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Siemens Healthineers-Aktie: Was macht das Papier so stark?

Seit Ende Januar herrscht Ausverkaufsstimmung am deutschen Aktienmarkt. Dax und MDax haben ausgehend von ihren damaligen Höchstständen bis heute 20 und 18 Prozent an Wert verloren. Man hätte sich wohl kaum ein schlechteres Jahr heraussuchen können für einen Börsengang. Siemens Healthineers jedoch hat ihn davon fast unbeeindruckt mit Bravour gemeistert. Seit März steht die Aktie mit 26 Prozent im Plus. Was macht das Papier so stark?

BÖRSE am Sonntag

Seit Ende Januar herrscht Ausverkaufsstimmung am deutschen Aktienmarkt. Dax und MDax haben ausgehend von ihren damaligen Höchstständen bis heute 20 und 18 Prozent an Wert verloren. Man hätte sich wohl kaum ein schlechteres Jahr heraussuchen können für einen Börsengang. Siemens Healthineers jedoch hat ihn davon fast unbeeindruckt mit Bravour gemeistert. Seit März steht die Aktie mit 26 Prozent im Plus. Was macht das Papier so stark?

Mit einem Plus von 26 Prozent seit März mit kurzen Unterbrechungen auf großer Klettertour, den jüngsten Strauchler aus dem Oktober vollständig korrigiert, das Ende August aufgestellte Rekordhoch  von 39,80 Euro wieder fest im Blick. Schaut man allein auf den Chart der Aktie von Siemens Healthineers, käme man wohl kaum darauf, dass der deutsche Aktienmarkt gerade dabei ist, sein schlechtestes Ergebnis seit der Finanzkrise 2007 und 2008 einzufahren. Das Papier der Siemens-Tochter, an der die Mutter noch immer die klare Mehrheit der Anteile hält, ist eines von ganz wenigen, das sich 2018 im Vergleich fast schon bravourös geschlagen hat.

Bleibt die Frage nach dem Warum. Was macht das Medizintechnikunternehmen bei Anlegern so beliebt? Wie ist in einem – inzwischen kann man wohl fast sagen katastrophalen Börsenumfeld – eine Kurssteigerung von über 20 Prozent möglich? Und das, wo doch auch die Zahlen von Siemens Healthineers zuletzt nicht unbedingt zu glänzen vermochten?

Geschäftsmodell überzeugt

Zuvorderst dürfte es wohl ein äußerst gelungener Mix aus noch immer intakter Wachstumsphantasie auf der einen und sicheren, regelmäßigen Einnahmen auf der anderen Seite sein. Die Erlanger schließlich decken mit ihren modernen Medizintechnik-Systemen ein Feld ab, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Das Unternehmen beeindrucke ihn durch seine vielfältigen und bedeutsamen Innovationen in den Segmenten Ultraschall, Röntgen und Magnetresonanztomographie, schrieb so erst vor kurzem Berenberg-Analyst Scott Bardo.

Zudem scheinen die für Healthineers bedeutenden Geschäftsfelder wenig berührt von den derzeit am Markt vorherrschenden Rezessionsängsten. Menschen schließlich werden nicht auf einmal seltener krank werden und damit weiterhin eine bestmögliche Versorgung erwarten, zu der am Ende auch der Einsatz der besten medizintechnischen Geräte gehört. Und davon stammen nicht wenige von Siemes Healthineers. Auffällig zudem: 55 Prozent der Umsätze waren zuletzt wiederkehrend, kamen aus Servicegebühren, Verbrauchsmaterialien und der Instandhaltung. In den Bereichen Imaging und Advanced Therapies waren es 40 Prozent, in der Diagnostics-Sparte sogar 90 Prozent. Damit gelten dem Unternehmen mehr als die Hälfte der Umsätze als vergleichsweise sicher, was viele Investoren besonders in konjunkturell schwierigeren Zeiten freuen dürfte.

