Nach Sieg Macrons – Aufwind für Nordex?
Geringere Absatzerwartungen, starke Konkurrenz und eine gekappte Prognose brachten den Windkraftanlagenbauer Nordex zuletzt in erhebliche Erklärungsnot. Und deren Aktionäre zur Verzweiflung. Innerhalb weniger Monate halbierte sich der Kurs der Aktie von 27,04 auf 14,24 Euro. Die Wahl Emmanuel Macrons zum neuen französischen Präsidenten könnte nun für Besserung sorgen. Die Betonung liegt indes auf „könnte“.
Geringere Absatzerwartungen, starke Konkurrenz und eine gekappte Prognose brachten den Windkraftanlagenbauer Nordex zuletzt in erhebliche Erklärungsnot. Und deren Aktionäre zur Verzweiflung. Innerhalb weniger Monate halbierte sich der Kurs der Aktie von 27,04 auf 14,24 Euro. Die Wahl Emmanuel Macrons zum neuen französischen Präsidenten könnte nun für Besserung sorgen. Die Betonung liegt indes auf „könnte“.
Viele Pro-Europäer werden, verteilt auf dem ganzen Kontinent, am vergangenen Sonntag einmal tief durchgeatmet haben. Seitdem nämlich steht fest: Der linksliberale Emmanuel Macron wird neuer Präsident Frankreichs. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen derweil ist vorerst gescheitert. Ob der designierte Staatschef am Ende eine gute Wahl war oder nur die des „geringeren Übels“, das muss sich noch zeigen. An den Finanzmärkten zumindest herrscht vorerst Erleichterung. Insbesondere bei den deutschen Maschinenbauern. Frankreich nämlich ist hinter den USA und China der drittgrößte Exportmarkt für die deutsche Vorzeigebranche. 2016 betrug das Exportvolumen nach Angaben des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) 10,2 Milliarden Euro. Mit 72,5 Milliarden Euro ging weiterhin die Hälfte aller deutschen Maschinenbau-Exporte in die EU, womit ein europafreundlicher französischer Präsident freilich erst einmal für positive Stimmung sorgt.
Alles andere als ein Sieg Macrons „hätte einen unermesslichen Schaden für die Gesellschaft und Wirtschaft in Europa bedeutet, kommentierte Carl Martin Wecker, Präsident des VDMA den Wahlausgang. „Mit Macron hat Deutschland einen Partner gewonnen, um gemeinsam die notwendige Reform der EU voranzutreiben. Wir hoffen, dass die deutsch-französische Achse in Zukunft wieder besser funktioniert“, so Wecker weiter. Auch Stefan Hoehl, Arbeitsmarktexperte der VhU, sieht in Macron einen „Hoffnungsträger“. Beim Wirtschaftswachstum habe Frankreich in den letzten Jahren wenig Fortschritte gemacht, nun sehe er Chancen, dass die Grande Nation wirtschaftlich wieder stärker werde.
Westwind für Nordex
Gestärkt aus der Frankreich-Wahl könnte auch der zuletzt an der Börse unter Druck geratene Windkraftanlagenbauer Nordex hervorgehen. Das zumindest ist die Meinung von Goldman Sachs-Analyst Alberto Gandolfi. Macron nämlich habe angekündigt, Aufträge im Sektor der erneuerbaren Energien mit einer Leistung von 26 Gigawatt auszugeben. Ein Stück von diesem Kuchen abbekommen, das wäre für Nordex derzeit durchaus einiges Wert. Denn am Aktienmarkt läuft für den Hamburger Konzern seit einigen Monaten so ziemlich alles in die falsche Richtung. Und das obwohl es von 11,41 Euro pro Anteilsschein innerhalbe eines Jahres von 2014 bis 2015 auf über 32,91 Euro nach oben ging.
Nordex konnte seine Aktionäre lange Zeit mit sehr guten Zahlen überzeugen. Umsätze und Gewinne stiegen, die Auftragseingänge erhöhten sich Quartal um Quartal. Das schürte freilich die Erwartungen und Nordex selbst gab mit einer extrem optimistischen Prognose für 2017, und vor allem 2018, sein Bestes um diesen weiter Auftrieb zu schenken. Zu Beginn des vergangenen Jahres hatte der Anlagenbauer noch das spanische Windkraft-Unternehmen Acconia erworben. Gemeinsam wollte man bis 2018 seinen Umsatz verdoppeln und zu einem ernsthaften Konkurrenten gegenüber Weltmarktführer Vestas aus Dänemark werden.
