Holzfällen mit Stihl
1830 präsentierte der Mediziner Bernhard Heine seine Erfindung: Eine manuell betriebene Kettensäge für das Sägen von Knochen. Kein Wunder, dass in vielen Horrorfilmen solche Geräte eine Hauptrolle spielen. Die erste Kettensäge mit Elektroantrieb wurde 1926 vom Ingenieur Andreas Stihl entwickelt. Sie war allerdings nicht für medizinische oder andere blutige Einsätze gedacht, sondern zum Fällen von Bäumen. Damit legte er den Grundstein für den weltweiten Erfolg des schwäbischen Familienunternehmens Stihl.
Gelegentlich stolpert man beim Fernsehen über einen Sportsender, der starke Männer dabei zeigt, wie sie mit einer Axt oder einer Motorsäge in kürzester Zeit aus einem dicken Baumstamm Kleinholz machen. Timbersports nennt sich diese spektakuläre Sportart, und der Motorsägenbauer Stihl wurde wegen seines Engagements in diesem Bereich auch unter Leuten relativ gut bekannt, die nichts mit Forstwirtschaft oder Gartenbau zu tun haben.
Die Timbersports-Sportler müssen in sechs verschiedenen Disziplinen beweisen, wie schnell und geschickt sie mit Axt und Säge beim Bearbeiten von Baumstämmen umgehen können. Entstanden ist dieser Sport aus Wettkämpfen, die sich vor allem Holzfäller und Waldarbeiter in Nordamerika und Neuseeland lieferten. Nicht zuletzt, weil Stihl dieses Kräftemessen förderte, wurde daraus eine Sportart mit einheitlichen Regeln und internationalen Standards, die den Athleten einiges an körperlicher Fitness und an technischen Fähigkeiten beim Umgang mit den Werkzeugen abverlangt. Der Deutsche und Europäische Meister, Dirk Braun, schaffte es zum Beispiel in 5,5 Sekunden, mit der sogenannten Hot Saw, einer rund 27 kg schweren und sehr leistungsstarken Motorsäge, einen Holzblock von 46 Zentimeter Durchmesser innerhalb eines Bereiches von 15 cm in drei Cookies zu zersägen.
Doch nicht nur sportliche Höchstleistungen werden bei Stihl groß geschrieben, auch in geschäftlicher Hinsicht sind die Schwaben ehrgeizig. Bereits seit 1971 beanspruchen sie den Titel der meistverkauften Motorsägenmarke der Welt für sich. In über 160 Ländern arbeiten Waldarbeiter, Landschaftsgärtner, Forstwirte, Bauunternehmer und Landwirte mit Werkzeugen und Geräten von Stihl oder der Tochterfirma Viking, die auf Gartengeräte wie Rasenmäher spezialisiert ist. Im Produktkatalog des Unternehmens, mit Hauptsitz in Waiblingen, finden sich neben Motorsägen für verschiedene Einsatzmöglichkeiten unter anderem auch Hochdruckreiniger, Laubbläser, Nass- und Trockensauger, Heckenscheren, Geräte zum Spritzen von Pflanzenschutzmitteln, Bohrgeräte, Astscheren, Äxte und vieles mehr. Überwiegend handelt es sich um Geräte für Profis, weniger für Hobbygärtner und Heimwerker. In normalen Baumärkten wird man daher auch kaum Stihl-Sägen finden, man muss einen autorisierten Fachhändler aufsuchen.
Von Brasilien nach Deutschland
Zwar hatte Andreas Stihl seine Sägen bereits in den 1930er-Jahren erfolgreich nach Kanada und Russland verkauft, doch erst die Nachkriegszeit brachte dem Unternehmen nachhaltigen Aufschwung. Seit den 1970er-Jahren wurde die internationale Expansion forciert, unter anderem mit Werken in Brasilien und den USA, dem Aufbau eines internationalen Vertriebsnetzes sowie Zukäufen. Nach dem Tod des Firmengründers 1973 kümmerten sich seine Kinder Eva und Hans Peter um die Leitung, bis sie sich ab den 1990er-Jahren zunehmend aus dem Geschäft zurückzogen.
Seit 2002 ist der Vorstandssessel nicht mehr mit einem Mitglied der Familie Stihl besetzt. Die Wirtschaftskrise schreckt indes nicht vor Kettensägen zurück: So wurden Teile der Produktion von Kettensägen von Brasilien und den USA nach Deutschland verlagert, um Arbeitsplätze am Heimatstandort zu sichern. Auch mit dem Erstarken der brasilianischen Währung wurde die Entscheidung begründet. Wegen der Wirtschaftsflaute ging Stihls Umsatz von Januar bis August 2009 um 7,5% auf 1,376 Mrd. Euro zurück. Für das Gesamtjahr 2009 stellte das Unternehmen im Herbst 2009 einen einstelligen Umsatzrückgang in Aussicht.