Klein aber fein: Tech-Aktien aus der zweiten Reihe
Die Aktien von Twitter, Snapchat und der Match Group haben auf Jahressicht sensationell performt. Erwartet hat das kaum jemand. Woher kommt ihr plötzlicher Erfolg? Und wie lange kann er anhalten?
Die Aktien von Twitter, Snapchat und der Match Group haben auf Jahressicht sensationell performt. Erwartet hat das kaum jemand. Woher kommt ihr plötzlicher Erfolg? Und wie lange kann er anhalten?
Noch nicht allzu lange ist es her, da schien es, als hätten Anleger und Analysten die Aktien von Twitter und Snapchat endgültig abgeschrieben. Die Twitter-Aktie beispielsweise war Mitte 2016 im Tief nur noch rund 14 US-Dollar wert. Die Snap-Papiere kosteten Ende des vergangenen Jahres gerade einmal noch 4,30 Dollar. Ausgegeben wurden sie einst zu Preisen von 26 und 17 Dollar. Doch nachdem Twitter bereits 2018 zur großen Aufholjagd ansetzte, erholen sich inzwischen auch die Titel von Snap. Und das im Eiltempo. Seit Beginn des Jahres ist ihr Kurs um 172 Prozent gestiegen. Und auch der der Twitter-Aktie ist erneut stark – um rund 50 Prozent – in die Höhe geklettert. Ähnlich stark präsentieren sich die Anteilsscheine der Match Group. Seit Jahresbeginn stehen sie mit 76 Prozent im Plus. Eine wirkliche Überraschung ist das zwar nicht mehr, der Kurs der Tinder-Aktie steigt seit Jahren, doch noch immer führt der Dating-Riese eine Art Schattendasein. Seine Produkte mögen bekannt sein, den Konzernnamen jedoch kennt kaum jemand.
Zeit für einen genaueren Blick auf drei US-Tech-Aktien, denen im alles überstrahlenden Lichtkegel der FAANG-Konzerne nur ein Nebenschauplatz bleibt, der nun jedoch auf einmal an Attraktivität zu gewinnen scheint.
Twitter: Mit Donald Trump zurück zu alter Stärke?
Dass es für Twitter an der Börse auf einmal wieder rund läuft, daran hat vor allem eine Tatsache im positiven Sinne Schuld: Der Kurznachrichtendienst mit Sitz in San Francisco schreibt inzwischen schwarze Zahlen. Und das liegt größtenteils daran, dass Twitter intensiv damit begonnen hat, seinen Dienst mithilfe von Werbeanzeigen zu monetarisieren. So, wie es Facebook schon lange tut. Lange Zeit hatte man sich davor gescheut, aus Angst es könnten Nutzer abspringen, respektive weniger neue hinzukommen. Doch als es diesbezüglich ohnehin zur Stagnation kam, erfolgte der Strategiewechsel. Weg von immer mehr Wachstum, dafür hin zur Gewinnmaximierung.
Bislang geht der Plan auf. Im zweiten Quartal des laufenden Jahres stiegen die Umsätze um 18 Prozent auf 841 Millionen Dollar. Der Gewinn betrug gar 1,1 Milliarden Dollar, was jedoch an einer Steuergutschrift in Höhe von einer Milliarde Dollar lag. Doch auch diese herausgerechnet stand erneut ein Gewinn zu Buche. Und auch die Zahl der täglich aktiven Nutzer stieg mit. Von 134 auf 139 Millionen. Hier kommt Twitter sicher auch die Präsidentschaft Donald Trumps zu Gute, der den Kurznachrichtendienst zu seinem öffentlichkeitswirksamsten Sprachrohr auserkor und ihm so eine ganz neue Relevanz zuteilwerden ließ.
Anleger freut’s: Seit Beginn des Jahres ist die Twitter-Aktie um 50 Prozent, von 28,74 auf 43,25 Dollar, gestiegen. Auf Dreijahressicht sogar um 140 Prozent. Die Analysten der US-Bank JPMorgan sowie der Schweizer UBS halten die Aktie auch weiterhin für kaufenswert. Beide geben ein Kursziel von 46 Dollar aus und gaben sich zufrieden mit Zahlen, Nutzerzuwachs und Werbegeschäft. Vor allem mit Blick auf letzteres dürfte das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft sein. Größte Herausforderung für Twitter bleibt derweil die Abhängigkeit vom US-Markt. Mehr als die Hälfte seines Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen in der Heimat. Die Wachstumsmöglichkeiten sind da auf Dauer begrenzt.
