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Unternehmen > Sido investiert in Cannabis

„Natürlich probiere ich jede Sorte selbst!“

(Foto: KEjF)

Der Rapper Sido gründete gemeinsam mit der CNBS Group das Cannabis-Unternehmen KEjF. Wie schon so manch einer vor ihm, investiert er damit in eine boomende Branche.

Berlin, Ende August 2023: „Wann hast du das letzte Mal einen durchgezogen?“, fragt Rapper Sido Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im KEjF.Talk auf Youtube. „Das ist länger her, ehrlich gesagt. Ich habe nur einmal konsumiert, hat auch super gewirkt, so gut, dass ich mich gar nicht daran gewöhnen wollte“, antwortet der SPD-Politiker.

Wir wollen Karl!

Lauterbach ist zu diesem Zeitpunkt auf Werbetour für eines der umstrittensten Koalitionsversprechen der Ampel-Regierung, die Teil-Legalisierung von Cannabis. Sido wirbt für sein in Kooperation mit der CNBS Group gegründetes Cannabis-Unternehmen KEjF.

Das Talk-Format soll aufklären. „Irgendeiner muss sich der Sache annehmen und das Thema zum Thema machen“, erklärt Paul Würdig, wie Sido mit bürgerlichem Namen heißt, im Interview mit Business Punk. Natürlich soll es auch die Marke bekannt machen. Auch Sido weiß: hier entsteht „ein riesiger Markt“. In lockerstem Plauderton sprechen Politiker und Musiker über Besitzobergrenzen und verantwortungsvollen Konsum. „25 Gramm ist die Grenze“, sagt Lauterbach. Beziehen könnten Konsumenten über spezielle Social Clubs maximal 50 Gramm pro Monat. „Der Konsum darüber hinaus wäre auch relativ gefährlich, will man nicht.“ Sido schon. „Ich schaffe das“, sagt der Rapper. Lauterbach: „Mehr als 50 Gramm, ist nicht so schlau.“

Legal kiffen nach ewiglanger Diskussion

Schon schlauer dürfte Sidos unternehmerischer Einstieg in die Branche sein, auch wenn die Cannabis-Legalisierung nur eine Legalisierung light wird. Die einst erdachten „lizenzierten Fachgeschäfte“ soll es erst einmal nicht geben. Heißt: der kommerzielle Verkauf der Droge bleibt in Deutschland verboten. Erlaubt wird allein der Anbau für den Eigenbedarf oder die Mitglieder eines Social Clubs. Doch öffentliche Gespräche, wie das zwischen Lauterbach und Sido, zeigen, wie sehr das Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Vorbei ist es mit der Tabuisierung. Zunehmend geschätzt wird die Drogenpflanze bereits in der Medizin.

Für Cannabis-Produzenten steht deshalb auch der pharmazeutische Bereich im Fokus. Cannabismedikamente, unter anderem zur Linderung chronischer Schmerzen, boomen schon seit Langem. Die mediale Aufmerksamkeit, die mit dem Legalisierungsgesetz einhergeht, dürfte das Wachstum beschleunigen. „Der medizinische Markt in Deutschland umfasst aktuell 14 Tonnen“, sagt Johannes Quandt, COO der KEjF-Mutter CNBS Group. Darauf gelte es sich zu konzentrieren. Die CNBS Group wurde 2018 von Timur Millituerk, Mohamed Jaouadi und Sebastian Fröhlingsdorf gegründet und ist auf die gesamte Wertschöpfungskette von Medikamenten auf Cannabiniodbasis spezialisiert. Zu der Gruppe gehören Tochterfirmen, die importieren, produzieren und handeln. KEjF ist eine davon, vertreibt Blüten und Extrakte. Die Qualitätskontrolle nimmt Sido auch gern selbst in die Hand: „Es gibt sehr viele diverse Kontrollen, aber natürlich probiere ich jede Sorte selbst“, sagt der 43-Jährige. „Wir halten uns dabei aber an alle Standards, die man dafür benötigt.“

Money for Smoke

Weder KEjF noch CNBS erzielen bislang Gewinn. Typisch für die Branche, die hierzulande noch in ihren Kinderschuhen steckt. Eher untypisch: In der CNBS Group steckt das Kapital der Gründer, keines von außen. Auch ein Börsengang steht zunächst nicht zur Debatte. „Für den Moment ist das kein Thema, weil das viel zu früh käme und wir das Fundament erstmal richtig legen wollen“, sagt Quandt. Dann fügt er an: „Aber klar, warum sollte man sich das nicht überlegen.“

Und die Anleger?

Bis dahin müssen sich die anderswo umsehen, wenn sie vor dem Hintergrund der zunehmenden Legalisierung der Droge in die Cannabis-Branche investieren wollen. Bei SynBiotic in München beispielsweise, bei Four 20 Pharma, Cannovum oder Cantourage, Deutschlands größtem börsennotierten Cannabis-Anbieter. Dessen Aktie notiert seit November 2022 an der Deutschen Börse, passend unter dem Kürzel „HIGH“. Der Kursverlauf allerdings ist ernüchternd. Auf den anfänglichen Hype um die Papiere, der den Kurs von der Erstnotiz in Höhe von 6,48 Euro auf fast 20 Euro trieb, folgte der Absturz. Aktuell kosten die Titel nur noch etwas mehr als sieben Euro. „In Deutschland gehen wir davon aus, dass durch die Tatsache, dass Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen wird, sich potenziell mehr Ärztinnen und Ärzte dem Thema annähern und Cannabis dadurch häufiger verschrieben wird“, sagt CEO Philipp Schetter gegenüber Business Punk. Vor allem kann es einfacher verschrieben werden, wenn kein Betäubungsmittelrezept mehr erforderlich ist, das strenge Dokumentationspflichten einfordert. „Wir hoffen, dass so mehr Menschen von den Vorteilen profitieren können und sich die Therapiemethode weiter etabliert“, sagt Four 20 Pharma-Co-CEO Thomas Schatton. Die Zahl der Cannabis-Verordnungen durch die gesetzlichen Krankenkassen verdoppelte sich bereits – von 2018 bis 2022 auf gut 400.000. Hinzu kommen Privatpatienten und Selbstzahler. Und für Firmen dürfte es einfacher werden, Cannabis für medizinische Zwecke anzubauen.

