Rudolf Wild: Capri-Sonnes Geschmack
Mit Nahrungsmittelzusätzen, Aromen und dem Kultgetränk Capri-Sonne setzt der Badener Familienkonzern Rudolf Wild jedes Jahr mehr als eine Milliarde Euro um. Immer mehr Hersteller setzen auf natürliche Produkte. In diesem Bereich zählt die Rudolf Wild GmbH & Co. KG zu den weltweit führenden Anbietern.
Hans-Peter Wild hatte 1979 eine geniale Idee. Mit einem populären Werbeträger wollte er das damals wichtigste Produkt des elterlichen Betriebs weltbekannt machen. Der Coup gelang: Er konnte den Box-Schwergewichts-Weltmeister Muhammad Ali als Partner gewinnen, der bis zu diesem Zeitpunkt abgelehnt hatte, Werbeverträge mit der Industrie zu vereinbaren.
Dank Muhammad Alis internationaler Bekanntheit erlangte Capri-Sonne globale Aufmerksamkeit. Vor allem der Erfolg im Mittleren Osten und Asien war dieser Kampagne zu verdanken. In Deutschland kam Capri-Sonne schon zehn Jahre früher auf den Markt. Zunächst war die neue Verpackung im Alu-Standbeutel zwar ungewohnt. Aber sie bot einen großen Vorteil: Sie wog nur 4,3 Gramm, im Vergleich zu den handelsüblichen Glasflaschen also quasi nichts. Trotzdem platzte sie auch unter großem Druck nicht. Das machte sie bei Kindern besonders beliebt. Außerdem enthielt sie neben Wasser und Zucker nur natürliche Rohstoffe wie Früchte, Kräuter und Gewürze. War Capri-Sonne zunächst nur in den Geschmacksrichtungen Orange und Zitrone erhältlich, so wird das Getränk inzwischen in elf Geschmacksrichtungen und 178 Varianten in über 100 Ländern angeboten.
Libella bringt den Durchbruch
Entwickelt hatte das Getränk der Chemiker Rudolf Wild, der seit 1931 alkoholfreie Getränke aus natürlichen Zutaten herstellte. Den Durchbruch schaffte die Firma nach dem Krieg: 1951 präsentierte Rudolf Wild die Limonade Libella. 1966 machte er sich an die Entwicklung der Capri-Sonne. Dabei gab es einen Haufen Probleme zu lösen. So mussten die Abfüllanlagen selbst konstruiert werden. Daraus wurde später sogar ein eigener Geschäftsbereich. Auch dauerte es Jahre, bis die Rezeptur längere Zeit haltbar blieb. Deshalb startete die Markteinführung Capri-Sonnes erst 1969. Die Internationalisierung der Firma begann mit dem Eintritt von Hans-Peter Wild in den väterlichen Betrieb. Nach seinem abgeschlossenen Jura- und BWL-Studium hatte der Sohn des Firmengründers Rudolf einige Jahre eine Mineralölgesellschaft in Bremen geführt. Parallel zur Muhammad-Ali-Werbekampagne baute er weltweit Fabriken für Capri-Sonne. 1981 stieg der Konzern in die Produktion von Fruchtaromen ein. Durch Akquisitionen wuchs die Sparte in den 80er- und 90er-Jahren rasant. Entscheidend war die Übernahme der amerikanischen F&C, die Wild zum Marktführer in den USA machte. Heute erwirtschaftet der Konzern rund drei Viertel des Umsatzes mit Aromen, ein Fünftel entfällt auf Capri-Sonne, der Rest bringt die Sparte Spezialmaschinenbau.
Finanzinvestor steigt ein
Trotz der Erfolge gibt es auch einen Wermutstropfen für Hans-Peter Wild. Seine Söhne zeigen wenig Interesse, den väterlichen Konzern fortzuführen. Deshalb macht der Chef seine Firma seit 2007 reif für die Börse. Dazu zählt auch der Einstieg des amerikanischen Private-Equity-Giganten Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) im Januar 2010 bei Wild. Allerdings beteiligt sich KKR nur am deutschen Aromen- und Grundstoffgeschäft, sodass Hans-Peter Wild weiter das Sagen in seinem Konzern hat: „Durch den nun vollzogenen ersten Schritt werden wir in Zukunft Zugang zum Kapitalmarkt und zu Finanzquellen haben, die uns bisher verschlossen waren. Dies ermöglicht uns einen beschleunigten Ausbau des Geschäfts.“ Damit ist wohl vor allem das Auslandsgeschäft gemeint. Mehr als die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet der Konzern im Ausland. Schon heute kaufen die Riesen der internationalen Lebensmittelindustrie, darunter Nestlé, Unilever und Kraft Foods, ihren Geschmack bei Wild ein, aber auch regionale Molkereien, Mineralwasserbrunnen und Nahrungsmittelhersteller. So sollen auch Geschmack und Farbe der Haribo-Gummibärchen von Wild stammen.