Warum ist der Aktienmarkt so volatil?
Als Privatanleger könnte man schier verzweifeln, und auch manch Institutioneller schüütelt nur noch den Kopf. Zwar sind die US-Arbeitslosenzahlen durchaus in Ordnung, aber nun sorgen enttäuschende US-Jobzahlen für Verwirrung. Die Zinswende in den USA rückt in die Ferne, die offene Frage nach der Konjunktur lässt den Dax deutlich ins Minus rutschen. Der in die Höhe geschossene Euro tut ein Übriges.
Als Privatanleger könnte man schier verzweifeln, und auch manch Institutioneller schüütelt nur noch den Kopf. Zwar sind die US-Arbeitslosenzahlen durchaus in Ordnung, aber nun sorgen enttäuschende US-Jobzahlen für Verwirrung. Die Zinswende in den USA rückt in die Ferne, die offene Frage nach der Konjunktur lässt den Dax deutlich ins Minus rutschen. Der in die Höhe geschossene Euro tut ein Übriges.
Ein unerwartet ausgefallener US-Arbeitsmarktbericht hat die Märkte am Freitag verwirrt. Die wichtigsten Konjunkturdaten im Juni standen gleich zum Monatsanfang an – und enttäuschten. Die US-Wirtschaft hatte im Mai sehr viel weniger Stellen als erwartet geschaffen. Schlagartig schoss der Euro auf dem Devisenmarkt anderthalb Prozent in die Höhe, scheint eine Zinserhöhung der amerikanischen Notenbank Fed noch in der anstehenden Juni-Sitzung nun wieder in weitere Ferne gerückt. Ein bis dahin mutig gelaufener Dax rauschte ins Minus. Zuletzt notierte der deutsche Leitindex im Späthandel mit 10.113 Punkten 0,9 Prozent tiefer.
Damit scheint die Frage der Fragen für die Börsianer – ob denn die Fed die Zinsen schon im Juni oder Juli erhöht – nun etwas mehr geklärt zu sein als vorher. Sollte nichts überraschendes dazwischen kommen – da sind sich die Märkte sicher – werden die Währungshüter die Zügel weiter anziehen. Mit dem schwachen Bericht von heute wird der ohnehin höher gehandelte Juli weiter wahrscheinlicher, der Blick auf den Devisenmarkt unterstützt diese Auffassung. Dort verteuerte sich der Euro um volle 1,5 Prozent auf 1,1320 Dollar.
Die Beschäftigungssituation ist einer der bestimmenden Faktoren in der Entscheidungsfindung der Federal Reserve. Doch hier nun der Paukenschlag: Statt der prognostizierten 160.000 neuen Stellen schuf die US-Wirtschaft im Mai sage und schreibe nur 38.000 neue Jobs – der geringste Zuwachs seit nahezu sechs Jahren. Die Konjunktur in den Staaten brummt nach einem leichten Knick im Winter wieder und die Jobzahlen näherten sich dem Vollbeschäftigungsniveau, sodass den Hütern des Greenbacks langsam die Argumente für ein Belassen des Status Quo ausgingen. Doch diese Zahlen sind sehr viel deutlich schwächer als erwartet. „Zwar ist der Arbeitsmarkt durch Streiks nach unten verzerrt, doch die Frage bleibt, ob sich die schwache Zahl nur durch diesen Effekt erklären lässt“, sagte Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank.
Die eigentliche Unsicherheit kommt durch die Fed
Für weitere Fragezeichen sorgte die separat berechnete Arbeitslosenquote. Sie fiel von 5,0 auf ganze 4,7 Prozent, was einen sehr starken Rückgang bedeutete. Auch wenn die Zahl an den Märkten weniger Bedeutung findet als die neugeschaffenen Arbeitsplätze, füttert sie die Spekulationen um den nächsten Zinsschritt der Fed-Führungsriege um Chefin Janet Yellen. Neben dem monatlichen Jobbericht kam aus den Vereinigten Staaten auch der ISM-Einkaufsmanagerindex. Das ebenfalls viel beachtete Barometer für Dienstleistungen blieb ebenfalls hinter den Erwartungen.
Zuletzt hatte das sich ändernde Zinsumfeld, oder zumindest die Anbahnung dessen, für Zurückhaltung an den Aktienmärkten gesorgt. Der ein oder andere Anleger stellt sich die Frage, ob die US-Wirtschaft schon bereit sei für eine Straffung der monetären Umwelt, angesichts der stockenden Weltkonjunktur und den Schwierigkeiten auf den internationalen Finanzmärkten seit Jahresbeginn. Diese kritischen Stimmen dürften sich heute bestätigt fühlen. Und auch das Schmieröl für die langjährige Hausse, denn nichts anderes war der Effekt des Notenbankgeldes zum Quasi-Nulltarif, wird freilich sehr vermisst werden. Wahrscheinlich eher im Juli als im Juni, bietet das Brexit-Referendum zum Monatswechsel genügend Verwerfungspotenzial- Umso dankbarer sind die Anleger über jeden Hinweis zum künftigen Kurs der Fed-Spitze um Chefin Janet Yellen. Daher auch der Blick auf den US-Arbeitsmarktbericht.
Zum Wochenschluss ein Missklang
Zuletzt hatten Notenbanker aber immer wieder betont hatten, dass die Lage besser sei, als sie derzeit vom Gros der Marktakteure eingeschätzt wird. Am Morgen hatte der Gouverneur der wichtigen Fed-Filiale -Chicago, Charles Evans, für weitere Spekulationen gesorgt. Das als Taube einzustufende Mitglied des Offenmarktauschusses sagte auf einer Konferenz in London, dass es vernünftige Gründe dafür gebe, eine Zinserhöhung zu verschieben bis eine Kerninflation von zwei Prozent erreicht sei. Es bleibe ein Basisszenario, so Evans, dass 2016 zwei Erhöhungen der Leitzinsen erfolgen.
Im Späthandel gaben durch die Bank weg alle europäischen Börsen nach. In der zweiten Frankfurter Reihe kam der MDax mit 20.416 Punkten auf ein Minus von 1,4 Prozent. Der TecDax gab 1,1 Prozent nach auf 1.679 Stellen. Der Leitindex der Währungsunion, der Euro-Stoxx-50, rauschte mit einem Abschlag von 1,2 Prozent und damit knapp unter der magischen Marke von 3.000 Zählern ins Wochenende. Die schwachen Konjunkturdaten verunsicherten auch die Wall Street. Der Dow Dow-Jones entwickelte schnell Verluste und notierte 0,6 Prozent leichter bei 17.728 Punkten.
Unter den Einzelwerten im Dax war RWE mit großen Abstand der gefragteste Titel. Der schwächelnde Versorger profitierte von einer Kaufempfehlung der Bank Of America Merrill Lynch. RWE schoss bis zu sieben Prozent in die Höhe, nach dem die Analysten zum Kauf rieten. Das Kursziel setzten sie Händler zufolge auf 14,80 Euro. Zudem erhöhten die US-Experte ihre Gewinnprognosen für die Deutschen. Konkurrent Eon folgte im Windschatten mit einem Aufschlag von 2,8 Prozent. „Da RWE-Aktien ebenso wie Eon-Titel in den vergangenen Jahren eigentlich nur gefallen sind, fällt die Reaktion auf eine positive Analysteneinschätzung besonders groß aus“, kommentierte ein Parketthändler die deutlichen Verteuerung. Handelsblatt / Ilias Stampoulis