2018 wurde Cannabis in Kanada legalisiert, in den USA ist der Besitz des Krauts in ausgewählten Bundesstaaten erlaubt. Die großen börsennotierten Player kommen daher vor allem aus Nordamerika, darunter die kanadischen Unternehmen Canopy Growth, Aurora Cannabis und Tilray. Aber auch etablierte Pharmariesen wie Novartis und AbbVie setzen auf Hanf. Beide sind im Foxberry Medical Cannabis & Life Sciences Index gelistet. Der „Rize Medical Cannabis and Life Sciences UCITS ETF“ bildet ihn ab. Anleger können also sowohl über Einzelaktien als auch über Themen-ETFs in den Markt investieren. Selbst die passiven Indexfonds verhalten sich in der Branche jedoch volatil. Oft ist der Großteil der Anteile auf wenige Unternehmen verteilt. Wer in den Cannabis-Sektor investiert, sollte sich immer einem jungen, spekulativen Markt bewusst sein.

Fakt ist aber auch: Immer mehr Länder legalisieren die medizinische Verwendung oder sogar den Freizeitkonsum von Cannabis. An begründeter Wachstumsfantasie mangelt es deshalb nicht. Es erscheint möglich, dass aus dem aktuell zersplitterten Markt auf Dauer einige sehr große Player hervorgehen. Welche Rolle Sido, KEiF und die CNBS Group dann spielen, bleibt abzuwarten und hängt wohl eng mit der Gesetzeslage hierzulande zusammen.

Lohnt ein Investment? Die größten börsennotierten Cannabis-Unternehmen weltweit und in Deutschland

Canopy Growth

Die Firma gehört zu den größten Playern auf dem Markt für Cannabis und Cannabis-Produkte. 2023 erzielte das Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 402,9 Millionen kanadischen Dollar. Das entspricht etwa 275 Millionen Euro. Über die Tochterfirma Spektrum Cannabis macht Canopy Growth auch in Deutschland Geschäfte mit medizinischem Cannabis. 40 Prozent der Anteile gehören zum Constellation Brands-Konzern, der unter anderem für die Biermarke „Corona“ bekannt ist. Die Marktkapitalisierung beträgt 253 Millionen Euro. Der Aktienkurs dümpelt um die drei Euro seitwärts.

Aurora Cannabis

In Kanada sitzt diese Firma, der 2023 ein Umsatz von umgerechnet 118 Millionen Euro gelang. Jüngst kaufte man 90 Prozent der Anteile von Indica Industries, dem zweitgrößten Medical Cannabis-Anbieter Australiens, hinzu. Die Übernahme soll für dringend benötigtes Wachstum sorgen. Wachstumsimpulse bräuchte dringend auch die Aktie, die im Moment nur noch rund drei Euro kostet. Im Hoch 2018 waren es über 1.000 Euro. Und die Marktkapitalisierung? Liegt bei 137 Millionen Euro.

Tilray

Auch der Kurs der Tilray-Aktie liegt mit etwa 1,50 Euro am Boden. Die Kursrekorde aus dem Jahr 2018 von über 100 Euro? Längst Vergangenheit. Zu den größten Cannabis-Unternehmen der Welt gehören die US-Amerikaner weiterhin auch wegen ihrer Fusion mit dem Cannabis-Hersteller Aphria vor drei Jahren. Die Marktkapitalisierung liegt bei 1,2 Milliarden Euro. Der 2023er-Umsatz lag bei 574 Millionen Euro. Funfact: Tilray war das erste Cannabis-Unternehmen, das an die Tech-Börse Nasdaq ging.

Tilray-Aktie

SynBiotic

Das Unternehmen ist eines der größten Cannabis-Unternehmen Deutschlands und börsennotiert. Die Gruppe kümmert sich laut PR „um die gesamte Wertschöpfungskette vom Anbau über die Produktion bis hin zum Handel“. Die Marktkapitalisierung liegt im Vergleich zu anderen Playern bei schwachen 39 Millionen Euro. Die Aktie steht bei etwas über sieben Euro und legte im Hinblick auf die nahende Teillegalisierung zuletzt deutlich zu. Gleichwohl stecken auch die Titel der Münchner in einem Performance-Loch. Die hohen Kursgewinne 2021 waren, wie bei allen Cannabis-Aktien, getrieben von Spekulation.

Synbiotic-Aktie

Cantourage

Auch diese Aktie profitierte zuletzt vom medialen Rummel um die deutsche Teillegalisierung, kostet aber trotzdem nur noch halb so viel wie einst zum Börsengang Ende 2022. Die Marktkapitalisierung liegt bei 84 Millionen Euro. Die Berliner produzieren und vertreiben Cannabis-Produkte für medizinische Zwecke und erzielten 2022 einen Umsatz von 14,3 Millionen Euro. Das war fast eine Verdreifachung im Vergleich zum Vorjahr. 2023 stiegen die Umsätze weiter an.

Cantourage-Aktie

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