Anlagestudie: Die meisten Deutschen sparen zu viel und investieren zu wenig
In Deutschland sparen 70 Prozent der Menschen, aber lediglich ein Viertel verfolgt dabei eine konkrete Anlagestrategie.
Demgegenüber spielen renditestärkere Anlageformen, etwa Wertpapiere, nach wie vor für viele Menschen hierzulande eine nachgelagerte Rolle. Wichtigste Gründe für dieses Anlageverhalten sind eine weiterhin mangelnde Finanzbildung und die seltene Inanspruchnahme einer qualifizierten Anlageberatung.
Das sind die zentralen Ergebnisse der aktuellen, repräsentativen Anlagestudie „So investiert Deutschland“ im Auftrag der Commerzbank. Um einen Querschnitt der Bevölkerung abzubilden, hat das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Ipsos eine der bis dato detailliertesten Anlagestudien in Deutschland durchgeführt. Dafür wurden Ende 2023 bundesweit 3.200 Menschen verschiedener Alters- und Einkommensgruppen mit unterschiedlicher Bildungs- und Wohnsituation zu ihrem Anlageverhalten befragt.
Thomas Schaufler, Privat- und Unternehmerkundenvorstand der Commerzbank: „Noch nie war es so wichtig wie heute, zielgerichtet zu sparen und anzulegen. Wir wissen aus Gesprächen mit unseren Kundinnen und Kunden, dass es vor dem Hintergrund geopolitischer Krisen und wirtschaftlicher Herausforderungen Unsicherheiten bei der Geldanlage gibt. Hier gilt es, durch mehr Finanzbildung Abhilfe zu schaffen und Einstiegshürden zu senken – damit immer mehr Menschen in Deutschland ihre finanziellen Möglichkeiten nutzen und von Sparern zu kompetenten Anlegern werden. Dazu beizutragen, verstehen wir als ‚Bank für Deutschland‘ als Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung.“
Dr. Jörn Pyhel, der die Studie bei Ipsos verantwortet: „Die meisten Menschen in Deutschland blicken, was ihre finanzielle Situation angeht, zuversichtlich in die Zukunft. Unsere Studie zeigt zudem, dass vor allem die junge Generation Interesse am Sparen und an Beratungsangeboten hat. Junge Menschen geben mehrheitlich an, dass sie ihre Sparbeiträge perspektivisch erhöhen wollen. Die Jüngeren haben also verstanden, dass gegen Altersarmut auch hilft, frühzeitig mit zielgerichtetem Sparen und Anlegen zu beginnen. Hilfreich kann es dabei sein, wenn sie vermehrt auf renditestärkere Anlageformen zurückgreifen. Unsere Studie zeigt allerdings auch klar: Das ist heute bei einer zu großen Anzahl von Menschen in Deutschland nicht der Fall.“
Finanzielle Zufriedenheit variiert nach Einkommen, Bildung, Geschlecht und Wohnsituation
Der Studie zufolge ist die Mehrheit der Befragten (56 Prozent) mit ihrer aktuellen finanziellen Situation zufrieden. Die Zufriedenheit steigt mit Bildung und Einkommen. Männer (61 Prozent) sind dabei zufriedener als Frauen (52 Prozent). Menschen, die in einer eigenen Immobilie leben, sind überdurchschnittlich häufig zufrieden (70 Prozent vs. 48 Prozent bei Mietern). Mehr als jeder Zweite (58 Prozent) gibt Ersparnisse an, auf die schnell zurückgegriffen werden kann.
Tagesgeld und Festgeldkonto oder Sparbuch sind beliebteste Anlageformen
Laut der Studie sparen 70 Prozent der Menschen in Deutschland, während knapp 30 Prozent am Monatsende kein Geld zum Sparen übrigbleibt. Die Mehrheit (62 Prozent) spart Beträge von 100 Euro oder mehr pro Monat, ein Viertel sogar mehr als 250 Euro. Tagesgeld und Festgeld sowie das Sparbuch stehen auf Platz 1 der beliebtesten Sparformen. Es folgen Wertpapiere, Bausparverträge und Wertpapiersparpläne. Dabei wird Wertpapiersparen lediglich von nur 19 Prozent der befragten Sparer genutzt. Bei den Wertpapiersparern dominiert die Anlage in börsengehandelte Fonds (ETFs). Sicherheit ist für mehr als die Hälfte der deutschen Anleger das wichtigste Kriterium bei der Geldanlage, gefolgt von der Verfügbarkeit des Geldes und Rendite.
Anlageberatung wird kaum genutzt
Nur jeder zehnte Befragte gibt an, sich sehr gut mit Finanz- und Anlageprodukten auszukennen. Für jeden Zweiten (54 Prozent) ist eine umfassende Anlageberatung wichtig. Besonders der Generation Z (Geburtsjahrgänge 1997-2012) und den Millennials (1981-1996) ist eine umfassende Anlageberatung wichtig und sie planen, ihren Sparbetrag zu erhöhen. Allerdings hat sich nur jeder Fünfte in den vergangenen zwölf Monaten beraten lassen. Auch verfolgt nur ein Viertel der Befragten eine klare Anlagestrategie. Wenn eine Beratung zur Geldanlage stattfindet, dann vor allem bei Bank- oder Finanzberatern sowie über Bank- und Finanzportale.
Finanzbildung als Schlüssel für eine sinnvolle Geldanlage
Die Studienergebnisse liefern ein differenzierteres Bild vom Anlageverhalten in Deutschland vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und eines wirtschaftlich herausfordernden Umfelds. Dazu Pyhel: „Die Ergebnisse zeigen, dass die Menschen in Deutschland investieren wollen, aber nicht wissen, wie es richtig geht. Hier zeigt sich eine große Lücke beim Finanzwissen. Allerdings gibt es auch viele Menschen, denen die finanziellen Möglichkeiten fehlen, überhaupt privat vorzusorgen.“
Schauflers Resümee: „Unsere Studie liefert ein klares Bild: Deutschland ist noch immer kein Land von Anlegern. Es gibt gute Gründe, das zu ändern. Dafür müssen Ängste abgebaut, Einstiegshürden gesenkt und ganz allgemein das Finanzwissen verbessert werden.“