US-Immobilienmarkt: solide Lage trotz Zinsanstieges
Angesichts der jüngsten Negativmeldungen über eine abnehmende Dynamik am US-Immobilienmarkt dürften viele Marktteilnehmer unweigerlich an das Jahr 2007 zurückdenken. Doch der Vergleich mit der Situation vor elf Jahren hinkt. Denn die aktuellen Rahmenbedingungen sind gänzlich andere als damals: Statt auf Krise und Wertverfall stehen die Zeichen heute auf weiterhin steigenden Preisen, wie Ulrich Stephan weiß.
Angesichts der jüngsten Negativmeldungen über eine abnehmende Dynamik am US-Immobilienmarkt dürften viele Marktteilnehmer unweigerlich an das Jahr 2007 zurückdenken. Doch der Vergleich mit der Situation vor elf Jahren hinkt. Denn die aktuellen Rahmenbedingungen sind gänzlich andere als damals: Statt auf Krise und Wertverfall stehen die Zeichen heute auf weiterhin steigenden Preisen.
Von Ulrich Stephan
Jahr 2007 zurückdenken. Damals kam es in den Vereinigten Staaten unter anderem im Zuge einer laxen Kreditvergabe, steigender Zinsen und einer konjunkturellen Abschwächung zum Platzen der Hauspreisblase, welche die schwerste globale Wirtschafts- und Finanzkrise der Nachkriegsgeschichte nach sich zog. Doch der Vergleich mit der Situation vor elf Jahren hinkt. Denn die aktuellen Rahmenbedingungen sind gänzlich andere als damals: Statt auf Krise und Wertverfall stehen die Zeichen heute auf weiterhin steigenden Preisen.
Steigende Zinsen belasten US-Wohnimmobilienmarkt
Hauptgrund für die zuletzt schleppende Entwicklung am US-Häusermarkt dürfte das gestiegene US-Zinsniveau gewesen sein: Die Verzinsung 10-jähriger US-Staatsanleihen ist seit Jahresbeginn um rund 50 Basispunkte gestiegen. Mit den Kapitalmarktzinsen zogen auch die Zinsen für Immobilienkredite an: Hypothekenraten verteuerten sich bei einer 30-jährigen Laufzeit im Durchschnitt um 45 Basispunkte. Dieser Trend könnte sich im weiteren Jahresverlauf fortsetzen.
Gleichzeitig scheinen die US-Banken die Vergabe von Immobiliendarlehen in den kommenden Monaten restriktiver gestalten zu wollen. Das geht aus dem jüngsten „Senior Loan Officer Opinion Survey“ der US-Notenbank Federal Reserve hervor, in dem mehr als 70 US-Banken zur Kreditvergabe befragt werden. Insgesamt geht die Deutsche Bank daher davon aus, dass die Verkäufe von Bestandsimmobilien 2018 im Vergleich zum Vorjahr leicht abnehmen werden. Sie rechnet jedoch nicht mit einem anhaltenden Preisabschwung – ganz im Gegenteil, es werden weiterhin moderate Preissteigerungen erwartet.
Immobilien für US-Amerikaner weiterhin erschwinglich
Gestützt werden sollten die Immobilienpreise insbesondere durch den anhaltenden konjunkturellen Aufschwung in den USA und die Vermögenssituation der US-Haushalte: Im Juli 2018 schuf die US-Wirtschaft im 94. Monat in Folge neue Arbeitsplätze – ein Allzeitrekord. Zudem ist die Arbeitslosenquote mit 3,9 Prozent so niedrig wie seit acht Jahren nicht mehr. Das wirkt sich allmählich auch auf das Lohnniveau aus, das in den vergangenen zwölf Monaten um rund 2,7 Prozent gestiegen ist. Darüber hinaus lag die Sparquote der US-Haushalte in den vergangenen Jahren nicht wie bisher vermutet bei 3 Prozent, sondern laut US-Statistikbehörde bei fast sieben Prozent. US-Immobilienkäufer sollten daher auch den erwarteten weiteren Zinsanstieg abfedern können.
Dementsprechend dürfte die Nachfrage nach US-Wohnimmobilien – und damit deren Preise – auf einem hohen Niveau bleiben. Zumal das Angebot mit dem Nachfragewachstum nicht Schritt halten dürfte: Angesichts der guten US-Konjunktur ist die Kapazitätsauslastung im Baugewerbe hoch. Gleichzeitig macht der enge Arbeitsmarkt die Suche nach neuen Mitarbeitern für Firmen aus der Branche schwierig, was zusätzlich zu einem geringeren Angebotswachstum beitragen könnte.
Immobilienpreise in den USA dürften weiter anziehen
Die Annahme weiter steigender Preise wird durch den anhaltenden Anstieg des Case-Shiller-Index, der Aufschluss über die Hauspreisentwicklung in den USA gibt, bisher bestätigt: Trotz der abnehmenden Dynamik lagen die Preise im Mai 2018 rund 6,7 Prozent höher als im Vorjahresmonat – ein Wert, der auch der Prognose für das Gesamtjahr entspricht. Gleichzeitig ist die sogenannte Erschwinglichkeit von US-Wohnimmobilien in den vergangenen Monaten nur leicht gesunken. Das bedeutet: In Relation zum verfügbaren Haushaltseinkommen ist die Baufinanzierungsbelastung kaum gestiegen. Zwar sind die Finanzierungskosten bedingt durch den moderaten Zinsanstieg etwas höher geworden, insgesamt sind Hypothekenzinsen aber weiterhin auf einem niedrigen Niveau.
In Anbetracht der anhaltend positiven Aussichten für die US-Konjunktur scheint bei den US-Wohnimmobilienpreisen daher auch in den kommenden Jahren noch Luft nach oben zu sein: 2019 dürften die Preise nach Erwartungen der Deutschen Bank um starke 6,8 Prozent und im Jahr 2020 noch einmal um gute 5,5 Prozent zulegen. Obwohl die Dynamik am US-Wohnimmobilienmarkt in den vergangenen Monaten also ein Stück weit nachgelassen hat, sieht die Deutsche Bank in den aktuellen Entwicklungen keine Krise auf die Märkte zukommen, vielmehr dürfte es sich um eine Stabilisierung auf hohem Niveau handeln. Der Ausblick ist nach wie vor positiv und dürfte es auf absehbare Zeit auch bleiben.
Dr. Ulrich Stephan ist Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.