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Von wegen Flaute! Bei Immobilien hält der Superzyklus an

Unabhängig der Klasse ziehen die Preise für Immobilien in Deutschland weiter an. Ein baldiges Ende scheint nicht in Sicht. Doch auf der Suche nach Rendite nehmen Investoren bei der Finanzierung immer mehr Risiken in Kauf.

Die Preise für Immobilien steigen in Deutschland weiter an. (Foto: ImageFlow / Shutterstock.com)

Unabhängig der Klasse ziehen die Preise für Immobilien in Deutschland weiter an. Ein baldiges Ende scheint nicht in Sicht. Doch auf der Suche nach Rendite nehmen Investoren bei der Finanzierung immer mehr Risiken in Kauf.

Die Warnungen vor einer Blasenbildung am deutschen Immobilienmarkt werden lauter. EZB und Deutsche Bundesbank wollen zumindest Übertreibungen ausgemacht haben. In den Großstädten, rechnet die Bundesbank vor, sollen diese bei 15 bis 30 Prozent liegen. Davon gänzlich unbeeindruckt, geht der Boom im Sektor weiter. Experten sprechen von einem Superzyklus. Zehn Jahre dauern die regelmäßigen Preissteigerungen nun schon an. Normal sind höchstens sieben. Und ein Ende scheint nicht in Sicht. Die Niedrigzinsen treiben Anleger und Investoren weiter in den Markt. Schlicht, da es an Alternativen mangelt. Dazu erleichterte das billige Geld die Finanzierung.

Investitionsvolumen 2018 auf 269 Milliarden Euro gestiegen

Die Zahlen dazu liefert der aktuelle Immobilienmarktbericht der amtlichen Gutachterausschüsse. Diese sind besonders wertvoll, da die Ausschüsse Zugriff auf die notariellen Kaufverträge in Deutschland haben und damit auf die tatsächlich gezahlten Preise. Alles in allem, heißt es in dem Bericht, sei das Investitionsvolumen 2018 auf 269 Milliarden Euro gestiegen. 2016 hatte es noch bei 237,5 Milliarden Euro gelegen. Innerhalb von zehn Jahren hat sich der Gesamtgeldumsatz verdoppelt. Vor allem in den Wohnungsmarkt fließen immer größere Summen. 2018 insgesamt 180,5 Milliarden Euro. Mit 70,3 Milliarden und 63,7 Milliarden Euro dominieren die Verkäufe von Eigenheimen und Eigentumswohnungen. Vor allem das Eigenheim wird immer teurer, in den Ballungsräumen gar zum Luxusgut.

Seit 2009 sind die Preise für freistehende Eigenheime jährlich im Schnitt um 4,3 Prozent gestiegen. Im Landkreis München kostete der Quadratmeter 2018 10.200 Euro. Einsame Spitze. Es folgen Deutschlands sieben größte Städte. Nach München mit 9.500 Euro pro Quadratmeter, sind mit 5.000 Euro auch Frankfurt am Main, Düsseldorf und Stuttgart teuer. Das nämlich ist immer noch dreimal so viel wie der Bundesdurchschnitt von 1.750 Euro pro Quadratmeter. Im Landkreis Kyffhäuser in Thüringen kostet der Quadratmeter dagegen gerade einmal 410 Euro. „Insbesondere in ohnehin teuren Lagen steigen die Preise weiter stark an“, sagt Anja Diers, Vorsitzende des Arbeitskreises der Oberen Gutachterausschüsse.

Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Blick auf gebrauchte Eigentumswohnungen, ebenso wie bei dem auf die Baulandpreise. Seit 2009 sind die Preise jährlich um im Schnitt 4,7 Prozent nach oben geklettert. In München mussten Grundstückskäufer 2018 2.000 Euro pro Quadratmeter hinblättern. Zum Vergleich: Im Landkreis Sonneberg in Thüringen waren es 15 Euro. Im Mittel bleibt für Deutschland ein Preis von 135 Euro pro Quadratmeter. Ein Anstieg um 35 Prozent seit 2013.

Von 2008 bis 2018 hat sich der Bauüberhang verdoppelt

Der Bärenanteil entfällt auf die Ballungsräume. Es mangelt an freien Grundstücken. „Knappe und schwer bebaubare Grundstücke in den Städten sind ein Flaschenhals für die
Ausweitung des Wohnungsneubaus“, sagt der Leiter des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Dr. Markus Eltges. Dazu wird einfach nicht schnell genug gebaut. Von 2008 bis 2018 hat sich der Bauüberhang verdoppelt, sprich die Zahl der genehmigten, aber nicht bezugsfertigen Wohnungen liegt inzwischen bei 639.000. „Der Druck auf den Wohnungsmarkt bleibt hoch und das fehlende Angebot wirkt weiter preistreibend. Es ist derzeit nicht erkennbar, dass sich diese Entwicklung abschwächt“, ziehen die Gutachterausschüsse ein Fazit.

Hinzu kommt, dass der deutsche Immobilienmarkt Investoren als vergleichsweise sicherer Hafen gilt. Wo Sparverträge, Staatsanleihen und Co. kaum noch Rendite abwerfen und die Risiken an den Aktienmärkten zunehmen, bleiben Immobilien als Alternative. Das führt jedoch auch zu steigenden Darlehenssummen. Inzwischen werden in Deutschland 85 Prozent einer Immobilie finanziert. Vor ein paar Monaten lag der Wert noch bei unter 80 Prozent. Auch 100-Prozent-Finanzierungen sind möglich. Das zumindest geht aus Daten des Immobilienfinanzierungsvermittlers Dr. Klein hervor, die das Handelsblatt eingesehen hat.

Der Immobilienkauf wird riskanter

Nicht nur deshalb wird der Immobilienkauf riskanter. Der Bauüberhang mag für den Moment die Preise steigen lassen, er verzerrt jedoch auch den Markt. 639.000 Wohnungen sind noch nicht gebaut, was die Lage am Wohnungsmarkt also auch nicht entspannt, aber sie sind bereits genehmigt und können gebaut werden. Investoren sollten das nicht außer Acht lassen.

Auf dem Markt für Wirtschafts- und Büroimmobilien gibt es dazu erste Anzeichen einer Sättigung. Zwar sind die Geldumsätze von Wirtschaftsimmobilien in Deutschland seit 2009 um 8,6 Prozent pro Jahr auf zuletzt 71,6 Milliarden Euro gestiegen. Die Zahl der Transaktionen jedoch ging 2018 auf 74.000 zurück. Der niedrigste Wert seit 2009, heißt es im Bericht der Gutachterausschüsse. Bei Bürogebäuden wurden 2018 nur 150 Verkäufe gezählt. Was Geldumsatz und Preise anbelangt, sind es dazu auch hier die Großstädte und Ballungsräume, wo sich die größte Dynamik entfaltet.

Die Warnungen vor Übertreibungen sind wohl gerechtfertigt. Allein: Wann sind die Übertreibungen übertrieben? Bis dahin steht die Ampel beim Immobilienkauf in Deutschland wohl weiter auf grün. Wenngleich die Suche nach renditeträchtigen Objekten schwieriger geworden ist.

OG

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