Snap: Schwarze Zahlen in Reichweite
Die Snap-Aktie hat in diesem Jahr bislang ein regelrechtes Kursfeuerwerk abgebrannt. Um 172 Prozent ging es für die Papiere der Snapchat-Mutter nach oben. Das entspricht beinahe einer Verdreifachung. Im Juli knackte der Kurs zwischenzeitlich sogar die Marke von 18 Dollar, womit er erstmals seit März 2018 wieder höher lag, als am Ausgabetag (17 Dollar). Noch im Dezember vergangenen Jahres hatte er bei rund 5,50 Dollar sein Allzeittief markiert. Sensationell also, in welche Tempo sich die Snap-Aktie aus der Krise befreien konnte.
Der Grund für dieses Comeback ist wie bei Twitter in der neuen Gewinnfokussierung des Unternehmens zu finden. Die Monetarisierung schreitet voran. Zwar schreibt Snap nach wie vor rote Zahlen. Doch die Ergebnisse besseren sich kontinuierlich auf. Im zweiten Quartal lagen der operative Verlust bei 304,8 Millionen Dollar, das bereinigte Ebitda bei negativen 78,7 Millionen Dollar und der bereinigte Nettoverlust bei 82,2 Millionen Dollar. Für das dritte Quartal verspricht sich das Management nochmals verbesserte Zahlen. Der Umsatz derweil stieg schon jetzt deutlich um 48 Prozent auf 388 Millionen Dollar. Dazu gesellte sich mit einem Plus von 13 Millionen das beste Nutzerwachstum seit drei Jahren. Vor allem in den Schwellenländern greifen immer mehr Menschen zur Snapchat-App. Insgesamt nutzen weltweit nun schon 203 Millionen Menschen den Instant-Messaging-Dienst.
Auch wenn ein klarer Trend hin zur Profitabilität erkennbar ist, bleibt für Snapchat allerdings weiter das Mehrwert-Problem. Facebook und vor allem Instagram gelten als mächtige Plattform-Konkurrenten. Braucht Snapchat, wer bereits auf Instagram aktiv ist? Wo noch dazu die Community eine weitaus größere ist? Damit wird sich das Management auseinandersetzen müssen. Vielleicht wird man auch nochmal zum Übernahmekandidaten. Facebook hatte es einst ja probiert.
Match Group: Kurs versechsfacht
Schon länger ganz hervorragend läuft es für die Match Group. Nach wie vor nur wenigen unter dem Konzernnamen ein Begriff, laufen die Geschäfte des Online-Dating-Riesen immer besser. Vor allem die schon eher bekannte Plattform Tinder beschert ihrer Konzernmutter starke Zahlen. Und einige der größten Tinder-Konkurrenten gehören praktischerweise ebenso zur Match Group. Insgesamt vereinen die Texaner derzeit 45 Dating-Unternehmen unter dem Konzerndach. Damit sind sie omnipräsent auf einem der Zukunftsmärkte schlechthin. Glaubt man Schätzungen von Analysten, könnte der Markt für Dating-Apps bis 2020 auf zwölf Milliarden Dollar wachsen. Davon dürfte die Match Group weiter profitieren.
Im zweiten Quartal des laufenden Jahres setzten die Texaner 498 Millionen Dollar um. 18 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das Ebitda stieg um 15 Prozent auf 172,9 Millionen Euro. Die Nutzerzahlen belaufen sich konzernübergreifend inzwischen auf 9,1 Millionen. Allein 5,2 Millionen davon entfallen auf Tinder. Aber auch OkCupid konnte in den USA nun schon sechs Quartale in Folge wachsen, gehört dazu zu den Top-Dating-Apps in Indien. Dazu haben sich die Hinges-Downloadzahlen global verdreifacht. Die App hatte die Match Group erst zu Beginn des Jahres übernommen. Dementsprechend optimistisch ist man für das Gesamtjahr und hob die Prognose an. Das Umsatzwachstum soll nun rund 20 Prozent erreichen, das Ebitda um selbigen Wert steigen.
Die starken Zahlen, gepaart mit einer handfesten Wachstumsstory für die Zukunft, kommen bei Anlegern gut an. Allein in diesem Jahr ging es für die Match Group-Aktie um 76 Prozent von 42,70 auf 75,50 Dollar nach oben. Im August hatte sie mit 87 Dollar erst ein neues Rekordhoch markiert. Auf Dreijahressicht steht die Aktie nun schon mit über 400 Prozent im Plus. Der Ausgabepreis im Jahr 2015 lag übrigens bei zwölf Dollar. Auch wenn die Markteintrittsbarrieren in der Branche niedrig sind und Facebook womöglich bald zum Großangriff blasen könnte, scheint die Match Group sehr gut positioniert. Das Abo-Modell schafft wiederkehrende Einnahmen, in Zukunft könnten Anzeigen zusätzlich Geld in die Kasse spielen. Dazu dürften die Texaner als mögliches Übernahmeziel für die großen Tech-Konzerne gelten. Mit einer Marktkapitalisierung von 4,8 Milliarden Euro ist der Konzern weit davon entfernt, als unbezahlbar zu gelten.
OG