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Allianz muss Milliarden zurückstellen – Anleger freut‘s

Europas größter Erstversicherer hat im ersten Quartal erneut eine milliardenschwere Belastung aufgrund seines US-Hedgefonds-Desasters verbucht. Die Aktie allerdings setzte sich nach der Meldung an die Dax-Spitze.

(Foto: picture alliance / Daniel Kubirski | Daniel Kubirski)

Europas größter Erstversicherer hat im ersten Quartal erneut eine milliardenschwere Belastung aufgrund seines US-Hedgefonds-Desasters verbucht. Die Aktie allerdings setzte sich nach der Meldung an die Dax-Spitze.

5,6 Milliarden Euro hat die Allianz inzwischen wegen der Structured-Alpha-Fonds ihrer Tochter Allianz Global Investors zurückgestellt. 3,7 Milliarden davon im vergangenen Jahr. Im ersten Quartal 2022 kamen nun noch einmal 1,9 Milliarden hinzu. Seit Beginn der Corona-Pandemie kämpft Deutschlands Versicherungskrösus mit Klagen professioneller Anleger aus den USA, die aufgrund massiver Verluste durch die genannten Hedgefonds Schadenersatz fordern. Nach Ansicht der Kläger sollen die Manager der Fonds die eigenen Richtlinien ignoriert haben, womit vermeidbare und hohe Verluste hätten abgewendet werden können. Der Vorfall wird in den USA nach wie vor behördlich untersucht. Vieles deutet aber auf teure Vergleiche als Ausweg hin. Nach eigenen Angaben hat sich die Allianz mit einem Großteil der Kläger bereits geeinigt. Eine konkrete Schadensumme hatte man sich bislang allerdings in München nicht entlocken lassen. Das hat viele Anleger abgeschreckt, zu präsent sind der VW-Diesel-Skandal und Bayers Glyphosat-Debakel. Niemand stürzt sich an der Börse gern freiwillig in milliardenschwere Rechtsrisiken.

Umso wichtiger war das, was der Vorstand des Versicherungsriesen im Zuge der erneuten Belastung vermeldete: man gehe davon aus, dass die nun gebildeten Rückstellungen die finanziellen Risiken für den Konzern insgesamt abdeckten, hieß es. Natürlich ist auch das für Anleger keine Versicherung. Aber es lässt sich zumindest erahnen, dass dieser Skandal dabei ist, sein Ende zu finden. Und, dass es zwar teuer wird, aber stemmbar bleibt.

Das ist per se eine gute Nachricht. Auch komme die erneute Rückstellung früher als erwartet und falle niedriger aus, als angenommen, kommentierte Jefferies-Analyst Philip Kett. Entsprechend positiv reagierten Anleger und Investoren. Am Mittwoch vergangene Woche schnellte die Allianz-Aktie um fast sechs Prozent nach oben und setzt sich an die Spitze des Dax.

Folgen weitere Kursgewinne?

Auch wenn es im Rahmen des aktuell schwachen Marktumfeldes einen Tag später wieder um drei Prozent bergab ging, könnten jetzt weitere Kursgewinne folgen. Es geht nicht nur um den kurzfristigen Effekt des Aufatmens, es geht auch um die vergleichsweise schwache Performance der Aktie in den vergangenen beiden Jahren, die den fundamentalen Zahlen nach kaum zu begründen ist. Bis heute hat es die Allianz-Aktie nicht geschafft ihr Niveau von vor der Corona-Krise zurückzuerobern. Die Franzosen um AXA hatten das beispielsweise zu Beginn des Jahres geschafft. Dabei lief es bei den Deutschen operativ gut. Die Pandemie hinterließ am Ende nur geringe Bremsspuren. Immer schwebe ganz offenkundig die drohende US-Klagewelle wie ein Damoklesschwert über der Aktie.

Versicherungssektor mit Rückenwind in schwierigem Marktumfeld

Das könnte jetzt vorbei sein, die Aktie damit eine Menge Aufholpotenzial besitzen. Fundamental spricht gerade vieles für die großen Versicherer. Von Liefer-Engpässen und hohen Rohstoffpreisen werden sie kaum tangiert, mit ihren hohen Dividendenrenditen taugen sie bis zu einem gewissen Punkt als Inflationsschutz, die insgesamt steigenden Preise können die Versicherer zum Teil über höhere Prämien an die Endkunden weitergeben. Die steigenden Zinsen erhöhen derweil die Erträge. DasGeschäftsmodell kommt vergleichsweise krisensicher daher. Als klassische Value-Aktien profitieren sie zudem von der Growth-Value-Umschichtung, die sich seit einiger Zeit an den Märkten beobachten lässt.

Aktie günstig bewertet

Das sind eine Menge gute Nachrichten für eine sehr zurückhaltend bewertete Aktie. Aktuell kosten die Allianz-Papiere knapp 198 Euro. Vor Ausbruch der Corona-Pandemie kosteten die Titel 231 Euro. Und die Gewinne sind seither angestiegen. Das KGV liegt damit bei neun. Die aktuelle Dividendenrendite bei über fünf Prozent. Ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von einer Milliarden Euro läuft. Bei Analysten ist die Aktie entsprechend beliebt. Von 18 Experten raten 14 zum Kauf, vier würden die Aktie halten. Die Münchener hätten bewiesen, dass sie Größenvorteile ausnutzen können, schrieb Goldman Sachs-Analyst Alan Devlin jüngst in einer Studie. Die Allianz liefere beständiges, verlässliches und profitables Wachstum, lobte er die Münchner. Der Konzern übertreffe stets die Prognose und dürfte auch die für 2024 gesteckten Ziele übertreffen, prognostizierte Devlin. Das Kursziel setzte er auf 270 Euro.

Auch das erste Quartal lief aufgrund der widrigen Umstände ob des russischen Krieges gegen die Ukraine sehr solide. Die Umsätze kletterten im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent auf 44 Milliarden Euro. Als Schönheitsfehler blieb der leicht schwächere operative Gewinn. Trotz des Minus von drei Prozent blieben aber noch 3,2 Milliarden Euro übrig. „Die Ergebnisse dieses Quartals zeigen, dass unser Geschäft erheblichen geopolitischen und wirtschaftlichen Belastungen standhalten kann“, gab sich Vorstandschef Oliver Bäte entsprechend optimistisch. Auch Jefferies-Analyst  Kett lobte die Zahlen, die die Sonderbelastung herausgerechnet besser ausgefallen seien, als vom Markt erwartet. Möglich, dass sich die Allianz-Aktie in diesem Jahr noch öfter an die Dax-Spitze begibt.

OG

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