Rohloff AG: Eine Kette von Erfolgen
Bis gestern war Friedrichshafen am Bodensee das Mekka aller Radfahrer: Dort fand nämlich die Eurobike statt, auf der die internationale Fahrradbranche ihre Neuheiten und Trends vorstellte. Mit dabei war auch eine kleine Firma aus Fuldatal bei Kassel, die mit ihren Fahrradschaltungen und Fahrradketten innerhalb weniger Jahre zu den Großen der Bikeszene aufgestiegen ist: die Rohloff AG.
An einem durchschnittlichen Fahrrad für den Weg ins Schwimmbad oder zur Post dürften sich die Komponenten der Hessen allerdings kaum finden. Denn nicht Gelegenheitsradler sind die Zielgruppe für die eher im hochpreisigen Segment angesiedelten Produkte: Um die 800 Euro oder sogar mehr kann man durchaus einkalkulieren für eine Rohloff-Schaltung – und damit mehr, als so manches Fahrrad insgesamt kostet. Kein Wunder, dass es hauptsächlich Leistungssportler und ambitionierte Amateursport-Radler sind, die ihre Sportgeräte mit Rohloff-Technik veredeln, gleichgültig ob bei Straßenrennen, im Mountainbiking-Bereich oder im Triathlon. Die Produkte sind zwar nicht ganz billig, doch dafür ist die Technik ausgefeilt und belastbar und Reparaturen sind nur selten nötig. Auch wer gern lange Strecken per Fahrrad zurücklegt, zum Beispiel im Rahmen einer Radreise, dürfte diese Vorteile zu schätzen wissen.
Bei der Tour de France dabei
SLT 99, so heißt die Keimzelle des Familienbetriebs für Fahrradantriebstechnik. Dabei handelt es sich um eine Fahrradkette, die für extreme Belastungen im Hochleistungsbereich gedacht ist, zugleich aber nicht viel wiegt. Mit dieser Kette legten Barbara und Bernhard Rohloff den Grundstein für ihren Erfolg, als sie 1986 ihre Fahrradtechnik-Schmiede eröffneten. Der Maschinenbauingenieur Bernhard Rohloff hatte die Kette für 27-Gang-Schaltungen selbst entwickelt. Zunächst skeptisch beäugt, mauserte sie sich allmählich zum Erfolg. 1989 wurde man sogar in Italien auf die Hessen aufmerksam: Der traditionsreiche italienische Komponentenhersteller Campagnolo, eine noble Adresse, beteiligte sich an Rohloff und stattete einige Jahre lang sämtliche Radgruppen mit Rohloff-Ketten aus, bevor es 1994 wieder zur Trennung kam. Zu den größten sportlichen Erfolgen von Rohloff gehört sicherlich, dass 1990 der US-Amerikaners Greg LeMond mit einer SLT 99 von Rohloff zum Tour de France-Sieg radelte. Doch Bernhard Rohloff tüftelte weiter. 1994 begann er, eine Schaltung zu entwickeln, die möglichst viel aushalten sollte, zugleich aber nicht viel Gewicht auf die Waage bringen durfte. Außerdem sollte sie möglichst ohne aufwendige Wartung auskommen. Endergebnis war die Speedhub 500/14, eine 14-Gang-Nabenschaltung, die sich Rohloff patentrechtlich schützen ließ, und die 1996 auf einer Fachmesse der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Ende der 1990er-Jahre, nach ausführlichen Tests, ging die Nabe in Serienproduktion. Nach Unternehmensangaben ist diese Getriebenabe bis heute die einzige Nabenschaltung, die eine moderne 27-Gang-Kettenschaltung vollständig ersetzt und für den Einsatz im Sportbereich geeignet ist. Die Zahl der jährlich weltweit ausgelieferten Schaltungen beziffert die Firma auf rund 15.000 Exemplare. Um die Langlebigkeit der Schaltung zu belegen, suchte und fand das Unternehmen im letzten Jahr Radler, die jeweils mehr als 60.000 Kilometer mit ihrer Speedhub-Schaltung zurückgelegt hatten. 55 Fahrer bewarben sich mit ihren Reiseberichten, in denen sie von ihren langen und teilweise abenteuerlichen Touren durch Kanada, Patagonien oder Afrika erzählten. So viel Ausdauer wurde belohnt, und zwar mit einer 24-Karat vergoldeten Schaltung, die unter allen Teilnehmern verlost wurde.
Übrigens entwickelt der Fahrradspezialist nicht nur Komponenten, sondern gleichzeitig auch die Maschinen und Werkzeuge, die zur Herstellung der Bauteile nötig sind. Die SLT 99 wird zum Beispiel auf einer selbst kreierten Montagemaschine gefertigt, die firmenintern als „grünes Monster“ bekannt ist. 2004 wurde aus der Rohloff GmbH eine AG, an der die um die 35 Mitarbeiter mit Aktien beteiligt sind.