amazon.com: Lockt mit Schnäppchen, ist selbst aber keins!
Jedes Jahr aufs Neue läuten die US-Einzelhändler am Black Friday mit Sonderangeboten endgültig das Weihnachtsgeschäft ein. Die Kundschaft lässt sich nach dem Feiertag Thanksgiving gern mit Schnäppchen ködern und strömt zuhauf in die Läden. Und nicht nur im stationären Handel geht es rund, auch Online wird kräftig gestöbert.
Jedes Jahr aufs Neue läuten die US-Einzelhändler am Black Friday mit Sonderangeboten endgültig das Weihnachtsgeschäft ein. Die Kundschaft lässt sich nach dem Feiertag Thanksgiving gern mit Schnäppchen ködern und strömt zuhauf in die Läden. Und nicht nur im stationären Handel geht es rund, auch Online wird kräftig gestöbert.
Am „Black Friday“ wurden in den USA online 595 Mio. US-Dollar ausgegeben. Im Vergleich zu den Zahlen aus dem stationären Handel von 10,7 Mrd. US-Dollar (+0,5% zum Vorjahr) ist das Volumen damit zwar gering, die Zuwächse waren aber deutlich höher. Nach Analysen des Marktforschers comScore legten die Umsätze im Internet um 11% zum Vorjahr zu. Gefragteste Adresse ist amazon.com, die mit 13,55% die meisten Besucher bei den 500 größten Handelsplattformen zählte (Quelle: Experian Hitwise). Auf Platz zwei folgte Wal-Mart mit 11,18%. amazon.com verbuchte damit bereits das zweite Jahr in Folge die meisten Gäste.
„Cyber Monday“
So richtig los geht das Online-Weihnachtsgeschäft aber erst am „Cyber Monday“, dem Montag nach dem „Thanksgiving“-Wochenende. An dem Pendant zum „Black Friday“ buhlen die Internethändler mit Preisnachlässen, Gutscheinen, kostenlosem Versand oder anderen Werbetricks um die Gunst der Kundschaft. Und hier war nach ersten Berechnungen noch mehr los als am „Black Friday“. Die Marktforscher von Coremetrics ermittelten bei den Internethändlern ein Umsatzplus von 14% zum Vorjahr. Gemessen an den Stückzahlen kauften die Konsumenten fast 30% mehr. Erklärt werden die Zuwächse mit der Suche nach den besten Schnäppchen. Zudem ist der Kauf über das Internet bequemer, sodass die Zahlen den seit Jahren auszumachenden Trend, immer mehr online einzukaufen, zu stützen scheinen.
Pionier der Branche
Von diesem Trend profitiert auch amazon.com, einem der Pioniere der Branche. Gegründet 1994 entwickelte sich der Konzern zum größten Online-Einzelhändler. Neben der US-Plattform amazon. com ist er in weiteren Ländern mit lokalen Portalen, wie amazon.de in Deutschland, präsent. Ursprünglich angefangen als reiner Internetbuchladen, verkauft das Unternehmen heute so ziemlich alles, angefangen bei Büchern, CDs, DVDs und Elektronik über Möbel, Kleidung, Schmuck bis hin zu Baumarkt- und Drogerieprodukten. Neben dem direkten Verkauf durch amazon.com können über die integrierten Verkaufsplattformen Marketplace und zShops auch Privatpersonen oder andere Firmen neue und gebrauchte Ware anbieten. Über den MP3-Download-Dienst verkauft amazon.com zudem Musik per Download. Zum Konzern gehört ferner die Gesellschaft Zappos.com (Kleidung, Schuhe), deren Kauf im Juli angekündigt und Anfang November abgeschlossen wurde. Kostenpunkt: rund 850 Mio. US-Dollar. Es war ein weiterer Schritt, um die Präsenz zu vergrößern. Der Firmenname ist damit weiterhin Programm. amazon.com bezieht sich auf den Strom Amazonas, der nicht nur stark verzweigt, sondern auch der wasserreichste Fluss der Erde ist. Beide Attribute sollen die angestrebte Vormachtstellung im Internethandel versinnbildlichen, was wohl auch funktioniert.
