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IT-Giganten aus dem Reich der Mitte

Nein, wie erhofft lief es zu Beginn wahrlich nicht. Die Investoren waren skeptisch. Ein Twitter-Klon namens Weibo aus dem Reich der Medienzensur, aus China? Das kann nicht gutgehen – so die einhellige Meinung unter vielen Aktionären.

BÖRSE am Sonntag

Nein, wie erhofft lief es zu Beginn wahrlich nicht. Die Investoren waren skeptisch. Ein Twitter-Klon namens Weibo aus dem Reich der Medienzensur, aus China? Das kann nicht gutgehen – so die einhellige Meinung unter vielen Aktionären.

Es roch also stark nach Flop. Weibo, der rasant expandierende Kurznachrichtendienst aus China, bekam seine Wertpapiere am ersten Handelstag, dem 17. April, nicht zum angestrebten Höchstpreis los. Die Aktien wurden schon am untersten Ende der von 17 bis 19 Dollar reichenden Spanne ausgegeben, doch anstatt der erhofften 20 Millionen Papiere brachte Weibo nur 16,8 Millionen Anteilsscheine unter. Doch es folgte ein fulminanter Börsenstart an der Nasdaq. Bereits am ersten Handelstag, dem 17. April, konnte Weibo seine Sorgen über Bord werfen. Die Internetpapiere schossen um zeitweise mehr als 40 Prozent in die Höhe, zum Handelsschluss lagen die Titel noch 19 Prozent im Plus bei 20,24 Dollar. Inzwischen notieren die Aktien ein Drittel über ihrem Ausgabepreis.

Die 2009 gegründete Firma zählt stolze 144 Millionen aktive Nutzer, hat damit allerdings noch 96 Millionen weniger als Konkurrent Twitter. Im vergangenen Jahr verdreifachte Weibo seinen Umsatz auf 188 Millionen Dollar. Dennoch schreibt das zum Internetportal Sina gehörende Unternehmen noch rote Zahlen – 2013 betrug der Verlust 38 Millionen Dollar. Besonders mit den hohen Kosten für die Zensuranforderungen der chinesischen Regierung hat der Börsenneuling zu kämpfen, außerdem gibt es Schwierigkeiten im Online-Werbemarkt. Zugute kommt Weibo, was auf Chinesisch Mikroblog bedeutet, dass westliche Netzwerke im Reich der Mitte praktisch keine Rolle spielen. Alleine der Heimatmarkt bietet daher immenses Entwicklungspotential, wenngleich auch andere Dienste wie zum Beispiel Tencent in der Volksrepublik genutzt werden.

Einen noch viel größeren Börsengang plant ein weiteres chinesisches Internet-Unternehmen. Alibaba, das für eine 18-prozentige Beteiligung an Weibo 586 Millionen Dollar auf den Tisch legte, könnte der größte Technologie-Börsengang aller Zeiten werden und selbst Facebook in den Schatten stellen. Gerüchten zufolge soll der Internetriese bereits im laufenden Monat den Emissionsprospekt veröffentlichen. Experten gehen davon aus, dass das weltgrößte E-Commerce Unternehmen durch seinen Gang an die Wall Street bis zu 20 Milliarden Dollar verdient. Am grauen Markt gehen Investoren inzwischen von einer Bewertung zwischen 100 und 250 Milliarden Dollar aus.

Gigantische Zahlen im Online-Handel

Die chinesische Antwort auf Amazon steht bei den Analysten insbesondere nach Veröffentlichung der neuesten Quartalszahlen hoch im Kurs. Alibaba steigerte seinen Umsatz um sagenhafte 66 Prozent auf 3,06 Milliarden Dollar, der Gewinn hat sich auf 1,35 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Damit lag die Marge bei herausragenden 44 Prozent. Zum Vergleich: beim Goldesel Apple liegt sie bei 23 Prozent. Der Wert des Konzerns, zu dem die B2B-Plattform Alibaba, ebenso wie das Amazon-Pendant Tmall, das Internetauktionshaus Taobao Marketplace, der Onlinebezahldienst Alipay und das Cloud-Computing-Geschäft gehören, wird auf eine Viertel Billion Dollar geschätzt.

Der Internet-Gigant wickelt rund 80 Prozent aller privaten Online-Einkäufe in China ab, die dieses Jahr auf ein Volumen von knapp 300 Milliarden Euro steigen dürften. Somit werden über die Alibaba-Portale deutlich mehr Waren verkauft als bei Amazon und Ebay zusammen. Trotz dieser unglaublichen Größe des in unseren Breitengeraden für seine Bedeutung am Weltmarkt relativ unbekannten Unternehmens, scheint Alibabas Wachstumspotential bei weitem noch nicht ausgeschöpft zu sein. So plant der Konzern derzeit Expansionen in die Bankenwelt, die Reise- und Unterhaltungsindustrie sowie ins Erziehungswesen. "Unsere Vision ist es, ein größerer Bestandteil vom Leben der Menschen zu werden und ihre gesamten Bedürfnisse zu befriedigen", erklärt Vizechef und Chefstratege Joe Tsai selbstbewusst. Neben der Vergrößerung des Unternehmens gilt es dieses nach dem geplanten Börsengang allen voran zu stabilisieren. Und so dürfte sich Alibaba, das zu 24 Prozent zu Yahoo gehört, mittelfristig weiterhin hauptsächlich auf den chinesischen Markt konzentrieren, ehe kostspielige Zukäufe im Ausland getätigt werden.  

Dort erhöht Konkurrent JD.com zunehmend den Druck. Das für ein milliardenschweres Listing in den USA in den Startlöchern stehende Internet-Kaufhaus legte zuletzt an Marktanteilen im Online-Handel zu. Zudem kooperiert JD.com mit Tencent Holdings, das Alibaba im Bereich der zukunftsträchtigen mobilen Anwendungen derzeit überlegen ist. Problematisch ist zudem die wenig veränderungsbereite und regulierungswütige Haltung der chinesischen Regierung. So kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen den innovativen Ideen Alibabas und restriktiven Maßnahmen der volksrepublikanischen Behörden. Kürzlich etwa verbot die Politik eine einfallsreiche App, mit der Patienten einen Krankenhaustermin buchen konnten. Auch Alibabas Vorstöße mit Online-Fonds und digitalen Geldbörsen in die wenig kundenorientierte Bankenindustrie sorgen für Zwistigkeiten. Daher wird es spannend zu beobachten, inwieweit das schwierige Umfeld den Höhenflug Alibabas beeinträchtigt.