Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte > Ludwig-Erhard-Gipfel 2024

Waigel: „Die 35-Stunden-Woche mit vollem Ausgleich ist absurd“

Der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel fordert in Anbetracht der aktuellen Lage mehr Bereitschaft zum Verzicht (Foto: WEIMER MEDIA GROUP).

Er hat schon mit Ludwig Erhard zusammengearbeitet, gilt als Vater des Euro und ist Elder Statesman: Theo Waigel, ehemaliger Bundesfinanzminister, forderte auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee mehr Bereitschaft zum Verzicht.

Nächste Woche wird Theo Waigel 85 Jahre alt. Daher darf man den ehemaligen Bundesfinanzminister und CSU-Ehrenvorsitzender mit Fug und Recht als Elder Statesman bezeichnen. Ein Alter, das auch gewisse Freiheiten einräumt. „In meinem Alter kann man frei sagen, was man will, Belehrungen aber lieber nicht“, sagte Theo Waigel beim Europa Talk auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel der Weimer Media Group am Tegernsee. Es gehe vielmehr darum, der jungen Generation zur Seite zu stehen und Chancen zu geben.

Waigel ist der Einzige im Saal, der schon mit Gipfel-Namensgeber Ludwig Erhard zusammengearbeitet hat. Von 1972 bis 1977 saßen die beiden Politiker gemeinsam im Deutschen Bundestag. Waigel habe daher das Auf und Ab als Elder-Statesman schon häufig erlebt, sagte Moderator Oliver Stock, Herausgeber und Chefredakteur von Business Punk. „Es macht mich schon besorgt, dass wir nicht in der Lage sind, in einer schwierigen Situation etwas Bahnbrechendes zu tun“, sagte Waigel. „Wir begreifen nicht, was die Zeitenwende wirklich bedeuten würde.“ Jetzt sei die Priorität, um beispielsweise Bündnisverteidigung zu leisten, „da müssen auch soziale Dinge mal ein oder zwei Jahre zurückstehen.“

Der Mut Münteferings

Unter anderem für das Dogma der schwarzen Null. „Ich denke, man sollte daran festhalten, auch an der Schuldenbremse“, sagte Waigel. Auch wenn man sie seiner Meinung nach gar nicht erst hätte einführen sollen. Die Schuldenbremse habe nun Verfassungsrang. Das jetzt zu ändern, sei ein negatives Signal. Mittelfristig gelte das Credo „close to balance“. Die Deutschen würden inzwischen zehn Jahre älter als ihre Eltern, aber es sei nichts entsprechend nachgewachsen. „Wir müssen die Lebensarbeitszeit verlängern und dem, der länger arbeitet, auch Anreize geben“, forderte er.

Franz Müntefering, einst SPD-Vizekanzler in der Regierung von Angela Merkel, hatte Waigel zufolge den Mut, aber formuliere keiner etwas so elementar Notwendiges mehr. „Eine 35 Stunden-Woche mit vollem Ausgleich ist geradezu absurd“, findet er. „Die Politik soll sich zwar in Tarifkonflikte nicht einmischen, aber man muss sagen, dass auf die Leute Opfer zukommen. Jeder Haushalt wird höher als der vorausgegangene.“ Als er nach dem Karlsruher Urteil zum Haushalt gefragt wird, antwortet Waigel, dass er dieses Urteil geahnt habe. „Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit“ seien erforderlich. „Jeder Finanzminister muss wissen: Der Finanzminister, der populär werden möchte, hat es nicht verdient.“ Aber: „Nach 30 Jahren wird man wieder freundlich gegrüßt“, sagte Waigel lachend.

„Eine einzige Katastrophe“

Für das Verhältnis zwischen Euro und Dollar hatte der Politiker dafür lobende Worte übrig. „Heute liegen wir nicht schlecht, der Euro ist die zweitstärkte Währung.“ Zudem ist der Euro in einem vereinten Europa alternativlos: „Ohne den Euro hätten wir 27 verschiedene Währungen, wir hätten jeden Tag neue Auf- und Abwertungen. Das wäre eine einzige Katastrophe.“ Und ergänzt: „Wenn dann Leute wie die AfD Europa abschaffen wollen, dann sind das Wahnsinnige.“
Waigel, der damals die Einführung der Gemeinschaftswährung vorangetrieben hat, plauderte auch darüber, wie es zum Namen Euro kam. Die Franzosen hätten Ecu gewollt, das sei eine harte Auseinandersetzung gewesen. „D-Mark war nicht durchsetzbar. Dann kamen wir auf Euro. Damals sagte Jean-Claude Juncker: Das klingt aber nicht besonders erotisch.“ Waigels erster Vorschlag war übrigens Franken, „das hätte dem Söder auch gut gefallen“, sagte er lachend. Der bayerische Ministerpräsident stammt aus der gleichnamigen Region.

Waigel unterstützt Merz

Apropos Söder: „Man kann als geborener Bayern nicht ohne Weiteres Bundeskanzler werden“, kommentierte Waigel die Debatte zur Kanzlerkandidatur innerhalb der Union. Erhard wurde laut Waigel über den Umweg Frankfurt und Ulm Kanzler. Das Verhältnis zwischen den potenziellen Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz und Markus Söder bezeichnete er als „ganz hervorragend“. Merz sei der Kandidat an erster Stelle. „Wenn er sagt, er will es, macht er es.“

Sie können den Ludwig-Erhard-Gipfel live unter www.leg-live.de verfolgen. Den Ticker zum Gipfel finden Sie hier.

Ähnliche Artikel