Underberg: Die Kraft der Kräuter
Für viele Genießer gehört ein Gläschen nach einem guten Essen, Digestif genannt, dazu. Vor allem Getränken mit Kräutern wird eine wohltuende Wirkung auf die Verdauung nachgesagt. Zu den traditionsreichsten dieser Spirituosen gehört Underberg, benannt nach den beiden Gründern Hubert und Katharina. Ihr Hochzeitstag, der 17. Juni 1846, ist auch gleichzeitig der Tag der Unternehmensgründung.
Hubert Underberg, der aus Rheinberg am Niederrhein stammte, lernte während Aufenthalten in Belgien und den Niederlanden ein Kräuter-Mix-Getränk kennen, das ihm sehr mundete. Er störte sich aber daran, dass das Getränk je nach Mischung anders schmeckte. Somit beschloss er, einen Magenbitter zu entwickeln, auf dessen konstant hohe Qualität und gleichbleibenden Geschmack sich die Genießer stets verlassen konnten. Semper idem – lateinisch für „immer derselbe“ – nannte er sein Geheimverfahren, das auch heute noch von seinen Erben streng gehütet wird. Wie genau das alkoholische Getränk produziert wird, ist nicht bekannt. Nur so viel gibt das Unternehmen preis: Kräuter aus 43 Ländern und ein monatelanger Reifeprozess in Eichenfässern zeichnen den Underberg aus. Was auch immer sein Geheimnis war, Hubert Underberg war mit seinem Magenbitter jedenfalls erfolgreich. Obwohl er sich heimatverbunden gab, setzte er alles daran, seine Kreation auch international bekannt zu machen. Und so präsentierte er sein auch „Rheinberger Kräuter“ genanntes Getränk auf den Weltausstellungen 1851 in London, 1867 in Paris und 1876 in Philadelphia, wo er diverse Auszeichnungen dafür einheimste. Zur Pariser Weltausstellung ließ er extra Gläser mit besonders langem Stiel anfertigen, um sein Produkt optimal in Szene zu setzen. Mit 24 Zentimetern überragten sie alle anderen Gläser auf dem Tisch und zogen so die Aufmerksamkeit auf sich. Seit 1896 ist die Marke Underberg im deutschen Markenregister eingetragen. Dennoch versuchten zahlreiche Nachahmer, auf den Erfolgszug aufzuspringen, zum Beispiel, indem sie andere Kräutergetränke in die Originalflaschen umfüllten. In den 1940er-Jahren hatte Emil I. Underberg, ein Enkel des Firmengründers, eine gute Idee, um damit Schluss zu machen: Er verkaufte das Getränk nur noch in 2-cl-Portionsflaschen. Diese 20 Milliliter sollten zudem genau die richtige Dosis Kräuter sein, um die Verdauung nach einer üppigen Mahlzeit in Schwung zu bringen – damit betonte er geschickt die wohltuende Wirkung des Getränks, sofern es in Maßen genossen wird.
Familiendynastie auf Wachstumskurs
Im Laufe der Jahre sorgten die Underbergs dafür, dass das Produktportfolio ausgebaut und die Aktivitäten im Ausland intensiviert werden mussten, wenn die Firma weiter wachsen sollte. So kamen nach und nach zahlreiche Getränkemarken im In- und Ausland hinzu, darunter der Weinbrand Asbach und die brasilianische Zuckerrohr-Spirituose Pitú. Am traditionsreichen Underberg in der kleinen Portionsflasche wird bis heute nicht gerüttelt. Eine Hülle aus Strohpapier schützt den Inhalt vor Lichteinflüssen und macht das Kräutergetränk zu einem unverwechselbaren Produkt, dessen Marke intensiv gepflegt wird. Dr. Hubertine Underberg-Ruder leitet heute in der fünften Generation das Unternehmen. Die Chefin kümmert sich als Familienoberhaupt persönlich um die Zusammenstellung der geheimen Kräutermischung – so wie es bei den Underbergs seit jeher Tradition ist. Das Familienunternehmen hat sich inzwischen zu einer international aktiven und sehr komplexen Gruppe aus 35 Firmen entwickelt, an denen die Semper Idem Underberg GmbH beteiligt ist. 160 Mitarbeiter zählte die Gruppe, die im Geschäftsjahr 2009/10 204,7 Mio. Euro umsetzte, nach 220,1 Mio. Euro im Vorjahr. Um weiteres Wachstum vor allem in Brasilien, Russland und China zu finanzieren, platzierte die Semper Idem Underberg GmbH kürzlich erfolgreich eine Anleihe im Volumen von 50 Mio. Euro mit einem jährlichen Zinssatz von 7,125% und einer Laufzeit von fünf Jahren. Innerhalb kurzer Zeit war das Papier fünffach überzeichnet. Über 80% der Zeichnungen entfielen dabei auf institutionelle Investoren und Vermögensverwalter, die der Familiendynastie und ihren bekannten Marken offenbar Vertrauen schenken.