Stetiges Wachstum
Dafür sprechen auch die Zahlen. Seit dem Börsengang 1997 kletterte der Umsatz von 148 Mio. auf 19,17 Mrd. US-Dollar (2008). Nach Verlusten in den Anfangsjahren ist amazon.com zudem seit 2003 profitabel. Der Trend zeigte selbst in der jüngsten Vergangenheit trotz Finanz- und Wirtschaftskrise aufwärts. 2008 verzeichnete der Konzern einen Nachsteuergewinn von 645 Mio. USDollar und damit 35,5% mehr als 2007. Im laufenden Jahr scheint sich die steigende Tendenz fortzusetzen. Die Umsätze kletterten im dritten Quartal zum Vorjahreszeitraum von 4,26 auf 5,45 Mrd. US-Dollar. Operativ verdiente amazon.com 251 Mio. US-Dollar und damit 63% mehr. Beim Überschuss gab es sogar ein Plus von 69% auf 199 Mio. USDollar. Und auch in den ersten neun Monaten 2009 insgesamt lässt sich eine positive Bilanz ziehen. Die Einnahmen kletterten von 12,46 auf 14,99 Mrd. US-Dollar. Der operative Gewinn verbesserte sich um 14,8% auf 653 Mio. US-Dollar. Nach Steuern legte der Profit um 23% auf 518 Mio. US-Dollar zu.
Positiver Ausblick
Bei Vorlage der Neunmonatsbilanz im Oktober zeigte sich der Konzern auch recht zuversichtlich für das Schlussquartal. Er rechnet mit Umsätzen zwischen 8,13 und 9,13 Mrd. US-Dollar was einem Wachstum zwischen 21% und 36% zum Vorjahr entsprechen würde. Das operative Ergebnis soll zwischen 10% und 56% zulegen und einen Wert zwischen 300 und 425 Mio. US-Dollar erreichen. Darin enthalten sind 100 Mio. USDollar für Sonderaufwendungen, wie Kosten und immaterielle Firmenwertabschreibungen, im Zusammenhang mit der Übernahme von Zappos.com.
„Kindle“ heiß begehrt
amazon.com scheint also auf gutem Weg zu sein, auch im Gesamtjahr 2009 Steigerungen zum Vorjahr bei Umsatz und Profit zu erzielen. Dafür spricht auch der jüngst positive Auftakt ins Weihnachtsgeschäft. Als ein Verkaufsschlager entpuppt sich dabei der „Kindle“, ein unter eigener Marke vertriebenes Lesegerät für elektronische Bücher und Zeitungen. Es war am „Cyber Monday“ den Angaben zufolge das am häufigsten verkaufte Produkt des gesamten Sortiments von amazon. com. Wie es weiter hieß, war der November bei den Verkaufszahlen der beste Monat seit Einführung des Kindle vor zwei Jahren. Genaue Angaben, wie viele Stück tatsächlich veräußert wurden, machte man aber nicht. Offenbar untermauert die steigende Tendenz die zunehmende Akzeptanz mobiler elektronischer Lesegräte, deren Inhalte per Internet geladen werden.
Fazit:
Das Weihnachtsgeschäft des weltweit größten Online-Einzelhändlers ist offenbar gut angelaufen und lässt auf ein starkes Schlussquartal sowie gute Ergebnisse für das Gesamtjahr 2009 hoffen. Fantasie scheint es zudem durch den Kindle zu geben. Beide Punkte dürften mit zu der zuletzt starken Performance beigetragen haben. Nachdem der Aktienpreis im Oktober dank der glänzenden Neunmonatsbilanz das bisherige Allzeithoch von Dezember 1999 knackte, ging es weiter kräftig nach oben, sodass sich die Aufwärtstendenz seit November 2008 fortsetzte. Im bisherigen Jahresverlauf legte der Kurs, der zuletzt einen Rekord nach dem anderen markierte, bis dato um 175% zu. Die Aktie rangiert damit im S&P 500 an 13. Stelle. Das starke Momentum könnte für weitere Zuwächse sorgen, sodass spekulative Käufe durchaus erwägenswert sind. Während amazon.com seine Kundschaft mit Schnäppchen ködert, ist die Aktie selbst jedoch keines. Legt man die Analystenprognosen von 1,88 (2009) und 2,54 (2010) zugrunde, was immerhin Steigerungen von 26% und 35% entspräche, lassen sich daraus KGVs von 75 und 55 ableiten. Selbst bei den erwarteten Wachstumsraten scheint dies überzogen, dem daher bei eventuellen Long-Positionen durch eine sinnvolle Positionsgröße und Stop-Loss- Strategie Rechnung getragen werden sollte.