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Rücksetzer nutzen? Fünf Wasserstoffaktien im Check

Viele Wasserstoff-Aktien haben 2020 gigantische Rallys aufs Parkett gezaubert. Sind sie jetzt überbewertet? Oder war das erst der Anfang? Ballard Power, Nel und Co. im Check.

(Foto: Alexander Kirch / Shutterstock)

Viele Wasserstoff-Aktien haben 2020 gigantische Rallys aufs Parkett gezaubert. Sind sie jetzt überbewertet? Oder war das erst der Anfang? Ballard Power, Nel und Co. im Check.

Das Jahr 2020 war an der Börse eines der Trends. Ob nun Digitalisierung, E-Mobilität oder eben Wasserstoff. Nach einem kurzen und heftigen Crash im Frühjahr, hat die Coronapandemie an den Märkten eine nie dagewesene Lust auf die Zukunft entfacht. Zahlen und Ergebnisse rückten in den Hintergrund. Kursexplosionen gab es fast ausschließlich dort, wo irgendeiner der genannten Trends im Spiel war.

Der Wasserstoffbranche fehlt der große Star

Diese Entwicklung hat mancherorts gewaltige Blasen entstehen lassen, könnte sich 2021 aber dennoch fortsetzen. Schließlich kommen die Trends immer mehr auch in der Realität an. Die Politik hilft mit Milliardenförderungen. Vor allem in der Wasserstoffbranche dürfte es spannend bleiben, da dieser noch die großen Player fehlen. In der E-Mobilität ist Tesla der Star und die etablierten Großkonzerne, allen voran Volkswagen, haben inzwischen zum Kampf geblasen. Die Digitalisierung dominieren nach wie vor die FAANG+M-Aktien und deren chinesische Pendants. Natürlich gibt es auch am Markt für Wasserstoff dominante Firmen, aber eben noch keine etablierten Stars, die auch fernab der Finanzmärkte, realwirtschaftlich also, Stärke demonstrieren.

Kandidaten aber gibt es viele. Entsprechend zahlreich sind die Chancen für Anleger. Start-Ups und etablierte Großkonzerne kämpfen aktuell um wichtige Marktanteile und den entscheidenden Technologievorsprung. Die Wachstumschancen in der Branche sind gewaltig. Die Bewertungen vieler Unternehmen sind das allerdings auch, obwohl zuletzt eine Konsolidierung einsetzte. Für Anleger ist der Wasserstoffsektor deshalb ein schwieriges Terrain. Sie müssen jederzeit mit Kurseinbrüchen rechnen. Gleichzeitig könnte irgendwo das nächste Tesla warten. Wer auf den Durchbruch wetten will, braucht also Mut, gute Nerven und hat die Qual der Wahl.

Ballard Power

Der Name Ballard Power sollte Anlegern dabei auf jeden Fall bekannt sein. Die Kanadier sind in Sachen Brennstoffzelle der Weltmarktführer und seit Jahrzehnten im Geschäft. Entsprechend sind gewisse Vorsprünge bei Technologie und Markterschließung vorhanden. Besonders die zwei Kooperationen mit den chinesischen Firmen Weichai Power und Broad Ocean Motor beginnen sich immer mehr auszuzahlen. Zwei Werke hat Ballard Power gemeinsamen mit den beiden Partnern bereits in China in Betrieb. Weitere sind in Planung. Rund 2.200 LKWs und noch einmal zirka 700 Busse fahren bereits mit einer Brennstoffzelle von Ballard Power durch die Volksrepublik.

Die Aktie hat innerhalb von zehn Jahren ein Kursplus von über 1.200 Prozent erzielt, ist damit aber inzwischen extrem hoch bewertet. Vor allem angesichts der Tatsache, dass es in den vergangenen Jahren gar nicht so rund für Ballard Power lief. Auf Dreijahressicht steht ein Umsatzminus von im Schnitt zwei Prozent zu Buche. 2019 allerdings fing sich das Unternehmen wieder und im Zuge des allgemeinen Trends geht es seither bergauf. Gewinne bleiben allerdings Fehlanzeige. Mit rund 26 US-Dollar ist der Kurs inzwischen zwar ein ganzes Stück von seinem Rekordhoch bei 41 US-Dollar von Anfang Februar entfernt. Die Bewertung ist deshalb aber immer noch hoch.

Lynxbroker-Experte Wendelin Probst rät daher aktuell zum Verkauf: „Auch wenn Ballard Power aufgrund der marktführenden Position unser langfristiger Favorit unter den Brennstoffzellen-Unternehmen ist, befindet sich die Aktie eindeutig in der überhitzten Phase einer Blasenbildung, das Kurs-Umsatz-Verhältnis liegt bei enormen 50.“ Alles in allem scheint Ballard Power mit seiner Vorreiterrolle im Bereich LKW und Busse aber in einem sehr guten Marktumfeld unterwegs.

Nel

Unter den großen Hype-Aktien war im vergangenen Jahr auch der Anteilsschein von Nel. Auf Jahressicht hat dessen Kurs um fast zweihundert Prozent zugelegt. Zu Beginn des Jahres ist dem Papier das Momentum aber ein Stück weit abhandengekommen – um 33 Prozent ging es von Anfang Januar bis Mitte März in die verkehrte Richtung. Die Marktkapitalisierung liegt aktuell bei 3,2 Milliarden Euro.

