Seltene Erden – Zündet China die letzte Eskalationsstufe?
Die Strafmaßnahmen gegen den chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei könnten das Fass im Handelsstreit zwischen den USA und China zum Überlaufen gebracht haben. Stoppen die Chinesen nun die Exporte von Seltenen Erden in die USA? Die Option scheint offenbar auf dem Tisch zu liegen.

Die Strafmaßnahmen gegen den chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei könnten das Fass im Handelsstreit zwischen den USA und China zum Überlaufen gebracht haben. Stoppen die Chinesen nun die Exporte von Seltenen Erden in die USA? Die Option scheint offenbar auf dem Tisch zu liegen.
Chinas Staatspräsident Xi Jinping besucht in letzter Zeit auffällig oft Förderanlagen für Seltene Erden. Zufall? Nein, nichts in der chinesischen Politik ist Zufall und sollte von Trump als eindeutiges Signal verstanden werden. Angesichts des sich verschärfenden Handelskrieges zwischen den USA und China kolportierten kürzlich die staatlichen chinesischen Medien die Idee, den Export von Seltenen Erden in die USA zu verbieten. Dies könnte eine von mehreren möglichen Antworten Chinas auf die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump sein, der gerade erst weitere milliardenschwere Zölle auf chinesische Waren erhoben hatte. Darüber hinaus sorgten Trumps Strafmaßnahmen gegen den Telekommunikationshersteller Huawei für Unmut im Reich der Mitte.
Nun scheinen die Chinesen zum Gegenschlag auszuholen. Seltene Erden zählen zu den begehrtesten Rohstoffen der Welt. „Der Name ist jedoch irreführend. Interessanterweise sind die Seltenen Erden etwa im Vergleich zu vielen anderen Metallen gar nicht so selten, wie es ihr Name suggeriert. Allerdings kann in unserem modernen Leben kein iPhone, kein PC, kein Hybridfahrzeug, kein Flachbildschirm und kein Windrad ohne Seltene Erden hergestellt werden“, weiß Sascha Sadowski, Marktanalyst vom Online-Broker LYNX. „Seltene Erden gehören daher, neben den Technologiemetallen, zu den wichtigsten Rohstoffen in unserer modernen Welt.“ Mit 70,6 Prozent (Stand 2018) der weltweiten Minenproduktion ist China das mit Abstand wichtigste Erzeugerland. Australien und die USA folgen mit 11,8 Prozent, bzw. 8,8 Prozent, weit abgeschlagen dahinter. „Ein Exportstopp würde die amerikanische Tech-Industrie hart treffen. Immerhin decken die USA 80 Prozent ihres Bedarfes an Seltene Erden durch chinesische Importe“, sagt Sadowski und ergänzt „Auch
in der US-Ölindustrie kommen Seltene Erden als Katalysatoren zum Einsatz, beispielsweise, um aus Rohöl Benzin herzustellen."
Kurzum, ein möglicher Exportstopp würde viele Bereiche treffen, ob Automobilindustrie, erneuerbare Energien, Verteidigung oder Technologie. Hinzu kommt, das andere große Vorkommen, wie etwa in Brasilien, Vietnam oder Russland aufgrund fallender Weltmarktpreise nicht erschlossen wurden. Das wiederum bedeutet, dass die USA kurzfristig die Einfuhrausfälle nicht substituieren könnten. Tatsächlich ist es ein offenes Geheimnis, dass die chinesische Regierung ihre Förderstätten für Seltene Erden stark subventioniert und so eine marktbeherrschende Stellung erreicht hat. „Wenn China jedoch nach dem greifen sollte, was man gut und gerne als Nuklearoption bezeichnen kann, würde dies einen großen Teil der US-Wirtschaft treffen, auch wenn das genaue Ausmaß eines solchen Schrittes schwer abzuschätzen ist. Die bloße Drohung Chinas, den Zapfhahn für kritische Industriematerialien zu schließen, zeigt eine Sicherheitslücke, die Analysten und Entscheidungsträger in Washington, Peking und anderen Hauptstädten zunehmend beunruhigt.“, gibt Sadowski zu bedenken.
Globalisierte Lieferketten bieten den Verbrauchern einer Vielzahl von Produkten, Flexibilität
und niedrigere Kosten. Gleichzeitig hat die zentrale Position des US-Dollars und des US-Finanzsystems den Handel gestrafft und das Wachstum angeheizt. Aber in Zeiten
geopolitischer Spannungen können dieselben Wirkungsgrade plötzlich zu tödlichen Schwachstellen werden – für alle Länder. Ob es sich nun um die Drohung Chinas handelt,
strategische Rohstoffe zurückzuhalten, oder um das Verbot von Technologieexporten in die
USA, die Strategie ist mit Unsicherheiten und Risiken behaftet. Huawei gibt jedes Jahr
schätzungsweise 11 Milliarden US-Dollar für Waren von US-Unternehmen aus, und es ist
unklar, ob die Trump- Regierung sich weiterhin für eine Politik mit schwerwiegenden
Konsequenzen für große amerikanische Unternehmen wie Qualcomm, Broadcom und Google einsetzt.
Dies ist einer der Gründe, warum die USA den US-Unternehmen ein 90-tägiges Zeitfenster zur Anpassung an die neuen Regeln eingeräumt haben – ein Zeitfenster, das verlängert werden kann. Ob China diese letzte Form der Eskalation wirklich wählt, hängt somit wieder einmal mehr von
den Reaktionen ab, die aus Washington kommen. Eines sollte aber auch Donald Trump klar sein: China könnte, indem es den Export von wichtigen Metallen und Mineralien stoppt, der amerikanischen Wirtschaft schweren Schaden zufügen.