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Alphabet macht es wie Microsoft

Lange Zeit hinkte die Google-Mutter den großen Konkurrenten an der Börse hinterher. Mit Sundar Pichai als neuem CEO hat sich das geändert und Alphabet in einen unnachahmlichen Angriffsmodus geschaltet. Durch fehlende Werbeeinnahmen in der Coronakrise kurz ausgebremst, könnte die Schwergewichtsklasse in der Tech-Branche nun sogar einen neuen Dominator bekommen.

(Foto: Shutterstock)

Lange Zeit hinkte die Google-Mutter den großen Konkurrenten an der Börse hinterher. Mit Sundar Pichai als neuem CEO hat sich das geändert und Alphabet in einen unnachahmlichen Angriffsmodus geschaltet. Durch fehlende Werbeeinnahmen in der Coronakrise kurz ausgebremst, könnte die Schwergewichtsklasse in der Tech-Branche nun sogar einen neuen Dominator bekommen.

Sundar Pichai und Satya Nadella vereint weit mehr, als ihr Herkunftsland. In Indien geboren, haben beide zunächst dort bis zum Bachelor studiert, ehe es sie für weiterführende Master in die USA zog. Es folgten steile Karrieren. Pichai kam 2004 zu Google, Nadella bereits 1992 zu Microsoft. Schnell verantworteten dort beide wichtige Zukunftsbereiche, unter anderem die Entwicklung der jeweiligen Cloud-Dienste.

Im Februar 2014 wurde Nadella dann Nachfolger von Steve Ballmer als CEO von Microsoft. Er übernahm damals einen angeschlagenen Konzern, der gegenüber dem großen Konkurrenten Apple ins Hintertreffen geraten war, unter anderem die Smartphone-Entwicklung komplett verschlafen hatte und mit seinem in die Jahre gekommenen Windows-Betriebssystem altbacken wirkte. Auch Google begann davonzuziehen. Der Suchmaschinen-Trend war an Microsoft vorübergezogen. Beim Internet-Browser schlug das Pendel in Richtung Google Chrome aus. Nadella stand vor einer Herkules-Aufgabe, der Karren schien bereits an die Wand gefahren.

Dann aber begann eine Aufholjagd, die wohl bis heute ihresgleichen sucht. Microsoft hangelte sich nicht zurück, der einst von Bill Gates gegründete Software-Riese schoss regelrecht zurück auf die große Tech-Bühne. Nadella setze früh auf die Cloud als Wachstumstreiber, unterzog Windows einer Generalüberholung, setzte mit geschickten Übernahmen auf die Trends der Zukunft, wie die Arbeitssuche im Internet (LinkedIn) oder das große Gaming-Feld, in dem man mit der Xbox bereits eine erstklassige Ausgangsposition hatte. In kürzester Zeit schaffte es Microsoft so zurück zum wertvollsten Unternehmen der Welt, Apple war vom Thron gestoßen. Inzwischen haben die beiden ihre Plätze zwar wieder getauscht, hängen aber bleiben für Nadella ein Kursplus von 800 Prozent seit Amtsantritt, eine gemeinsam mit Amazon beherrschende Marktposition am Markt für Cloud-Infrastruktur und die Rückkehr zu kaum mehr für möglich gehaltenen Wachstumsraten.

Sundar Pichai übernahm das Steuer bei der inzwischen gegründeten Google-Mutter und Holding Alphabet im Dezember 2019. Pichai bekam einen sehr erfolgreichen Konzern an die Hand. Er musste nicht, wie Nadella, auf einmal alles umkrempeln. Und doch fehlte es Alphabet an Glanz, an den spektakulären Wachstumsaussichten und Ergebnissen. Google performte gut, aber wo war das Außergewöhnliche? An der Börse schlug sich das in einem vergleichsweise vorsichtig steigenden Kurs nieder, während anderswo, bei Apple, Microsoft oder Amazon, die Rekorde nur so purzelten.

Pichai also musste dafür Sorge tragen, dass es für Alphabet gar nicht so weit kommen würde wie einst für Microsoft. Also begann er mit einer sehr ähnlichen Strategie wie Top-Manager-Kollege Nadella. Er entstaubte etablierte Marken wie Google und Youtube, monetarisierte sie, fügte ihnen neue Optionen hinzu, die Nutzer länger auf den Plattformen hielten. Er ließ Alphabet zum Universum werden, etablierte die Google Cloud und den Google Workspace als Gegenpol zu Microsoft Office und Teams. Innerhalb kürzester Zeit machte er Alphabet damit fit für die Zukunft und holte die Aktie raus aus ihrer Lethargie. Seit Pichai im Amt ist, hat sich der Kurs in nicht einmal zwei Jahren verdoppelt und Alphabet damit die Lücke, die gegenüber Apple und Co zu entstehen drohte, rechtzeitig begonnen zu schließen.
Damit könnte Pichais Geschichte aber noch lange nicht zu Ende sein. Unter seiner Führung macht sich Alphabet gerade daran, exakt wie Microsoft mit Nadella in den vergangenen sieben Jahren, das Feld nicht nur auf- sondern womöglich sogar zu überholen.

Nach einem kurzen Kursknick in Folge des Coronacrashs und der Angst von Investoren vor sinkenden Werbeeinnahmen, kennt die Alphabet-Aktie kein Halten mehr. Umgerechnet 1,5 Milliarden Euro ist die Google-Mutter inzwischen wert. Der Abstand zu Microsoft (1,88 Milliarden Euro) war schon einmal bedeutend größer. Amazon, auch schon mal weit vor Alphabet, ist bereits überholt.

Der Pichai-Kurs gefällt Anlegern und Investoren, dazu gesellen sich exzellente Ergebnisse. Im zweiten Quartal 2021 erwirtschaftete Alphabet einen Umsatz von 61,9 Milliarden US-Dollar, der damit schlappe sechs Milliarden Dollar über den Schätzungen von Analysten lag. Der Gewinn kletterte auf 18,5 Milliarden Dollar. Die Betriebsmarge verbesserte sich im Vergleich zum Vorjhar um 14 Prozentpunkte auf 31 Prozent. Ein Großteil der Umsätze und Gewinne geht auf die boomenden Werbeeinnahmen von Google und Youtube zurück. Doch ein Wachstum des Cloud-Geschäfts um 53 Prozent auf 4,63 Milliarden Dollar, gibt die zukünftige Richtung bereits vor. Die Sparte machte aktuell noch Verlust, ist aber auch noch jung. In Europa erschließt sich Alphabet gerade erst den Markt.

Führt Pichai Alphabet weiter so erfolgreich könnte ihn und Satya Nadella bald noch etwas einen: mindestens einmal CEO des wertvollsten Unternehmens der Welt gewesen zu sein.

OG

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