Rocket Internet: Die Rakete fliegt wieder
Gute Nachrichten für Deutschlands Start-Up-Rakete: Die Beteiligungsfirma Rocket Internet wird im SDAX gelistet. Und auch die Investoren können abermals neue Hoffnung schöpfen. Nach einer monatelangen Abwärtsspirale könnte es nun wieder bergauf gehen – wenn Oliver Samwer Recht behält.
Gute Nachrichten für Deutschlands Start-Up-Rakete: Die Beteiligungsfirma Rocket Internet wird im SDAX gelistet. Und auch die Investoren können abermals neue Hoffnung schöpfen. Nach einer monatelangen Abwärtsspirale könnte es nun wieder bergauf gehen – wenn Oliver Samwer Recht behält.
Oliver Samwer, der Raketenmann unter den deutschen Start-Up-Gründern, bleibt bei seiner Linie: geradezu unverschämt optimistisch. „Wir gehen davon aus, dass mindestens drei unserer wesentlichen Beteiligungen Ende 2017 profitabel sein werden“, lässt Rocket Internet-Chef verlauten, wenn man ihn nach den bisherigen Erfolgen seiner Firma fragt. Es klingt fast wie ein Mantra. Dieses Versprechen soll die Investoren beruhigen. Denn immer mehr von ihnen haben in den vergangenen Monaten das Vertrauen in Samwer und seine Start-Up-Raketenbasis verloren. Allein in diesem Jahr verlor das Unternehmen rund 30 Prozent seines Börsenwerts. Seit dem Börsenstart vor zwei Jahren sind es sogar über 50 Prozent. Aktuell liegt der Kurs mit 19,40 Euro deutlich unter dem damaligen Ausgabepreis von 42,50 Euro.
Dabei hatte die Strategie von Rocket Internet große Erwartungen geweckt. Denn das Geschäftsmodell ist relativ simpel: Bewährte Geschäftsideen aus den USA und Europa werden auf Schwellenländer übertragen. Das nötige Risikokapital für die Gründung dieser neuen Firmen stellt Rocket Internet zur Verfügung und sichert sich dafür Anteile, die später Gewinn abwerfen sollen. Zu den wichtigsten Beteiligungen von Rocket Internet gehören der Online-Möbelhändler Home24, der Kochbox-Lieferant HelloFresh, Foodpanda, Jumia oder auch Westwing.
Das Problem: Nicht eines dieser Unternehmen ist Stand jetzt profitabel. Und das drückt natürlich auch auf die Bilanz des Mutterkonzerns. Im ersten Halbjahr musste Rocket Internet einen Verlust von 617 Millionen Euro verkünden. Hauptgrund waren die Abschreibungen bei Home24 und der Global Fashion Group, unter der mehrere Modebeteiligungen von Rocket Internet zusammengefasst sind. Während der Möbelhändler bei der jüngsten Finanzierungsrunde mit 420 statt 981 Millionen Euro bewertet wurde, waren es bei den Modebeteiligungen sogar nur eine Milliarde anstatt der vorherigen 2,8 Milliarden Euro. HelloFresh wiederum steigerte seinen Verlust von 21 auf 45 Millionen Euro.
Profit ist absehbar – wirklich?
Dennoch ist die Lage nicht ganz so schlecht, wie es auf den ersten Blick scheint. So ist beispielsweise der Verlust von HelloFresh mit dem aktuellen Expansionskurs zu erklären und geht einher mit einer Umsatzsteigerung von satten 159 Prozent. Und auch die neuesten Zahlen lassen auf eine Trendwende hoffen. So steigerten die Rocket-Töchter ihre Erlöse im ersten Halbjahr um rund ein Drittel. Und die bereinigte operative Marge (Ebitda) der Töchter verbesserte sich von minus 32 Prozent im ersten Halbjahr 2015 auf minus 17 Prozent in 2016. Samwer selbst sieht seine Firma sogar besser positioniert als je zuvor und verwies dabei in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg auf die 30.000 Angestellten in 120 Ländern, auf 1,7 Milliarden Euro Cash und einen neuen Co-Investment-Fonds.
Von dem ungebrochen Selbstbewusstsein von Samwer zeugt auch die jüngste Nachricht der Deutschen Börse. Wie diese mitteilte, wird Rocket Internet schon ab morgen im SDax gelistet sein. Dabei war er Risikokapitalgeber erst Ende September in den Prime Standard aufgerückt, für den strengere Regulierungen gelten und der Voraussetzung für die Aufnahme in einen Index ist. „Das Uplisting war ein wichtiges Ziel von Rocket Internet und unterstreicht unser Bestreben, den höchsten Transparenzanforderungen des Kapitalmarktes zu genügen“, sagte Samwer dazu vor wenigen Wochen. Nun wird Rocket Internet sogar in einem der größten deutschen Börsenindizes geführt.
Möglich geworden war dieser raketenhafte Aufstieg durch die Übernahme des Solar- und Windanlagenbetreibers Chorus Clean Energy durch den Konkurrenten Capital Stage. Durch den Kauf sank der Streubesitz von Chorus auf 5,7 Prozent und damit unter die Mindestquote von zehn Prozent für den Index. Chorus wird nun durch Rocket Internet ersetzt. An dem Aktienkurs änderte sich aber vorläufig nur wenig. An der Börse herrscht weiterhin Skepsis darüber, ob Samwer seine Versprechungen ja halten kann. Daher ist das Papier derzeit zwar hochinteressant. Aber nur für hartgesottene Spekulanten, denen weder die Luftttemperaturen der Stratosphäre noch das Hängen im luftleeren Raum etwas ausmachen. Robin Schenkewitz