Greift Google nach Twitter?
Neue Nahrung für alte Gerüchte: Der Social-Media-Pionier Twitter soll vor dem Verkauf stehen – und die Investmentbank Goldman Sachs mögliche Kaufangebote abwehren. Als möglicher Bieter wird der IT-Riese Google genannt.
Neue Nahrung für alte Gerüchte: Der Social-Media-Pionier Twitter soll vor dem Verkauf stehen – und die Investmentbank Goldman Sachs mögliche Kaufangebote abwehren. Als möglicher Bieter wird der IT-Riese Google genannt.
Die Spekulationen halten sich fast so lang, wie es Twitter gibt: Ein großer Player der Tech- oder Internetbranche könnte sich den Emporkömmling schnappen. Facebook wurde immer wieder gehandelt. Vor Jahren sogar Apple. Nun taucht Googles Name als möglicher Käufer auf, wie das Techblog BGR berichtet. „Google ist ziemlich chancenlos im Social-Media-Bereich”, erörtert der renommierte Fondsmanager Dan Niles gegenüber dem Finanznachrichtensender CNBC die Plausibilität des Gerüchts. „Wer nutzt noch Google+? Der Dienst ist ziemlich tot. Google könnte versuchen, sein Wachstum mit Twitter zurückzugewinnen”, mutmaßte der Alpha-One-Capital-Fondsmanager.
Niles argumentiert, dass Google und Twitter gut zueinander passen würden – nicht zuletzt, weil Google auf diese Weise Echtzeitsuche nach Tweets anbieten könnte. Twitter wiederum würde durch die Integration in die Google-Suche einen Schub beim notorisch langsamen Nutzerwachstum bekommen, der Achillesferse des bereits neun Jahre alten Internet-Unternehmens. Seit Oktober 2010 lenkt Dick Costolo die Firma. Und der war zuvor bei Google tätig.
Ins Rollen gekommen waren die neuen Übernahme-Spekulationen, nachdem am Dienstag an der Wall Street das Gerücht die Runde machte, dass der 140-Zeichen-Dienst Goldman Sachs damit beauftragt hätte, Kaufangebote abzuwehren. Wie das Finanzportal Briefing.com berichtet, wären „zwei Bieter mit ernsten Absichten” bereits an Twitter herangetreten – einer davon könnte Google sein. Gerüchte über eine Akquisition von Twitter halten sich nicht zuletzt aufgrund der Achterbahnfahrt an der Börse hartnäckig. Die Twitter-Aktie debütierte im November 2013 furios an der Wall Street und konnte binnen Wochen ihren Wert verdreifachen. Dann jedoch folgte nach mehreren schwachen Quartalsberichten im vergangenen Jahr der freie Fall fast zurück auf den Ausgabekurs, denn der Nachrichtendienst hat zwar 280 Millionen Nutzer pro Monat, konnte aber trotz steigender Umsätze noch nie Gewinne ausweisen.
Twitter war zunächst nicht mehr als das Nebenprodukt einer Podcasting-Plattform der Firma Odeo. Die Macher suchten 2006 nach Alternativen und entwickelten den Dienst mit seinen 140 Zeichen kurzen Texthäppchen – zunächst kein Erfolg. Erst nach einem erfolgreichen Auftritt auf der Technologiekonferenz SXSW hob Twitter ab. Seit Jahresbeginn erleben Twitter-Aktionäre nun wieder einen Höhenflug. Das Papier notiert im Vergleich zu Januar um deutliche 47 Prozent im Plus. Anteil daran haben nicht zuletzt die anhaltenden Spekulationen um eine Ablösung des unglücklich agierenden CEOs Dick Costolo, gegen den etwa TheStreet.com-Gründer James Cramer eine regelrechte Kampagne startete.
„Ich glaube, die Aktie würde wieder bei 55 bis 60 Dollar notieren, wenn der Aufsichtsrat einen anderen CEO berufen würde”, watschte Cramer Costolo mehrfach öffentlich ab. Ironischerweise notiert die Twitter-Aktie nun bereits fast wieder auf diesem Niveau, obwohl Dick Costolo immer noch Vorstandschef ist: Am Dienstag schloss das Papier nach einem Plus von vier Prozent im Zuge der Übernahmegerüchte bei 53 Dollar auf dem höchsten Stand seit Anfang Oktober vergangenen Jahres.
Handelsblatt / Meedia / Nils Jacobsen