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Wird Daimler aufgespalten?

Ein erheblicher, aber von Analysten erwarteter Gewinnrückgang aufgrund der Dieselkrise, dafür ein weiterer Absatzrekord. Und die ehrgeizigen Jahresziele dicht vor Augen: Das lässt Raum für Pläne zur tiefrgreifenden Umstrukturierung des Konzerns, dessen Gründer und Namensgeber als Erfinder des Autos gelten darf. Anleger träumen bereits von mehreren eigenständigen Daimler-Aktiengesellschaften.

BÖRSE am Sonntag

Ein erheblicher, aber von Analysten erwarteter Gewinnrückgang aufgrund der Dieselkrise, dafür ein weiterer Absatzrekord. Und die ehrgeizigen Jahresziele dicht vor Augen: Das lässt Raum für Pläne zur tiefrgreifenden Umstrukturierung des Konzerns, dessen Gründer und Namensgeber als Erfinder des Autos gelten darf. Anleger träumen bereits von mehreren eigenständigen Daimler-Aktiengesellschaften.

Mit der Ankündigung einer umfassenden Konzernumstrukturierung haben sie in Stuttgart – etwas salopp formuliert – mal so richtig einen rausgehauen. Um in der Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, will Daimler aus den bisherigen Divisionen Daimler Finanzdienstleistungen, Pkw, LKW, Vans und Busse, die in der derzeitigen Konzernstruktur nebeneinander arbeiten, drei unabhängige Einheiten mit mehr unternehmerischer Verantwortung schaffen: Mercedes Benz PKW, Nutzfahrzeuge und Financial Services. Die Vorstandsetage erwartet sich in der Folge bessere Investitionsbedingungen für die einzelnen Sparten, wie auch stärkeres Wachstum und höhere Gewinne. Daimler müsse sich schnell an neue Rahmenbedingungen anpassen können, um sowohl profitabel als auch wettbewerbsfähig bleiben zu können, begründete Vorstandschef Dieter Zetsche die Entscheidung für den Weg hin zur Holding-Struktur.

Börsianer witterten in der Folge natürlich sofort die Chance auf eigenständige Aktiengesellschaften, was einige nicht ganz unbedeutende Vorteile mit sich bringen würde. So könnten beispielsweise Daimler-Beteiligungen an oder von anderen Unternehmen deutlich einfacher vollzogen werden. Derzeit müssen sich Investoren und Partner durch einen Aktienkauf automatisch am Gesamtkonzern beteiligen, was zu Interessenskonflikten führen kann. Separate rechtliche Einheiten alleine würden noch keinen höheren Shareholder Value schaffen, schrieb so auch Arndt Ellinghorst von Evercor ISI. „Daimler müsste den nächsten Schritt gehen und seine Einheiten alle oder teilweise an die Börse bringen.“

Zunächst scheinen solche Teil-Börsengänge aber ein Wunschtraum von Investoren zu bleiben. Die Stuttgarter erteilten Überlegungen dieser Art vorerst eine Absage. Zudem sei nicht geplant, dass sich die Daimler AG von einzelnen Geschäftsbereichen trenne. In Bezug auf das Nutzfahrzeuge-Geschäft kursierten auch solche Spekulationen unter Marktbeobachtern. Was in den kommenden Jahren dann aber tatsächlich passiert, ist unklar. Börsengänge der Töchter sind keinesfalls ad absurdum zu führen.

Mehrere Daimler-Aktien?

Abgesehen von möglichen Börsengängen, sind aber auch schon die derzeitigen Bestrebungen einer Aufspaltung in rechtlich eigenständige Einheiten gute Nachrichten für Börsianer. Eigenständige Börsennotierungen seien damit in Zukunft zumindest möglich, schreibt Analyst Marc-Rene-Tonn. Das könne die Bewertung der Aktie stützen. Durch den Konzernumbau könne zudem die Transparenz gesteigert und ein Mehrwert für Aktionäre geschaffen werden, analysiert JPMorgan-Experte Jose Asumendi. Sein Kursziel setzt er bei 85 Euro pro Aktie, versieht das Papier also mit einer deutlichen Kaufempfehlung. 39 Analysten sind ähnlicher Meinung, 36 würden die Aktie halten. Einige wenige empfehlen den Verkauf der Aktie.