Zu Beginn des laufenden Jahres nun der Schock: Für 2017 rechnete der in der Folge beurlaubte und damit ehemalige Konzernchef Lars Krogsgaard auf einmal nur noch mit einem Umsatz in Höhe von 3,1 bis 3,3 Milliarden Euro anstatt der angepeilten 3,35 Milliarden. Für 2018 werden zwischen 3,4 und 3,6 Milliarden Euro angestrebt. Ursprünglich war von 4,2 bis 4,5 Milliarden Euro die Rede gewesen. Ebenso soll die operative Umsatzrendite mit zirka acht Prozent stabil bleiben, während es zuvor noch geheißen hatte, sie werde wohl auf über zehn Prozent ansteigen. Zudem erwartet man ein Ebit in Höhe von gut 160 Millionen Euro. Somit könnte der Gewinn am Ende unter dem von 2016 liegen, als Nordex 168,6 Millionen Euro erwirtschaften konnte.
Aktie wurde abgestraft
Wenig verwunderlich: bei den Aktionären kam das gar nicht gut an, womit die Nordex-Turbinen an der Börse gewaltig ins Stocken gerieten. So landete der Kurs der Aktie im Februar auf dem tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Innerhalb von zwei Tagen fiel der Wert des Papiers Stockwerk um Stockwerk um insgesamt über 30 Prozent auf 14,05 Euro. Die Prognose für 2018 wäre höchstoptimistisch gewesen. Aber die jetzigen Aussichten seien ein Schock, so Holger Fechner von der NordLB. „Die Wachstumsstory ist raus.“ Auch Roshan Zamir von MM Warburg zeigte sich enttäuscht und verärgert: Die Rücknahme der Umsatzprognose um rund eine Milliarde Euro sei dramatisch. Er sehe darin einen großen Vertrauensverlust. Grund für das Kappen der Prognose war eine geringere Absatzerwartung, ein erhöhter Preisdruck und schlechter laufende Geschäfte in Brasilien, Indien und Südafrika, welche zu den Kernmärkten zählen. Und glaubt man den Analysten, sicher auch die Prognose selbst. Die war einfach viel zu hoch angesetzt.
Aktionäre tun nun gut daran ihre Erwartungen in das mögliche Erneuerbare-Energien-Programm von Emmanuel Macron nicht ebenso zu hoch anzusetzen. Der Staatschef allein wird Nordex mit seinen Plänen nicht fit für die Zukunft machen. Vor allem auch, da es an Konkurrenz nicht mangelt. So wären da beispielsweise noch die französische „Engie“ oder das portugiesische Unternehmen „EDP Renovaveis“, die wohl Ansprüche anmelden dürften, wenn es zur Projektvergabe kommt. Von Vestas ganz zu schweigen. Der dänische Konzern veröffentlichte vor kurzem seine Zahlen für das erste Quartal 2017. Und die können sich sehen lassen. Den Umsatz steigerten die Dänen gegenüber dem Vorjahresquartal um knapp 30 Prozent. Das operative Ergebnis hat man gar verdoppelt. Die Prognose für das laufende Jahr ist zudem mindestens rosig. Der Umsatz soll am Ende zwischen 9,3 und 10,3 Milliarden Euro liegen.
Attraktive Einstiegschance?
Die Ebit-Marge dürfte sich irgendwo zwischen zwölf und 14 Prozent befinden. Das sieht nicht nur auf den ersten Blick weit besser aus, als bei den deutschen Windkraftspezialisten von Nordex. So legte im Anschluss an die veröffentlichten Zahlen auch die Vestas-Aktie deutlich, um über fünf Prozent, auf umgerechnet 83,61 Euro pro Anteilsschein zu. Wer in erneuerbare Energien und Windkraft investieren will, der ist bei den Dänen derzeit also wohl besser aufgehoben als bei den Hamburgern. Die dürften ihre korrigierten Ziele für 2017 zwar erreichen und es besteht keinesfalls eine notorische Auftragsarmut. Erst kürzlich zog das Unternehmen einen Großauftrag in Brasilien an Land, der die Lieferung von 65 Turbinen umfasst. Mittelfristig scheint für Nordex aber kein erhebliches Wachstum in Sicht.
Wer möchte, darf den derzeitigen Kurs von 14,24 Euro aber auch als attraktive Einstiegschance betrachten. Bei einem erwarteten Umsatz für 2017 in Höhe von 3,1 oder 3,3 Milliarden Euro ist die Aktie derzeit definitiv günstig. Und wer weiß, vielleicht bricht Nordex mit José Luis Blanco als neuem Vorstandschef an der Spitze ja auch schon bald auf zu neuen Wachstumsufern. Der Rückenwind, vor allem was die Geschäfte außerhalb Europas anbelangt, dürfte dafür aber gerne noch ein bisschen zulegen. OG