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Blackout bei General Electric

Der Mischkonzern hat in Deutschland eine über 130-jährige Tradition. So bastelt sich das Unternehmen zumindest die historischen Umstände zurecht, um sich bei Anlässen wie der Jubiläumsfeier 2013 oder im Internetauftritt als Deutschland verbunden zu zeigen. In Wahrheit hat der Industrieriese riesige Probleme hierzulande.

BÖRSE am Sonntag

Der Mischkonzern hat in Deutschland eine über 130-jährige Tradition. So bastelt sich das Unternehmen zumindest die historischen Umstände zurecht, um sich bei Anlässen wie der Jubiläumsfeier 2013 oder im Internetauftritt als Deutschland verbunden zu zeigen. In Wahrheit hat der Industrieriese riesige Probleme hierzulande.

Deutschland ist Siemens-Land. Auch wenn sich selbst die Kanzlerin bei der besagten Jubiläumsfeier blicken ließ, so gilt in „Good old Germany“ nach wie vor: Siemens first! Und das ist aus einem nationalökonomischen Interesse durchaus nachvollziehbar. Dennoch kämpft General Electric gegen die widrigen Umstände an und wirbt mit Sprüchen wie: „Wir sind das GE in Germany“. „Wenn uns die restlichen fünf Buchstaben gehören, soll uns das recht sein“, flachsen Mitarbeiter auf Münchener Siemens-Fluren manchmal. Alle Jahre wieder liest man von Aufholjagden und Kampfansagen gegen Siemens in Deutschland. Doch wirklich durchsetzen kann sich der Konzern hier nicht. 2013 schrieb GE Deutschland Holding tiefrote Zahlen: Am Ende stand ein Verlust von 176,9 Millionen Euro auf dem Papier. Aktuellere Ergebnisse gibt es nicht. GE macht in Deutschland gerne ein Geheimnis um die Konzernabschlüsse und glänzt mit Undurchsichtigkeit. Der Umsatz der deutschen Tochter stagniert seit 2009 auf niedrigem Niveau. 2014 betrug der Erlös 123 Milliarden Euro. Vor der Finanzkrise 2008 waren es noch 148 Milliarden. Das Gesamtkonzernergebnis sieht aktuell kaum erfreulicher aus: General Electric veröffentlichte vergangene Woche die Zahlen für das erste Quartal im Jahr 2015.

Der amerikanische Konzern enttäuschte bei dieser Veranstaltung die überwiegende Mehrheit der involvierten Öffentlichkeit. Der Gesamtumsatz brach im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 12 Prozent ein. Grund dafür ist vor allem das schlecht laufende Finanzgeschäft „GE Capital“. Insgesamt musste das Unternehmen im ersten Quartal daher einen Verlust von 13,6 Milliarden US-Dollar verzeichnen. Kein Wunder, dass der Siemens-Konkurrent den maroden Finanzsektor gerne verkaufen möchte. Einem Bericht des „Wall Street Journals“ zufolge, gehöre die US-Großbank Wells Fargo zu den größten Kaufinteressenten. Beim Immobiliengeschäft von GE hatte Wells Fargo bereits ordentlich zugeschlagen. Der Ausstieg von General Electric aus dem Gewerbeimmobilien-Geschäft ist auch verantwortlich für den Milliardenverlust in Q1. Im Kerngeschäft von GE, der Industrie, lesen sich die Quartalsergebnisse allerdings etwas besser. Eine starke Performance im Aviation-Geschäft (insbesondere Verkauf von Turbinen) brachte den Industrie-Gewinn auf sehenswerte 3,56 Milliarde US-Dollar. Das ist eine Steigerung von neun Prozent zum Vorjahreszeitraum.

In Lauerposition

Turbinen sind eine entscheidende Hochtechnologie, an der sich Hightech-Konzerne weltweit gerne messen. Bei Windturbinen führt Siemens die Liste der Hersteller an. Die Münchner sind vor GE Weltmarktführer. In Sachen Gasturbinen hat sich General Electric aber im letzten Jahr eine hervorragende Position verschafft und vermutlich an die Spitzenposition abgesetzt. Das Unternehmen, das seinen Sitz in der kleinen Stadt Fairfield im US-Bundesstaat Connecticut hat, steht noch immer vor der Übernahme von großen Teilen des französischen Alstom-Konzerns und damit einem führenden Gasturbinen-Hersteller. In diesem langwierigen Prozess zittert der Konzern um CEO Jeffrey R. Immelt aber noch wegen laufender Kartellverfahren. Offiziell gibt man sich im Hause GE diesbezüglich „zuversichtlich“. Bis August soll in diesem Anliegen endgültig eine Entscheidung fallen.

Zuversichtlich zeigen sich im Moment auch viele Analysten beim Blick auf die Aktienentwicklung des GE-Papiers. Wer vor einem Jahr sein Geld in General Electric Aktien investiert hat, hat es inzwischen um rund 30 Prozent vermehrt. Dennoch lässt sich seit zwei Wochen ein einschneidender Abwärtstrend ausmachen, der den Kurs schon um fast sieben Prozent reduziert hat. Nachdem GE sich monatelang als hell leuchtender Stern am Börsenhimmel präsentierte, gleicht die derzeitige Entwicklung fast einem Blackout. Aktuell steht das Papier bei rund 24,80 Euro. Dividendenbegeisterte Anleger kommen beim Wertpapier von GE auf ihre Kosten: Insgesamt 0,92 US-Dollar sollen die Aktionäre in diesem Geschäftsjahr pro Aktie ausgeschüttet bekommen. Bei aktuellem Kurs entspräche das einer satten Rendite von rund 3,4 Prozent.

Zweifelsohne ist General Electric trotz gelegentlicher Schwierigkeiten ein weltweit erfolgreicher Innovator, der das technische Leben in vielen Bereichen vereinfacht. Kürzlich feierten Techies dieser Welt, dass GE es erstmals geschafft hat, ein Turbinenteil für Flugzeuge in einem 3D-Druckverfahren serienfertig herzustellen. Das Unternehmen verbindet Beständigkeit mit Progress in beeindruckender Weise. So ist General Electric auch das einzige der ersten zwölf Unternehmen, das es geschafft hat seit der Gründung des Dow Jones Index im Jahr 1896 bis heute Teil dessen zu sein.

Fazit

General Electric befindet sich in einer leichten Krise. Die Quartalszahlen waren enttäuschend und der Aktienkurs ist seit zwei Wochen auch vorwiegend rötlich. In Deutschland kämpft GE noch immer erfolglos gegen die Vorherrschaft von Siemens. Die Innovationsschmiede von GE ist aber weltweit gefragt und am internationalen Erfolg lässt der Konzern auch seine Aktionäre teilhaben: Mit einer ordentlichen Dividende. Jetzt Aktien des Mischkonzerns zu kaufen birgt aber einige Risiken. Böse Zungen behaupten: Das Unternehmen ist das GE in Gefährliche Anlage.

WCW