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Wie Sie zur rechten Zeit am richtigen Hebel drehen

Mit Hebelprodukten lassen sich auch kleine Portfolios nach Risiko-Rendite-Gesichtspunkten optimieren. Weil Knock-Outs selbst in extremen Marktumfeldern funktionieren, erfreuten sie sich im laufenden Jahr einer besonders großen Nachfrage. Trotzdem gilt es einiges zu beachten.

BÖRSE am Sonntag

Die Umsätze mit Knock-Out-Produkten, die auch unter dem Namen Turbo, Bull oder Bear daherkommen, zeigten sich von der Finanzkrise nicht nur völlig unbeeindruckt, sie konnten sogar profitieren: Mitten in der Finanzkrise, im Januar 2009, legte das Handelsvolumen der Knock-Outs gegenüber dem Vormonat um sage und schreibe 24% zu. Während Anlagezertifikate unter die Räder kamen, liefen Hebelprodukte zur Hochform auf: Im Februar und März konnten sie den überwiegenden Teil der Orders auf sich vereinen und steuerten rund 46% zu dem mit Derivaten insgesamt gehandelten Volumen bei. Damit entfällt hierzulande also fast die Hälfte aller in diesem Segment getätigten Transaktionen auf die Hebelprodukte.

Nicht nur schneller KO

Was Knock-Outs (kurz KO) bei Investoren beliebt macht, ist, dass sie im Vergleich zu anderen spekulativen Produkten vergleichsweise einfach funktionieren. Gerade in turbulenten Marktphasen haben die Produkte nämlich handfeste Vorteile. So kamen normale Optionsscheine – mit denen sich ebenfalls Kapital aus fallenden Kursen schlagen lässt – im Februar nur auf ein Plus von 7%. Das liegt daran, dass sie stark durch die Volatilität beeinflusst werden, und die ist in Krisenzeiten nun einmal besonders hoch. Knock-Out-Varianten gibt es sowohl bei den Optionsscheinen als auch bei den Zertifikaten. KO-Optionsscheine besitzen neben einer begrenzten Laufzeit und dem Bezugsverhältnis als entscheidenden Faktor einen Basispreis. Je nach Konstruktion kann dieser der Knock-Out-Schwelle entsprechen oder von dieser abweichen. Differiert die Knock- Out-Schwelle vom Basispreis, wird bei Berühren der Knock- Out-Schwelle noch ein Differenzbetrag ausbezahlt (Money Back Element). Sind die beiden identisch, verfällt die Option wertlos. Beim Knock-Out-Call (Bull oder Turbo-Long) liegt der Basispreis unter, beim Knock-Out-Put (Bear oder Turbo-Short) über dem aktuellen Kurs des Basiswertes. Der Preis des Papiers besteht nun hauptsächlich aus der Differenz zwischen dem Kurs des Underlyings und dem Basispreis. Daher hat der Schein immer einen deutlich geringeren Wert als der zugrunde liegende Titel selbst. Dennoch vollzieht der Turbo die absoluten Kursbewegungen des Basiswertes fast eins zu eins nach. Gemessen am Einstiegspreis fällt die Performance des Hebelpapiers aus diesem Grund viel höher als bei Underlying aus. Dies kann prozentual zu außergewöhnlich hohen Gewinnen beim Turbo führen. Ebenso werden aber auch die Verluste vervielfacht, wenn der Basistitel in die „falsche“ Richtung läuft. Im Extremfall, bei Erreichen der Barriere, droht sogar der Totalverlust. Je näher der Knock-Out an dem aktuellen Kurs des Basiswertes liegt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Knock-Out-Schwelle überschritten wird und der Schein wertlos verfällt. Daher sind diese Optionsscheine relativ günstig im Vergleich zu Optionsscheinen, deren Knock-Out-Schwelle weit vom aktuellen Kurs entfernt liegt. Ferner nimmt mit zunehmender Laufzeit der Preis der Knock- Out-Optionen ab, weil mit der Zeitspanne die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Knock-Out-Schwelle unterschritten wird und infolgedessen der Warrant wertlos verfällt.

