gestellt. Anleihen von Ländern wie Portugal, Spanien und Italien dürften unter Druck geraten, da die Risikoprämien und damit das Zinsniveau steigen dürften. Das gleiche gilt für Unternehmensanleihen aus diesen Ländern. Der Goldpreis könnte kurzfristig an Wert zulegen.