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Attacke auf Google made in China

Google ist unbesiegbar. So zumindest lautet die eindeutig vorherrschende Meinung in der westlichen Welt. Tatsächlich sind bislang sämtlich Anbieter von Suchmaschinen beim Angriff auf Google kläglich gescheitert. Doch Chinas Internetriese Baidu will es jetzt wissen und plant die große, globale Attacke auf den amerikanischen Goliath.

BÖRSE am Sonntag

Google ist unbesiegbar. So zumindest lautet die eindeutig vorherrschende Meinung in der westlichen Welt. Tatsächlich sind bislang sämtlich Anbieter von Suchmaschinen beim Angriff auf Google kläglich gescheitert. Doch Chinas Internetriese Baidu will es jetzt wissen und plant die große, globale Attacke auf den amerikanischen Goliath.

Gerade in Afrika, Asien und Südamerika rechnen sich die Pekinger große Chancen aus. Der hierzulande relativ unbekannte Anbieter aus dem Reich der Mitte sollte also keinesfalls unterschätzt werden. Doch aufgepasst, Google! Die Chinesen meinen es ernst.
 
Wer bei Baidu Informationen über den Dalai Lama und seine Lehren, regierungskritische Meinungen oder Berichte über Polizeibrutalität in China sucht, der sollte nicht zu viel erwarten. Meinungsfreiheit und Demokratie gehören nämlich nicht gerade zu den Kerngebieten des Pekinger IT-Unternehmens. Allerdings hat Baidu auch kaum eine andere Wahl. Chinas Google, das in der Heimat laut aktueller Zahlen auf einen Marktanteil von 57 Prozent kommt, wird von der kommunistischen Regierung als Aushängeschild einer restriktiven Zensur-Politik im Internet missbraucht. Projekt Goldenes Schild, besser bekannt als The Great Firewall, nennt sich das großangelegte Überwachungsprojekt des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit. Durch Blockierung von IP-Adressen, das Durchsuchen von URLs auf Stichworte sowie der Anwendung eines Paketfilters, der bei der Überschreitung einer Stichwort-Anzahl den Nutzer umleitet, werden so unerwünschte Inhalte gelöscht.
 
Den Großteil der Chinesen scheint dies nicht zu stören. Keine andere Website im Reich der Mitte erfreut sich derart großer Beliebtheit wie Baidu. Allerdings sollte dabei auch bedacht werden, dass Google aufgrund erheblicher Meinungsverschiedenheiten mit den dortigen Behörden in China mittlerweile zensiert wird. Dennoch ist der Aufstiegs Baidus atemberaubend. Nur fünf Jahre nach der Gründung gelang 2005 der Gang an die US-Börse Nasdaq. Binnen eines Handelstages steigerte die Internetsuchmaschine ihren Wert auf vier Milliarden Dollar. Innerhalb einer Woche kletterte der Kurs um sagenhafte 353,9 Prozent. 200 Anleger waren plötzlich Millionäre. Zahlreiche Übernahmen anderer, zumeist chinesischer Unternehmen- darunter Reisesuchmaschinen, Videoplattformen, Frage-und Antwortservices und vieles mehr- folgten in den kommenden Jahren. Im ersten Quartal 2014 erwirtschaftete Baidu einen Gewinn von 405 Millionen Dollar. Die Gesamteinnahmen betrugen beeindruckende 1,93 Milliarden Dollar. Besonders im zukunftsträchtigen mobilen Suchmaschinenmarkt trumpft Baidu groß auf. 30 Prozent des Umsatzes gehen auf das Konto des mobilen Services, der von 500 Millionen aktiven Kunden in China genutzt wird.
 
Diese Stärke will der Suchmaschinenanbieter künftig auch global in finanziellen Erfolg ummünzen. Gerade die Schwellenländer könnten sich als lukrativer Werbemarkt im mobilen Anzeigegeschäft erweisen. Und so hat Baidu in diesem Jahr in Brasilien, Thailand und Ägypten einen Ableger seiner Suchmaschine lanciert. Besonders Afrika, dessen Smartphone-Markt sich bis 2017 nach Schätzungen des International Data Center (IDC) verdoppeln könnte, birgt Hoffnungen. Aber auch in Asien und Südamerika, wo eine junge Mittelschicht mit dem Wunsch nach mobiler Nutzung und guter Vernetzung heranwächst, ist Baidu für den großen Konkurrenzkampf mit Google gewappnet.

In den USA hingegen scheint Googles Dominanz ebenso wie Baidus Marktführerschaft in China zementiert. Auch in Europa dürfte es angesichts eines 90-prozentigen Marktanteils der amerikanischen IT-Supermacht schwer werden für die Chinesen. Nachdem Baidus Anteil am Weltmarkt allein zwischen März und Juni um 1,3 Prozent gestiegen ist, beläuft er sich mittlerweile auf 18 Prozent. Zum Vergleich: Yahoo (6,7 Prozent) und Microsofts Suchmaschine Bing (5,6 Prozent) haben deutlich weniger als der Anbieter aus dem Reich der Mitte – wohlgemerkt: zusammen.
 
Auch in Sachen Innovation ist Baidu seinem amerikanischen Konkurrenten dicht auf den Fersen. So arbeitet das chinesische Unternehmen ebenfalls an einem autonom fahrenden Auto. Allerdings soll sich das Baidu-Auto im Gegensatz zum Google-Car nicht völlig alleine fortbewegen, sondern auf die Unterstützung des Fahrers angewiesen sein. So kann der Fahrzeuglenker jederzeit frei nach Belieben die Kontrolle über das High-Tech Auto übernehmen. Im kommenden Jahr soll es bereits die ersten Prototypen geben. Auch in einem weiteren Bereich, der nicht gerade zu den klassischen Kernkompetenzen eines Suchmaschinenanbieters zählt, ist Baidu sehr stark. Das in Peking ansässige Unternehmen gehört zu den Top 10 der App-Publisher, bietet gebührenpflichtige Download-Portale an und stellt Commmunity- und Massage-Plattformen bereit. Zudem kooperiert Chinas Google mit renommierten Unternehmen wie HP, MTV, Microsoft und EMI Music.
 
Baidu geht also einen ähnlichen Weg wie Google. Man darf gespannt sein, wohin dieser führt. Kritiker sahen in Googles marktbeherrschender Stellung stets ein Monopol. Diese Sorge dürfte ihnen global gesehen wohl bald genommen sein. Es kündigt sich ein harter Kampf zwischen zwei Giganten aus unterschiedlichen Systemen an. Welche IT-Supermacht setzt sich durch? Noch haben die Amerikaner die Nase klar vorne. Doch wie lange hält dieses noch an?