Vorwerk: Heimat der „Kobolde“
Hausfrau und Mutter war gestern, heute spricht man gern von „Familienmanagerin“. Das soll heißen, dass mit dieser Aufgabe nicht nur Putzen, Kochen und Waschen, sondern auch jede Menge Verantwortung und Organisationstalent verbunden sind, und häufig auch eine Berufstätigkeit. Als kleiner Ausgleich dafür, dass Hausfrauen und auch Hausmänner meist nur wenig Lob und Anerkennung für ihren Familiensinn bekommen, kürt das Unternehmen Vorwerk aus Wuppertal regelmäßig die Familienmanagerin des Jahres. Daneben kennt man die bereits 1883 gegründete Firma vor allem vom Staubsauger namens „Kobold“ her.<br />
Die Wuppertaler starteten damals mit Teppichen, Möbelstoffen und Webstühlen, später folgten Getriebe und elektrische Motoren, vor allem für Grammophone. Doch in den 1920er-Jahren wurde das Radio populär. Somit war Erfindergeist gefragt: Mithilfe eines Grammophonmotors wurde das erste Handstaubsaugermodell namens Kobold konstruiert, für das die Firma 1930 ein Patent erhielt. Allerdings schienen die Geräte zunächst zum Ladenhüter zu werden. Erst als man bei Vorwerk auf den Direktvertrieb setzte, änderte sich das: Vertreter zogen von Haustür zu Haustür und verkauften die Geräte, was sich als erfolgreiches Vertriebsmodell erwies. Während des Krieges produzierte Vorwerk vor allem Rüstungsgüter. Nach dem Kriegsende begann der Wiederaufbau, die Schäden an den Werken mussten beseitigt und die Staubsaugerherstellung sowie der Vertrieb der Kobolde neu aufgebaut werden. Bei den deutschen Wirtschaftswunder-Hausfrauen erfreuten sich die praktischen Haushaltshelfer großer Beliebtheit. Vorwerk expandierte auch in andere europäische Länder, später auch in die USA. Außerdem kamen im Lauf der Jahre neue Geschäftsbereiche hinzu, wie zum Beispiel Gebäudedienstleistungen und Bankdienstleistungen. Außerdem verkauft das Unternehmen auch Küchenmaschinen sowie andere Haushaltsgeräte. Zwischenzeitlich gab es auch Einbauküchen und sogar Fertighäuser von Vorwerk, allerdings wurden diese Geschäftsbereiche inzwischen eingestellt. 2004 kamen durch den Kauf der amerikanischen Firma Jafra Cosmetics Kosmetikprodukte hinzu. Jafra ist international aktiv, der Schwerpunkt liegt allerdings in den USA sowie in Mexiko. Auf dem mexikanischen Kosmetikmarkt ist Jafra nach Vorwerk-Angaben sogar die Nummer eins. Für rund 30 Mio. Euro entstand 2009 im mexikanischen Querétaro ein neues Kosmetikwerk.
Verkauf per Fachberater
Bis heute setzt Vorwerk beim Verkauf von Kosmetik und Haushaltsgeräten auf den Direktvertrieb, was bedeutet, dass sogenannte „Fachberater“ die Kunden zu Hause aufsuchen, ihnen die Produkte dort vorführen und auch gleich verkaufen. Doch inzwischen scheinen die Zeiten schwieriger geworden zu sein, zumindest in Deutschland. Denn Staubsauger oder Bügelautomaten gibt es preiswert auch im Elektrogroßmarkt oder im Internet. 2009 schrumpfte der Kobold-Umsatz in Deutschland, dem zweitgrößten Vorwerk-Markt, um 6% auf 200 Mio. Euro. Eine Umstellung des Vertriebs soll Abhilfe schaffen. Zwar sollen die Geräte weiter an der Haustür verkauft werden, doch die Vertreter sind für feste Gebiete zuständig und sollen so ihre Kunden besser und persönlicher betreuen können. Inzwischen gibt es auch einen Onlineshop, und auch neue Ladengeschäfte sind geplant.
Im Familienbesitz
Die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machten sich im Geschäftsjahr 2009 für Vorwerk bemerkbar. So sank das Geschäftsvolumen um 7% auf 2,27 Mrd. Euro. Die Eigenkapitalquote beziffert das Unternehmen, das der Familie Mittelsten Scheid gehört und seit 127 Jahren ein Familienunternehmen ist, auf 53%. 2010 soll das Geschäftsvolumen wieder wachsen. Vor allem im Bereich der internationalen Direktvertriebs-Aktivitäten liege man derzeit wieder im Plus, hieß es auf der Bilanzpressekonferenz. Rund 611.000 Menschen arbeiteten 2009 nach Unternehmensangaben für Vorwerk, darunter über 589.000 selbstständige Berater.