Solide Zahlen, starke Prognose

Davon abgesehen sprechen bei genauerem Hinsehen auch die Zahlen für ein Investment in die Healthineers-Aktie. Das operative Ergebnis sowie das nach Steuern sanken im abgelaufenen, vierten Geschäftsquartal zwar um sechs und acht Prozent auf 627 beziehungsweise 374 Millionen Euro, daran hatten aber vor allem negative Währungseffekte sowie Einmaleffekte im Zuge des Konzernumbaus in Höhe von rund 80 Millionen Euro Schuld. Neben Kosten für den Personalabbau gehörten dazu auch die für den Anlauf des Labor-Diagnostik-Systems Atellica. Atellica gilt als großer Hoffnungsträger mit dem Healthineers in seinem zweitgrößten Geschäftsfeld wieder angreifen und zuletzt verlorene Marktanteile zurückerobern will.

Bislang scheint der Plan aufzugehen. Mir rund 1.000 ausgelieferten Systemen erreichten die Erlanger im Geschäftsjahr 2017/2018 die selbstgesteckten Ziele, das um Währungseffekte bereinigte Umsatzwachstum lag im vierten Quartal bei positiven drei Prozent. Im laufenden, neuen Geschäftsjahr soll sich die Zahl der ausgelieferten Systeme auf bis zu 2.500 mehr als verdoppeln. Damit befinde man sich auf einem guten Weg bis Ende 2020 7000 Systeme auszuliefern, zeigte sich Vorstandschef Bernd Montag jüngst sehr zuversichtlich.

Das ist er auch mit Blick auf die Gesamtperformance seines Unternehmens: „Wir legen die Messlatte ein Stück höher“, sagte er. So soll das Umsatzplus im Geschäftsjahr 2018/2019 irgendwo zwischen vier und fünf Prozent liegen (2017/2018: Vier Prozent), die bereinigte operative Marge von 17,2 auf bis zu 18,5 Prozent steigen und das Ergebnis je Aktie um 20 bis 30 Prozent zulegen. Dabei setzen sie in Erlangen auch weiter auf ihren Vorzeige-Bereich Imaging, sprich dem der bildgebenden Systeme. Im vierten Quartal stiegen hier die Erlöse mit einem Plus von sechs Prozent am deutlichsten.
An ein weiteres erfolgreiches Geschäftsjahr glaubt auch HSBC-Analyst Richard Latz. Die starke Dynamik beim Auftragseingang und die steigenden Margen ließen ein weiteres positives Jahr erwarten, so der Experte. Sein Kursziel für die Aktie hob er von 39,50 auf 43 Euro an. Bei dem derzeitigen Kurs von rund 38 Euro entspräche dies immerhin noch einem Aufwärtspotenzial von 13 Prozent. Kollege Daniel Wendorff von der Commerbank gibt selbiges Kursziel aus. Er zeigte sich sowohl von den positiven Gewinnperspektiven, als auch von bereits im vierten Quartal besser als erwartet ausgefallenen Umsatz- und Gewinnzahlen angetan.

Fazit

Es läuft also alles in allem ziemlich gut bei Siemens‘ Vorzeigetochter. Eine ohnehin schon hervorragende Marge könnte sich nicht zuletzt mit einer erfolgreichen Atellica-Etablierung noch weiter verbessern. Darüber hinaus mangelt es dem Unternehmen nicht an Innovationsfreude und mögliche Übernahmen könnten dabei helfen, das Wachstumstempo mindestens zu halten, wenn nicht gar zu beschleunigen. Zudem wollen sie bei Healthineers die Kosten senken und Sparmaßnahmen durchführen.

Mit Blick auf die Aktie könnte eine bereits hohe Bewertung jedoch abschreckend wirken. Mit einem KGV von 21 liegen die Erwartungen an das Healthineers-Papier deutlich höher als bei den Aktien vergleichbarer deutscher Unternehmen, wo das KGV im Schnitt zwischen 15 und 16 liegt. Das könnte darauf hindeuten, dass ein großer Teil der vielversprechenden Ziele für das angelaufene, neue Geschäftsjahr schon im Kurs enthalten sind.

Oliver Götz