Knock-Out-Zertifikate

Analog zu den gleichnamigen Optionen funktionieren auch die Zertifikate: Um den Anleger vor der bei Futures üblichen Nachschusspflicht zu befreien, besitzen diese eine Stopp-Schwelle. Wird diese im Falle eines Calls erreicht oder unterschritten (oder bei Puts erreicht oder überschritten) verfallen die Zertifikate sofort wertlos. Unterschieden wird auch hier zwischen Knock-Out-Long- und Knock-Out-Short-Produkten. Im letzteren Fall wird ein Leerverkauf des Underlyings simuliert. Die Berechnung des Preises eines solchen Zertifikats erfolgt daher unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses, durch Subtraktion des aktuellen Kurses des Basisinstruments von einer vorgegebenen Knock-Out-Schwelle (Basispreis). Da sich Knock-Out-Zertifikate bei ihrer Preisbildung an Futures orientieren, muss im Zeitablauf ein linear abnehmendes Aufgeld beziehungsweise Abgeld berücksichtigt werden, das die Finanzierungskosten des Emittenten beziehungsweise die Zinserträge des Emittenten für den nicht als Sicherheitsleistung hinterlegten Kapitalanteil abzüglich eventueller Dividenden abdeckt.

Produkte im Vergleich

Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten: Knock-out-Produkte können im Gegensatz zu Optionsscheinen oder Futures vorzeitig verfallen, wenn der Kurs des Basiswertes eine bestimmte Schwelle unterschreitet (Bull) oder überschreitet (Bear). Je nach Produkttyp bedeutet dies entweder den Totalverlust oder die Rückzahlung eines bestimmten, meist sehr geringen, Restbetrags. Auch sind die Produkte von Veränderungen der impliziten Volatilität nur wenig – im Falle der KO-Optionsscheine – beziehungsweise überhaupt nicht betroffen – im Falle der KO-Zertifikate. Dies hat zur Folge, dass die Preisbildung für den Anleger in der Regel deutlich einfacher nachvollzogen werden kann als bei Optionsscheinen. Bei – bis auf die zusätzlich eingezogene Barriere – gleichen Bedingungen sind Knock- Out-Optionsscheine infolge des möglichen Knock-Outs grundsätzlich immer billiger als klassische Optionsscheine. Das größere Risiko schlägt sich also in einem niedrigeren Preis nieder. Je näher der aktuelle Kurs des Basiswertes an der Barriere liegt, desto niedriger ist folgerichtig die Prämie eines Knock-Out-Optionsscheines. Knock-Outs sind daher nicht nur günstiger, sondern besitzen gleichzeitig auch eine größere Hebelwirkung als vergleichbar ausgestattete Optionsscheine. Der größere Hebeleffekt ist übrigens ein Nebeneffekt des niedrigeren Preis, der sich unmittelbar in einem höheren Bezugsverhältnis widerspiegelt. Der potenzielle Knock-Out und der stärkere Hebel – der natürlich in beide Richtungen wirkt – machen die Produkte selbstverständlich deutlich riskanter als herkömmliche Optionsscheine. Steigt die Schwankungsbreite erst nach dem Kauf, wirkt sich dies bei klassischen Optionsscheinen also positiv für den Inhaber aus, während Halter von KO-Produkten leer ausgehen. In stark fallenden Märkten können klassische Put-Optionsscheine daher beispielsweise überproportional profitieren, weil die Volatilität die Optionsprämie zusätzlich antreibt. Neben stabilen Handelssystemen und niedrigen Spreads sollten Anleger bei der Auswahl zwischen verschiedenen Papieren auch auf die Finanzierungskosten achten. Diese fallen beim Kauf von KO-Produkten an, weil der Anleger beim Kauf eines solchen Produkts indirekt einen Kredit in Anspruch nimmt. Die Finanzierungskosten setzen sich zum einen aus dem aktuellen Zinsniveau und zum anderen aus einer Marge des Emittenten zusammen. Die Marge fällt von Emittent zu Emittent unterschiedlich aus und kann sich daher erheblich unterscheiden.

Fazit

Hebelpapiere verlangen nicht nur eine genaue Kenntnis der Funktionsweise und der mit ihnen verbundenen Risiken, sondern auch ein genaues Studium des jeweiligen Emissionsprospektes. Letzteres ist besonders wichtig, da die Bedingungen in entscheidenden Details stark differieren können. So wird die Knock-Out-Schwelle bei einigen Emittenten beispielsweise am Tagesschlusskurs – bei anderen an der laufenden Kursfeststellung festgemacht, und auch die Behandlung eines eventuell noch vorhandenen Restwertes differiert stark. Unabhängig von der individuellen Ausgestaltung sollte bei allen Produkten der Stand des Basiswertes bzw. dessen Entfernung zur Knock-out-Schwelle laufend aktiv überwacht werden.