Die Börse HDGDL, Sixt!
Beim Autovermieter Sixt läuft es prächtig: Ein florierendes Geschäft in den USA, Bahn- und Pilotenstreiks in Deutschland und ein verändertes Bewusstsein gegenüber dem Autobesitz beflügeln den Mobilitätsdienstleister aus München. Liebe Sixt-Aktie, die Börse jedenfalls hat Dich ganz doll lieb.
Beim Autovermieter Sixt läuft es prächtig: Ein florierendes Geschäft in den USA, Bahn- und Pilotenstreiks in Deutschland und ein verändertes Bewusstsein gegenüber dem Autobesitz beflügeln den Mobilitätsdienstleister aus München. Liebe Sixt-Aktie, die Börse jedenfalls hat Dich ganz doll lieb.
Für manche Firmen sind die Vereinigten Staaten von Amerika noch ein vielversprechendes Neuland, in das sie im Modus hoffnungsvoller Goldgräber aufbrechen. Erst seit diesem Jahr sind die USA, der größte Autovermietungsmarkt der Welt, für Sixt ein wichtiges neues Standbein geworden: Denn erst seit ein paar Monaten wirkt das deutsche Unternehmen hier in ernstzunehmenden Maßstäben. Allein im dritten Quartal steigerte das Unternehmen die Anzahl der Sixt-Stationen von 32 auf 41. Dies spiegelt die erhöhte Nachfrage und das daraus resultierende Umsatzwachstum wieder. Die Flottengröße erhöht sich entsprechend. Und damit ist es für den bekennenden Amerika-Fan Erich Sixt noch lange nicht genug.
Der Vorstandsvorsitzende wird heuer das beste Jahr der Firmengeschichte präsentieren dürfen.
Immerhin vermietet das Unternehmen, das in Deutschland 30 Prozent Marktanteil hat und damit Marktführer ist, inzwischen seit über 100 Jahren Fahrzeuge. Angefangen hat die älteste Autovermietung Deutschlands mit drei Automobilen unter dem Namen „Sixt Autofahrten und Selbstfahrer“. Heute liegt die Flottengröße bei 230.000 Fahrzeugen. Und das Angebotsportfolio des Konzerns umfasst weit mehr als nur klassische Autovermietungen. So bietet Sixt auch „Full-Service-Leasing“-Leistungen an, deren Schwerpunkt auf dem Flottenmanagement für Firmenkunden liegt. In den ersten neun Monaten diesen Jahres erwirtschaftete Sixt mit diesem Geschäftssegment 310,5 Millionen Euro und damit sechs Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Auch das Carsharing-Programm DriveNow, das Sixt zusammen mit BMW betreibt, macht deutliche Fortschritte in Richtung Profitabilität: Inzwischen sei das Unternehmen an allen Stationen rentabel, die schon länger bestehen. Aus Konzernkreisen hört man immer wieder wie überrascht man doch über den schnellen Erfolg beim Carsharing-Unternehmen sei. Die positiven Resultate in Deutschland und San Francisco (dort führt BMW allerdings allein die Geschäfte) veranlasst Erich Sixt dazu, Expansionspläne für 15 weitere europäische Städte und bis zu zehn Städte in Nordamerika zu schmieden.
Vermutlich auch zusammen mit dem Partner BMW, obwohl auch die Option bestünde, DriveNow an neuen Standorten im Alleingang aufzubauen. Die Nutzerakzeptanz von Carsharing steigt laut vielen Marktforschern immer weiter an. Die DriveNow-Fahrzeuge und Autos anderer Carsharing-Unternehmen wie Flinkster sind längst Teil des Großstadtbildes geworden. Und mit der zunehmenden Elektrifizierung der Carsharing-Flotten, bekommt die gemeinschaftliche Nutzung von Autos auch noch eine normative Konstante.
Die geopolitische Krisen weltweit treffen natürlich auch die Autovermietung mit der markanten Farbe orange: Bisher allerdings nur marginal. So brach im letzten Jahr das Geschäft mit Luxusautos in Ferienregionen ein, die bei wohlhabenden russischen Touristen beliebt sind. An Hotspots wie Südfrankreich, Sardinien oder der Schweiz vermietete der Konzern weniger Oberklassefahrzeuge als gewöhnlich. Von den persönlichen Krisen mancher Pendler und Reisender in Deutschland profitierte Sixt in der Vergangenheit jedoch: In Zeiten von Piloten- und Bahnstreiks waren die Mietwagen an einigen Stationen ausverkauft.
Insgesamt spiegelten sich die wenigen Streik-Tage auf ein ganzes Jahr gerechnet kaum signifikant im Ergebnis wieder. Trotzdem landete Sixt mit seiner Werbeagentur Jung von Matt einen medienwirksamen Coup mit einer geschalteten Werbung, die den umstrittenen Gewerkschaftsboss der GDL Claus Weselsky zum „Mitarbeiter des Monats“ kürte. Nicht zuletzt originäre Aktionen wie diese machen Sixt zur beliebtesten Autovermietung Deutschlands. In einer Umfrage der Auto Bild liegt Sixt sowohl im Preis als auch im Service vor Europcar auf Platz zwei und Hertz auf dem dritten Platz.
In Sachen Aktienperformance im letzten Monat liegt die Sixt-Stammaktie wohl auch auf einem der vorderen Plätze deutscher Papiere: Seit Mitte Oktober legte der Aktienwert um mehr als 35 Prozent zu. Nun steht er bei rund 31 Euro. Und wenn man den Analyse-Häusern glauben schenken möchte, dann geht dieser fast vertikale Trend geradewegs weiter. Denn diese überschlagen sich mit Kauf-Empfehlungen. So schrieb Analyst Marc-Rene Tonn in dieser Woche für Warburg Research, dass das Unternehmen trotz eines unsicheren Wirtschaftsumfelds den Wachstumspfad wohl fortsetzen werde.
Die Ergebnisse zum dritten Quartal hätten die Erwartungen übertroffen. Doch jede Börsenrakete verliert irgendwann einmal an Antrieb. Wie lange wird der Aufwärtstrend noch weitergehen? Ist der Kurs vielleicht schon zu hoch um noch einzusteigen? Diese Fragen wurden bisher kaum gestellt. Für sicherheitsbewusste Anleger sei aber noch die lukrative Dividende erwähnt. Denn in den letzten beiden Jahren gab es immerhin eine Ausschüttung von insgesamt einem Euro pro Aktie. Das entspräche bei aktuellem Kurs einer Dividendenrendite von über drei Prozent.
Für langfristig orientierte Aktionäre ist dieses Rekordjahr zwar ebenfalls höchst erfreulich, aber nur ein kleiner Indikator für die Zukunft. Denn Prognosen sind in dieser Branche relativ schwierig, da die Umsätze kurze Vorlaufzeiten haben. Laut Europcar buchen zwei Drittel aller Kunden den Mietwagen in der Woche vor der Anmietung. Ähnlich schwierig ist eine Prognose über den Abtritt des Firmenbosses Erich Sixt. Vor 45 Jahren hat er die kleine Autovermietung seiner Eltern übernommen und zu dem gemacht, was sie heute ist: Eine Weltmarke. An ein einen Rückzug denkt der 70-jährige im Moment noch nicht. Zur Freude vieler Aktionäre und Anspruchsgruppen.