Dabei haben sich die Daimler-Anteile an der Börse zuletzt wieder deutlich besser entwickelt. Nachdem es im Zuge des VW-Abgasskandals und den in der Folge aufkommenden Zweifeln an der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Automobilindustrie von einem Rekordhoch im März 2015 bei 93,16 Euro bis auf 54,15 Euro im Juli 2016 zurückging, konnte sich das Papier inzwischen auf einen Kurs in Höhe von 69,26 Euro erholen. Während es in der ersten Jahreshälfte und bis in den Sommer hinein für Aktionäre nochmals herbe Rückschläge aufgrund eines möglichen Dieselverbots in Deutschland zu verkraften gab, konnten sie sich seit Anfang August über ein Kursplus von 16 Prozent freuen.

Die nun veröffentlichen Quartalszahlen zogen nun vorerst keinen weiteren Kurssprung nach sich, dafür lagen die Ergebnisse zu nah an den Analystenschätzungen der Vorwochen. Während die Umsätze im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um sechs Prozent auf 40,8 Milliarden Euro stiegen, verschlechterte sich das Konzernergebnis um 17 Prozent auf 2,26 Milliarden Euro. Das allerdings lag zum einen an Kosten in Höhe von 223 Millionen Euro für die Nachrüstung von drei Millionen Diesel-PKW in Europa und zum anderen an einer weiteren Rückrufaktion, die wiederum mit Kosten in Höhe von 230 Millionen Euro verbunden ist. Aufgrund defekter Kabel an der Lenksäule, die zu einer ungewollten Auslösung des Airbags führen können, müssen weltweit eine Million Fahrzeuge in die Werkstätten. Allein in Deutschland sind hunderttausende Autos betroffen.

Absatz, Umsatz und Konzernentwicklung stimmen derweil. 824.100 verkaufte PKW und Nutzfahrzeuge resultieren gar in einem erneuten Absatzrekord. Dazu trug insbesondere Mercedes-Benz Cars mit einem Absatzplus von sechs Prozent und inzwischen 55 Rekordmonaten in Folge bei. Und auch Daimler Trucks. Hier konnten die Stuttgarter den Absatz um 30 Prozent auf 126.600 verkaufte Einheiten steigern.

Zetsche macht den Anlegern Appetit

„Daimler ist erfolgreich unterwegs und führt mit Mercedes-Benz das Premium-Segment an.“, freute sich Zetsche. Damit sei jetzt der richtige Zeitpunkt, aus einer starken Position heraus zu prüfen, ob man sich noch besser aufstellen könne, um auch in Zukunft das automobile Zeitalter maßgeblich und erfolgreich von der Spitze aus zu gestalten, so der Daimler-Chef weiter. „Wir wollen auf lange Sicht erfolgreich sein.“ Den Jahresausblick für 2017 ließ er unverändert. Das operative Ergebnis soll im Vergleich zu 2016 um zehn Prozent deutlich steigen, Absatz und Umsatz um fünf Prozent.

Angesichts der schwäbischen Zukunftspläne und der guten Jahresprognose scheinen daher weitere Kursgewinne an der Börse gut möglich. Bleibt der Eurokurs zudem weiterhin niedrig – zuletzt fiel er im Rahmen der Katalonien-Krise und den US-Steuerplänen auf 1,18 US-Dollar – dürfte sich dies bei den exportorientieren deutschen Automobilproduzenten auch in den kommenden Quartalen in sehr guten Absatzzahlen äußern. Zudem will auch Daimler endgültig auf den E-Mobilitäts-Zug mit aufspringen und in den nächsten Jahren massiv in das autonome Fahren, die Elektrifizierung und digitale Dienste investieren. Im abgelaufenen Quartal entfielen rund drei Viertel der Forschungs- und Entwicklungsleistungen des Konzerns in Höhe von 2,3 Milliarden Euro auf das Segment Mercedes Benz Cars, worin sich in erheblichem Umfang Vorleistungen für die Mobilität der Zukunft ausdrücken. Bis 2025 wollen die Stuttgarter mit diesem Megatrend als Schwerpunkt 35 Milliarden Euro in ihre deutschen Werke stecken.

Fazit

Da die Gewinneinbußen im dritten Quartal an den Märkten bisher keine Spuren hinterließen, könnte es für die Aktie mit dem Stern weiter aufwärts gehen. Dazu aber müssen Zetsche und Daimler vor allem konsequent den Fuß auf dem Gaspedal halten. Sowohl in Sachen Konzernumstrukturierung als auch in Bezug auf die Gewinnzahlen im kommenden Jahr.