Die Norweger sind in der Wasserstoff-Herstellung, dessen Speicherung und Verteilung aktiv. Nel ist der größte Elektrolyse-Produzent der Welt und Marktführer bei Wasserstoff-Tankstellen. Mit dem „RotoLyzer“ hat man dazu ein besonders aussichtsreiches Produkt in der Pipeline. Es handelt sich dabei um ein mobiles System zur Herstellung von Wasserstoff, das via LKW transportiert werden kann. Eine Innovation mit Game-Changer-Potenzial.

Die Wachstumsstory ist damit intakt. „Die Märkte, in denen wir tätig sind, zeigen weiterhin eine hohe Aktivität und eine starke Wachstumsdynamik sowie ein erhebliches Interesse der Regierung an der Entwicklung der Infrastruktur für grüne Energie und der Industrie“, gibt sich Jon André Lokke, CEO von Nel, entsprechend optimistisch. Nach einem schwachen dritten Quartal 2020 waren im vierten auch die Zahlen wieder gut. Die Erlöse kletterten um 30 Prozent auf 229,1 Millionen Norwegische Kronen. Der Auftragsbestand stieg um 90 Prozent auf 981,1 Millionen Kronen. Gleichzeitig verdoppelte sich jedoch auch der Ebitda-Verlust auf 96,2 Millionen Euro. Tesla, Amazon und Co haben gezeigt, dass gerade zu Beginn steigende Umsätze wichtiger sind, als starke Ergebnisse. Eine Verdopplung des Verlusts ist aber sicher nicht das, was sich Anleger wünschen.

Power Cell Sweden

Ein weiterer Kandidat aus Skandinavien für große Sprünge in der Zukunft ist Power Cell. Die Schweden bauen Brennstoffzellensysteme für PKW, genauso wie für die Schifffahrt oder schlicht die Stromerzeugung. Dabei sind sie unter anderem auch in China aktiv. Dort konnte man bereits einige Brennstoffzellen erfolgreich an den Kunden bringen. Hinzu kommen starke Partner und Kooperationen. PowerCell vertreibt beispielsweise  gemeinsam mit Bosch Brennstoffzellen für die Autoindustrie. Die Deutschen wiederum sind mit einem Anteil von 11 Prozent Großaktionär. Anleger jubelten das Papier innerhalb von drei Jahren um über 600 Prozent in die Höhe. Dabei macht auch Power Cell nach wie vor Verlust und vergleichsweise wenig Umsatz. 2019 beliefen sich die Einnahmen auf umgerechnet 6,5 Millionen Euro. Langfristig ergeben sich eine Menge Chancen, auf mittlere Sicht bleibt das Papier weiter sehr spekulativ. Der jüngste Kurseinbruch, der die Aktie von rund 45 Euro Ende Januar auf knapp 28 Euro Mitte März zurückwarf, könnte aber eine Einstiegsgelegenheit sein.

Plug Power

Plug Power weiß eine Art Alleskönner-Vorteil auf seiner Seite. Die Amerikaner bieten als eines von wenigen Unternehmen inzwischen quasi die gesamte Wertschöpfungskette an. Ob nun Logistik, Elektrolyse oder Rückverstromung, die Produktion von Bipolarplatten oder  Membranelektrodeneinheiten. Mithilfe intelligenter Zukäufe hat es Plug Power geschafft ein Art eigenes Wasserstoff-Ökosystem aufzubauen. Das Unternehmen produziert Brennstoffzellen für die E-Mobilität genauso wie für Notstromaggregate und sogenannte Flurfördergeräte, zu denen beispielsweise Gabelstapler zählen. Gleichzeitig produziert und liefert Plug Power Wasserstoff und Wasserstoff-Anlagen.

In der aktuellen Phase ist das ein Trumpf, vor allem wenn es darum geht Kooperationen einzugehen. Je mehr es davon gibt, desto eher dürften sich zukünftig dann auch Größenvorteile bemerkbar machen, die dann auf Dauer zu gesunden Margen führen könnten. Das Unternehmen selbst liefert die geeigneten Prognosen dazu. Bis 2024 soll sich der Umsatz vervierfachen. Im abgelaufenen dritten Quartal stiegen die Einnahmen bereits um 80 Prozent auf 107 Millionen US-Dollar.

Die Bewertung ist auch bei Plug Power hoch. Aber das Unternehmen scheint das Potenzial zu haben, diese Bewertung irgendwann zu rechtfertigen.  

Linde

Gern wird der größte Industriegase-Hersteller der Welt vergessen, wenn es um Wasserstoff und Brennstoffzelle geht. Dabei stellt der Großkonzern aus Deutschland das Gas bereits in großen Mengen her, hat dazu weltweit Produktionsstätten und natürlich eine ganz andere Kapitalausstattung als die genannten Highflyer. Linde betreibt weltweit mehr als 80 Wasserstofffabriken. Die Aktie hat im Pandemie-Jahr stark performt. Die großen Kurssprünge wie bei den vielen kleineren, spezialisierten Playern gab es nicht, dafür aber deutlich weniger Schwankungen und ansehnlichen Dividendenauszahlungen. Rücksetzer könnten Anleger zum Einstieg nutzen. Die Mehrheit der Analysten empfiehlt die Aktie zum Kauf. Das Wachstum der Wasserstoffnachfrage biete im Zuge zunehmender Umweltbemühungen langfristig reichlich Potenzial für Gasekonzerne, schrieb Berenberg-Analyst Anthony Manning in einer Studie. Wer auf den Wasserstoff-Trend setzen will, ohne zu sehr ins Risiko zu gehen, für den könnte die Linde-Aktie eine defensive Alternative sein.

OG

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